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Mehr Respekt bitte – vor Schinkel – 2/3 für historische Fassade –

Ein Rückblick: am 13.02.2017, 19 Uhr: „Stadtgespräch zur Bauakademie“ in der Berliner Stadtbibliothek. Die Architektenkammer hatte eingeladen. Ein runder Tisch mit 10 illustren Gästen aus der städtischen Baukulturszene, Architekten und Ingenieure diskutiert vor Publikum unter der Moderation eines Journalisten. Jeder darf mal etwas sagen. Die Ansichten sind gemischt: Soll die Bauakademie wiederaufgebaut werden oder soll man sie rekonstruieren? Darf man so etwas überhaupt und was eigentlich ist der Unterschied zwischen Wiederaufbau und Rekonstruktion? Was hätte Schinkel gewollt? Soll man nur außen rekonstruieren oder außen und innen? Oder vielleicht nur teilweise? Geht die Nutzung des Gebäudes vor der äußeren Form? Wer soll der Bauherr sein? Es fallen auch gewichtige Sätze wie: Unser Erbe ist nicht die Bauakademie, „unser Erbe ist der Verlust (!)“ der Bauakademie. Allgemein scheint es jedoch Konsens zu sein, dass man über die vom Bund geschenkten 62 Mio. für den Wiederaufbau froh sein könne. Immerhin. Festgehalten wird auch, dass uns etwas einfallen müsse, ein offener Wettbewerb müsse her! etc. p.p. …
Die Diskussion ist seither nicht wirklich vorangekommen…
Aber: 2/3 sind nach einer aktuellen Forsa-Umfrage für eine historische Fassade.

Ich meine: Wer zahlt, bestimmt die Musik. Der Bund müsste klar sagen, was er an diesem Ort will. Eine weitgehend originalgetreue Wiedererrichtung oder eine zeitgenössische Neuschöpfung. Er muss den Rahmen setzen. Er mag dabei Folgendes bedenken: Hier geht es um die Bebauung eines historischen Ortes, eines Ortes, wo früher ein einzigartiger Bau, ein bauingenieurtechnisches Novum, ein Meisterwerk stand. Dessen Fundamente ruhen wie Wurzeln eines gekappten Baumes noch im Boden und sind vom Abriss verschont geblieben. Diese „Wurzeln“ gilt es nun wiederzubeleben, sie zum Ausschlagen zu bringen – in Gestalt einer neuen Bauakademie. Einer Bauakademie in historischem äußeren Gewand. Denn das gebietet der Respekt vor dem Ort, vor dem Schöpfer des Bauwerks, vor Schinkel. Und dieser Respekt kann m. E. nur so angemessen zum Ausdruck gebracht werden. Respekt? Der Verdacht liegt nahe, dass genau dieser Respekt für viele Egozentriker ein Anachronismus ist. Manche nämlich scheinen etwas ganz anderes zu wollen an diesem Ort und sind weit davon entfernt, den historischen Bezug wirklich zu würdigen. Gewollt ist ein vermeintlich am Zeitgeist angelehnter Neubau, ein Solitär, dem dann das Etikett „im Geiste Schinkels“ angeheftet wird. „So und nur so“ hätte Schinkel das auch heute gebaut, wird vielfach fantasiert. Aber wer weiß schon, was der alte Baumeister heute so gewollt hätte, lebte er noch. – Mir scheint, ein bisschen mehr Bescheidenheit, ein bisschen mehr Demut würde manchem vielleicht gut anstehen und wirkte glaubwürdiger. Ist es nicht anmaßend zu glauben, man könne es besser oder zumindest Schinkel gleichtun? Selbstlob und Arroganz sind hier fehl am Platze. Hier wäre einmal, nur einmal, Bescheidenheit angebracht, ein sich Zurücknehmen. Nicht ein das Rampenlicht und Aufmerksamkeit heischendes Vordrängeln. Zurückhaltung, leise Töne sind angesagt. Hier stand die Bauakademie und hier sollte nur diese Bauakademie wiederentstehen.

Man mag über die Gestaltung im Innern zu Recht nachdenken, genauso über die Nutzung. Aber die äußere Form darf nicht zur Disposition stehen. Heute haben wir großartige technische Möglichkeiten, sehr nah am historischen Original zu planen und zu bauen. Wir sollten genau von diesem Ingenieurwissen jetzt Gebrauch machen und das an dieser Stelle wahrmachen und unseren Fortschrittgeist auf diese Weise dokumentieren. – Es ist doch selbstverständlich, dass Schinkel, lebte er noch, Gefallen an der gelungenen Wiederherstellung seines eigenen Bauwerks finden würde. Planerische Selbstverwirklichung wird immer wieder gerne gesehen – aber bitte nicht hier an diesem Ort. Dafür gibt es in Berlin genug andere Orte.

Vollmundig wird häufig vorgebracht, man wolle ein Gebäude für die Begegnung der Menschen miteinander an diesem Ort erschaffen. Das ist gewiss kein falscher Vorschlag. Man möge doch diese Menschen fragen, was sie selbst dort vorfinden wollen. Einen zeitgenössischen Entwurf oder eben doch: die Bauakademie. Und genau das ist nun geschehen mit der o.g. 2/3-Mehrheit für die Historie. – Vielleicht ließe sich ja auf diese Art ein Wettbewerb vernünftig eingrenzen und ausloben.

verantwortlich:
Dr. Peter Traichel
Geschäftsführer der Baukammer Berlin

Kein Ding ohne ING. - eine Initiative für den Ingenieurberuf.