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Änderung der Satzung und Berufsordnung

Gemäß § 44 Abs. 5 ABKG (Architekten- und Baukammergesetz) i. V. mit § 12 Abs. 4b wird der Entwurf der Änderung der Satzung und der Berufsordnung mit Gelegenheit zur Stellungnahme veröffentlicht.

Dies bitten wir bis zum 15. Juni 2022 spätestens zu tun:

 

1. Zur Änderung der Satzung:

In § 17 Abs. 1 der Satzung wird ein Satz 2 eingefügt:

„Die Vertreterversammlung wählt einen Stellvertreter.“

 

Begründung:

Es hat sich herausgestellt, dass die Wahl eines Stellvertreters notwendig ist. Ist ein Rechnungsprüfer erkrankt, ist er sogar länger erkrankt, ist die Umsetzung des § 17 Abs. 1 der Satzung erschwert bis unmöglich, da dann die Prüfung des Halbjahres- und Jahresabschlusses in den Händen nur eines Rechnungsprüfers liegt.

Um eine zuverlässige und satzungskonforme Rechnungsprüfung zu ermöglichen, wird die Notwendigkeit gesehen, die Wahl eines Stellvertreters durchzuführen.

Gem. § 12 Abs. 4 a Satz 2 und Satz 3 ABKG muss eine Vorschrift durch Ziele des Gemeininteresses i. S. des Artikels 6 der Richtlinie gerechtfertigt sein und ist anhand der in der Anlage zu diesem Gesetz festgelegten Kriterien auf ihre Verhältnismäßigkeit zu prüfen. Der Umfang der Prüfung muss im Verhältnis zu der Art, dem Inhalt und den Auswirkungen der Vorschrift stehen.

Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine marginale Änderung der Satzung ohne Außenwirkung, insbesondere ohne den Beruf reglementierenden Charakter i. S. der Richtlinie (EU) 2018/958 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28.06.2018. Deshalb wäre eine Durchführung der Verhältnismäßigkeitsprüfung gem. Anlage zu § 12 Abs. 4 a reiner Formalismus und stünde gerade nicht im Verhältnis zu der Art, dem Inhalt und den Auswirkungen der Vorschrift. Es wird deshalb – und wegen Offensichtlichkeit der Richtlinienkonformität – davon abgesehen.

 

2. Zur Änderung der Berufsordnung:

Gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 BO „finden Honorarwettbewerbe nicht statt“. Dieser Satz ist zu streichen.

 

Begründung:

Nach Wegfall der gesetzlich verbindlichen Mindest- und Höchstsätze in der HOAI durch das Urteil des EuGH vom 04.07.2019 – C-377/17 – ist es nicht mehr berufsordnungsrechtlich untersagt, Honorarwettbewerbe durchzuführen. Im Gegenteil, Honorarwettbewerbe sind damit ausdrücklich gestattet. Die Honorarfindung unterliegt damit dem freien Wettbewerb. Ein dem entgegenstehendes Gebot in der Berufsordnung darf daher dort keinen Platz mehr finden. Es ist zu streichen. Ansonsten bestünde ein Widerspruch zur aktuellen Rechtslage.

 

Auch hier ist eine Prüfung gem. § 44 Abs. 5 Satz 2 gem. § 12 Satz 3 ABKG im Verhältnis zu der Art, dem Inhalt und der Auswirkungen der Vorschrift durchzuführen.

Im vorliegenden Fall handelt es sich um den Wegfall einer rechtswidrigen Regelung (vergl. oben), so dass ein Prüfungsspielraum i. S. der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht gegeben ist. Ein Ermessensspielraum besteht insofern nicht. Es handelt sich schlicht um die Umsetzung von bindendem EU-Recht.

 

Mithin ist die Streichung des Satzes im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit i. S. des § 44 Abs. 5 ABKG unproblematisch.

 

III. Zu § 10 Abs. 2 Satz 1 BO:

Dieser Satz ist zu streichen. Es handelt sich um den Wegfall einer Berufsreglementierung. Es wird mit dem Wegfall dieses Satzes klargestellt, dass sonstige Pflichtmitglieder durchgehend berufshaftpflichtversichert sein müssen. Diese Notwendigkeit ist dem Verbraucherschutz und der öffentlichen Sicherheit und Ordnung geschuldet. Jeder im Bauwesen tätige Ingenieur führt eine auch bauordnungsrechtlich relevante gefahrgeneigte Tätigkeit aus.

Die Baukammer Berlin hat die gesetzliche Aufgabe, in einer Berufsordnung auch die Berufshaftpflichtversicherung zu regeln (§ 53 Abs. 2 Nr. 7 ABKG). Die Baukammer Berlin hat aber nicht nur die Aufgabe, eine solche Berufshaftpflicht in einer Berufsordnung zu regeln, sondern sie hat die zentrale Aufgabe, die Erfüllung der Verpflichtung des Abschlusses einer Berufshaftpflichtversicherung zu überwachen (§ 40 Abs. 1 Nr. 2 ABKG). Der Wegfall dieser Regelung erlaubt der Baukammer Berlin als Berufsaufsicht sehr viel genauer, das Vorliegen einer Berufshaftpflichtversicherung bei sonstigen Pflichtmitgliedern zu überwachen. Es hat sich nämlich in der Praxis herausgestellt, dass sonstige Pflichtmitglieder hin und wieder keine durchlaufende Versicherung haben und sich stattdessen auf eine im Auftragsfall erfolgende Objektversicherung berufen.

Das Problem hierbei ist, dass die Aufgaben des im Bauwesen tätigen Ingenieurs sich gerade nicht nur auf die Objektplanung gem. HOAI beziehen, sondern insbesondere abseits einer Objektplanung Beratungsleistungen gegenüber Auftraggebern erfolgen. In diesem Falle besteht also eine Deckungslücke, gerade wenn eine bloße Objektversicherung abgeschlossen wird.

Zu den Aufgaben der im Bauwesen tätigen Ingenieure vergleiche § 30 Abs. 1 ABKG. Hier ist deutlich gemacht, dass sich die Aufgaben auf Beratung, Planung, Berechnung, Konstruktion sowie Prüfung und Gutachtertätigkeit beziehen. Im Hinblick darauf ist eine bloße Objektversicherung eben nicht geeignet, die Vielfalt der Ingenieuraufgaben haftungsrechtlich abzudecken. Das gilt gleichermaßen für die Mitversicherung im Rahmen einer von dem Auftraggeber abgeschlossenen Versicherung, wie sie § 10 Abs. 2 Satz 1 als weitere Option vorsieht. Hat der Auftraggeber keine Versicherung für den Auftragnehmer (den Ingenieur) abgeschlossen, wie es der Regelfall ist, so läuft diese Option ins Leere.

Es kommt hinzu, dass es für die Berufshaftpflicht der Beratenden Ingenieure seit langem gesetzliche Pflicht ist, sich durchgehend zu versichern (§ 10 Abs. 2 Satz 2 Berufsordnung). Wenn aber schon für Beratende Ingenieure (§ 35 ABKG) eine durchgehende Versicherung erforderlich ist, so muss eine solche erst recht für sonstige Pflichtmitglieder gelten. Dies ergibt sich daraus, dass Beratende Ingenieure sowohl von ihrer Qualifikation (mindestens achtsemestriges Studium) sowie einschlägiger praktischer Tätigkeit von mindestens zwei Jahren (vergl. § 35 ABKG) als auch im Hinblick auf ihre Unabhängigkeit (vergl. § 31 und § 32 ABKG) den sonstigen Pflichtmitgliedern qualitativ diesbezüglich quasi „überlegen“ sind. Sonstige Pflichtmitglieder kennen diese Voraussetzungen nicht. Weder benötigen sie ein achtsemestriges Studium noch gilt für sie die besondere Qualifikation der Unabhängigkeit i. S. d. § 31 Abs. 2. Die Berufsordnung hält gleichwohl für sonstige Pflichtmitglieder in § 10 Abs. 4 die Möglichkeit vor, beim Mangel der Auftragslage die Versicherung vorübergehend ruhend zu stellen.

 

Mithin war § 10 Abs. 2 Satz 1 der Berufsordnung im Interesse des Verbraucherschutzes, im Interesse der öffentlichen Sicherheit und im Interesse einer praktikablen pflichtgemäßen Überprüfung der Berufshaftpflicht durch die Berufsaufsicht zu streichen.

 

Auch im Übrigen hält diese Änderung einer Überprüfung gem. § 44 Abs. 5 Satz 2 i. V. m. der Anlage zu § 12 Abs. 4 a der Verhältnismäßigkeit stand, denn:

 

Gem. Anlage Abs. 1 müssen Satzungsregelungen für die Verwirklichung des angestrebten Ziels geeignet sein und dürfen nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinausgehen.

 

Zu diesem Zweck berücksichtigen die Kammern:

a.

die Eigenart der mit den angestrebten Zielen des Allgemeininteresses verbundenen Risiken, insbesondere der Risiken der Dienstleistungsempfängerinnen und -empfänger, einschließlich Verbraucherinnen und Verbraucher, Berufsangehörige und Dritte;

– mit der angestrebten Änderung sind ersichtlich keine Risiken für die o. g. Risikogruppen erkennbar. Das Gegenteil ist der Fall: Die Risiken werden minimiert.

b.

ob bestehende Regelungen spezifischer oder allgemeiner Art, etwa die Regelung in Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Produktsicherheit oder des Verbraucherschutzes, nicht ausreichen, das angestrebte Ziel zu erreichen;

– es sind keine bestehenden Regelungen im o. g. Sinne erkennbar, die ausreichend wären, das angestrebte Ziel zu erreichen.

c.

die Eignung der Vorschriften hinsichtlich ihrer Angemessenheit zur Erreichung des angestrebten Ziels, und ob sie diesem Ziel tatsächlich in kohärenter systematischer Weise gerecht werden und somit den Risiken entgegenwirken, die bei vergleichbaren Tätigkeiten in ähnlicher Weise identifiziert wurden;

– die Regelung ist auch angemessen, da die Schwere des Eingriffes erkennbar nicht außer Verhältnis zum verfolgten Zweck steht. Hauptzweck ist der schon geschilderte Schutz des Verbrauchers vor nicht oder nicht ausreichend versicherten Dienstleistungserbringern. Dem steht für sonstige Pflichtmitglieder die Einschränkung des Wahlrechts gem. § 10 Abs. 2 Satz 1 der Satzung gegenüber. Da die öffentliche Sicherheit und der Verbraucherschutz als schwergewichtig einzustufen sind, muss die Wahlfreiheit des sonstigen Pflichtmitglieds dahinter zurücktreten.

d.

die Auswirkungen auf den freien Personen- und Dienstleistungsverkehr innerhalb der Union, die Wahlmöglichkeiten für die Verbraucherinnen und Verbraucher und die Qualität der bereitgestellten Dienstleistungen sind;

– es sind keine Auswirkungen auf die o. g. Gesichtspunkte erkennbar.

e.

die Möglichkeit des Rückgriffs auf gelindere Mittel zur Erreichung des im allgemeinen Interesses liegenden Ziels;

für die Zwecke dieses Buchstabens, wenn die Vorschriften nur durch den Verbraucherschutz gerechtfertigt sind und die identifizierten Risiken auf das Verhältnis zwischen der oder dem Berufsangehörigen und der Verbraucherin oder dem Verbraucher beschränken und sich deshalb nicht negativ auf Dritte auswirken, prüfen die Mitgliedsstaaten insbesondere, ob das Ziel durch Maßnahmen erreicht werden kann, die gelinder sind als die Tätigkeiten vorzubehalten;

– ein Tätigkeitsvorbehalt i. S. dieses Punktes liegt durch die Änderung der Vorschrift nicht vor. Insofern ist auch nicht einschlägig zu prüfen, ob das Ziel durch gelindere Maßnahmen erreicht werden kann.

f.

die Wirkung der neuen oder geänderten Vorschriften, wenn sie mit anderen Vorschriften, die den Zugang zu den reglementierten Berufen oder deren Ausübung beschränken, kombiniert werden, und insbesondere, wie die neuen oder geänderten Vorschriften kombiniert mit anderen Anforderungen zum Erreichen desselben im allgemeinen Interesses liegenden Ziels beitragen und ob sie hierfür notwendig sind.

– Eine Wirkung in diesem Sinne ist mangels Erkennbarkeit anderer Vorschriften nicht ersichtlich.

 

Abs. 2 der Anlage:

a.

den Zusammenhang zwischen dem Umfang der von einem Beruf erfassten oder einem Beruf vorbehaltenen Tätigkeiten und der erforderlichen Berufsqualifikation;

– a. ist hier nicht einschlägig. Eine Berücksichtigung unterbleibt.

b.

den Zusammenhang zwischen der Komplexität der betreffenden Aufgaben und der Notwendigkeit, dass diejenigen, die sie wahrnehmen, im Besitz einer bestimmten Berufsqualifikation sind, insbesondere in Bezug auf Niveau, Eigenart und Dauer der erforderlichen Ausbildung oder Erfahrung;

– diese Vorschrift ist hier nicht relevant.

 

c.

die Möglichkeit zum Erlangen der beruflichen Qualifikation auf alternativen Wegen;

– auch diese Vorschrift ist hier nicht relevant.

d.

ob und warum die bestimmten Berufen vorbehaltenen Tätigkeiten mit anderen Berufen geteilt oder nicht geteilt werden können;

– ebenfalls nicht relevant.

e.

den Grad an Autonomie…;
– auch e. ist hier erkennbar nicht relevant.

f.

die wissenschaftlichen und technologischen Entwicklungen, …

– auch f. ist hier nicht relevant.

 

Abs. 3 der Anlage:

Wie schon oben unter Abs. 1 f angemerkt, kann auch eine Kombination mit anderen Vorschriften nicht zu einer anderen Einschätzung der hier vollzogenen Abwägung führen.

Die insbesondere unter Abs. 3 a-l angeführten Anforderungen sind nicht geeignet, die Pflicht zum Abschluss und Nachweis einer durchgehenden Berufshaftpflichtversicherung wegfallen zu lassen.

 

Abs. 4 der Anlage:

Im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit spezifischer Anforderungen im Zusammenhang mit der vorübergehenden oder gelegentlichen Erbringung von Dienstleistungen werden keine Abwägungsschwierigkeiten gesehen. Es gilt vielmehr der Grundsatz, dass wer auch den Beruf ausübt und sei es auch nur zeitweilig, versichert sein muss. Insofern liegt auch kein Unterschied zu anderen freien Berufen, wie den Architekten, den Rechtanwälten, den Ärzten etc., vor. Mit der Aufnahme der Tätigkeit gem. § 30 Abs. 1 und Abs. 3 ABKG besteht Versicherungspflicht.

 

Nach allem ist die Änderung der Berufsordnung verhältnismäßig gem. § 12 Abs. 4a und § 44 Abs. 5 ABKG.

 

Anlagen:

Synopse_Satzung

Synopse_Berufsordnung

Aktuelle Satzung 21.05.12

Aktuelle Berufsordnung 10.03.21

 

 

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