Mitten in einer Zeit intensiver politischer Verhandlungen um die Regierungsbildung nach der Bundestagswahl fand am 23.11.2017 die diesjährige AHO-Herbsttagung unter dem Motto „EU-Vertragsverletzungsverfahren und die Zukunft der HOAI“ im Ludwig Erhard Haus in Berlin statt.
Der Vorsitzende des AHO, Dr.-Ing. Erich Rippert, sprach in seiner Eingangsrede unter anderem das besondere Anliegen des Berufsstandes an, wieder ein einheitliches Bau- und Verkehrsministerium zu bekommen. Unterstützung hierfür erhielt er durch den Bundestagsabgeordneten und Sprecher der CSU-Landesgruppe für Wirtschaft und Energie, Verkehr und digitale Infrastruktur, Bildung und Forschung, Tourismus, Herrn Karl Holmeier. „Die Trennung der Bereiche Hochbau- und Infrastruktur hat sich nicht bewährt. Das war ein Fehler, den wir rückgängig machen müssen“, so Holmeier in seinem Grußwort an die ca. 150 Teilnehmer.
Der Abgeordnete hob zudem die Bedeutung der Freien Berufe hervor, die mit einer Kultur von Unternehmertum, gesellschaftlicher Verantwortung und Leistungsbereitschaft ganz wesentlich zur Wirtschaftskraft in Deutschland und damit auch in Europa beitragen. Angesichts der enormen Herausforderungen, insbesondere im Infrastrukturausbau, sind einerseits die entsprechenden finanziellen Rahmenbedingungen erforderlich, aber auch ausreichende Kapazitäten im Planungsbereich. Das Zukunftsthema Digitalisierung werde für die künftige Bundesregierung eine zentrale Rolle spielen. Dafür bedürfe es der richtigen Weichenstellungen in dieser Legislaturperiode, unterstrich der Abgeordnete.
Das Thema Digitalisierung griff Dr.-Ing. Ulrich Huber, Sachgebietsleiter Geoinformationssysteme im Landratsamt Cham auf, der mit seinem Fachvortrag zum Thema „Praktische Ansätze zur Digitalisierung von Bauleitplanungs- und Baugenehmigungs-Verfahren“ den Gästen viele interessante Denkanstöße zu strukturellen, technischen und politischen Prämissen geben konnte.
„Die zunehmende Digitalisierung des Planungs- und Bauwesens systematisch weiterzuentwickeln wird eine wichtige Rolle für die neue Bundesregierung und die HOAI spielen“, so der Ministerialdirigent und Architekt Lothar Fehn Krestas, Leiter der Unterabteilung Bauwesen, Bauwirtschaft im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit in seiner Rede. Er betonte, dass es nicht um eine von oben verordnete, verpflichtende Anwendung der BIM-Methode gehe, sondern darum, in Zukunft Effizienzpotentiale für Planungs- und Bauprozesse zu nutzen und dabei schrittweise und praxisorientiert in den geeigneten Fällen die digitale Planungsmethode BIM zu implementieren. In diesem Prozess legt das BMUB besonderen Wert auf die Beachtung der bewährten rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen, wie beispielsweise die Trennung von Planung und Ausführung und die „losweise“ Vergabe unter Berücksichtigung der Interessen aller Projektbeteiligten, insbesondere der für Deutschland typischen großen Anzahl kleiner und mittlerer Planungsbüros, so Fehn Krestas, der dabei auch auf die Bedeutung der praxisrelevanten Zuarbeit im Hinblick auf Leistungsbilder der HOAI und Honorarempfehlungen durch den AHO und weitere Berufsverbände hinwies.
Der Leiter des Referats „Vertretung der Bundesrepublik Deutschland vor den europäischen Gerichten“ im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Ministerialrat Thomas Henze, skizzierte in seinem Vortrag die Historie sowie den Gang des EU-Vertragsverletzungsverfahrens HOAI. Dabei wies er besonders auf die Bedeutung des Nachweises des Zusammenhangs zwischen den verbindlichen Mindest- und Höchstsätzen der HOAI und der Qualität der Planungsleistungen hin sowie der Schwierigkeit der entsprechenden Beweisführung. „Mit diesem Verfahren betritt auch die Bunderegierung Neuland“, so Henze an die Gäste der Herbsttagung, da die Ansprüche des Europäischen Gerichtshofs mit Blick auf die Tiefe der Nachweispflicht bislang noch nicht abschließend gerichtlich geklärt sind. Realistisch könne etwa Ende 2018 mit einem Urteil des EuGH gerechnet werden. Die Bundesregierung werde vor dem Europäischen Gerichtshof die HOAI weiterhin ohne Kompromisse verteidigen und alles daran setzen, um das Verfahren zu gewinnen. In diesem Kontext dankte Henze für die Unterstützung durch AHO, BAK und BIngK, die mit ihren Rechtsgutachten sowie empirisch-ökonomischen Gutachten in der Sache wertvolle Unterstützung liefern konnten.
Das ab 1.1.2018 anzuwendende neue Architekten- und Ingenieurvertragsrecht ist für Planer überwiegend positiv, so lautete die Botschaft des Rechtsexperten und Mitherausgebers eines namhaften HOAI-Kommentars, Dr. Wolfgang Koeble. Allerdings sollten Architekten die Inhalte der sog. „Zielfindungsphase“ gemäß § 650 p Abs. 2 BGB vertraglich möglichst genau definieren und zu den Planungsleistungen der HOAI abgrenzen, denn die neuen unbestimmten Rechtsbegriffe Planungsgrundlage und Kosteneinschätzung würden im juristischen Schrifttum aktuell in großer Bandbreite ausgelegt, warnte Dr. Koeble.
Schließlich präsentierten die Mitglieder des AHO-Arbeitskreises BIM Prof. Hans-Georg Oltmanns, Dipl.-Ing. Architekt Georg Brechensbauer und Dipl.-Ing. Architekt Matthias Reif vorab die Grundzüge des neuen Heftes in der AHO-Schriftenreiche „Die BIM-Methode im Planungsprozess der HOAI“, das im kommenden Jahr erscheinen wird.
Mit einer Rekordbeteiligung von mehr als 1700 Teilnehmern konnte die gemeinsam von AHO, VBI und BIngK durchgeführte Jahresumfrage „Wirtschaftliche Lage der Ingenieure und Architekten“ für das Jahr 2016 abgeschlossen werden. Dr. Rippert dankte allen Beteiligten für Ihre Mitwirkung.
Die Präsentation der zentralen Ergebnisse ergibt ein überwiegend positives Bild. So ist beispielsweise die Umsatzrendite (ohne Unternehmensbedarf und vor Steuern) im Vergleich zum Vorjahr von 15,6 % auf 21,6 % im Durchschnitt gestiegen. Dabei handelt es sich aber zum Teil auch um notwendige Nachholeffekte aus den infolge der Finanzkrise schwachen Jahren 2009 – 2012, resümiert der AHO-Vorstandsvorsitzende und betonte, dass zu der erfreulichen Entwicklung auch die Anpassung der Honorarsätze der HOAI im Jahr 2013 beigetragen hat. Ungebrochen ist die Nachfrage nach festangestellten Architekten und Ingenieuren. 40,9 % der Architekturbüros meldeten einen zusätzlichen Bedarf an Architekten. Bei den Ingenieurbüros prognostizierten für das Jahr 2018 sogar mehr als die Hälfte der befragten Büros (53,6 %) einen höheren Personalbedarf.
Quelle: Pressemitteilung des AHO vom 24.11.2017
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