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Gegen Windenergieexzesse: Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht

Die Beschwerdeführer erheben ihre Verfassungsbeschwerde / Verfassungsklage stellvertretend für eine Vielzahl von Bürgern, die durch in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft errichtete Windenergieanlagen (WEA) erheblich gesundheitlich beeinträchtigt werden. Sie rügen, dass die staatlichen Organe es trotz der Schutzverpflichtung, die ihnen aus dem Recht auf körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Absatz 2 Satz 1 und auf Eigentum gemäß Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes erwächst, in verfassungswidriger Weise unterlassen, wirksame Maßnahmen zum Schutz gegen die von diesen Anlagen ausgehenden Infraschall- und tieffrequenten Schall-Immissionen zu treffen. Sie erstreben eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, in der eine Verletzung ihrer Grundrechte festgestellt wird.

Das Bundes-Immissionsschutzgesetz selbst erkennt diese grundrechtliche Schutzverpflichtung an. Es verlangt in § 5 Abs. 1 Nr. 1 einen ausreichenden Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen. Diesen gesetzlichen Auftrag haben die staatlichen Organe nicht entsprechend dem heutigen Stand von Wissenschaft und Technik umgesetzt. Für die Erteilung von Genehmigungen und für den Betrieb von Windenergieanlagen dienen in Deutschland die Regelwerke DIN 9613-2, der TA-Lärm und der DIN 45680 aus den Jahren 1997 und 1999. Diese Regelwerke berücksichtigen die mit der zunehmenden Größe der Windenergieanlagen erheblich gestiegene Immissionsbelastung, insbesondere im Bereich des niederfrequenten Infraschalls, nicht. Im Lichte der heutigen wissenschaftlichen Erkenntnisse besteht daher eine verfassungsrechtliche Anpassungs- und Nachbesserungspflicht. Der Staat muss durch die Schaffung geeigneter rechtlicher Rahmenbedingungen seiner Schutz- und Vorsorgepflicht nach Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes nachkommen, um Schäden in größerem Ausmaß für Leib und Leben der Bürger zu verhindern. Diese Nachbesserungspflicht besteht für den Staat vor allem deshalb, weil der durch die Schaffung der Genehmigungsvoraussetzungen für die Errichtung von Windenergieanlagen und durch die Erteilung der entsprechenden Genehmigungen eine eigene Mitverantwortung für etwaige Grundrechtsbeeinträchtigungen übernommen hat. Auch ein Unterlassen der öffentlichen Hand ist im Wege der Verfassungsbeschwerde rügefähig.

 

Eine vorherige Anrufung der Verwaltungsgerichte ist den Beschwerdeführern nicht zumutbar. Sie wäre ohne Aussicht auf Erfolg. Denn die Verwaltungsgerichte verneinen bis in die jüngste Zeit in ständiger und einheitlicher Rechtsprechung, dass es sich bei den von Windenergieanlagen hervorgerufenen Immissionen von Infraschall und tieffrequentem Schall um schädliche Umwelteinwirkungen handelt.

 

Tatsächlich ist heute wissenschaftlich nachgewiesen, dass die gesundheitlichen Auswirkungen von Infraschall und tieffrequentem Schall beträchtlich sind. Die Verfassungsklage wird auf entsprechende jüngere und neueste wissenschaftliche Untersuchungen namhafter Schallexperten und Mediziner aus dem In- und Ausland gestützt.

 

Ziel der Beschwerdeführer ist die Feststellung des Bundesverfassungsgerichts, dass die Nichtanpassung der für die Genehmigung und den Betrieb von Windenergieanlagen einschlägigen Regelwerke an den heutigen Stand von Wissenschaft und Technik ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und auf Eigentum gemäß Art. 14 Abs. 1 GG verletzt. Hinsichtlich der Anpassung der Regelwerke verfügen die staatlichen Organe über einen Ermessensspielraum. Bis zu einer auf Dauer angelegten Neugestaltung der einschlägigen Regelwerke müssen sie der Verpflichtung zum Schutz der Anwohner vor langfristigen Gesundheitsschäden und der Wahrung der eigentümerischen Belange aber durch den Erlass geeigneter vorläufiger Regeln Rechnung tragen. Wirksame temporäre Sofortmaßnahmen wären die Normierung eines Mindestabstandes der Windenergieanlagen zur Wohnbebauung, ein Ausbau-Moratorium und Einschränkungen des Betriebs vorhandener Anlagen.

 

Autoren: Prof. Dr. Rudolf Wendt (Verfassungsrecht Universität Saarland, Vizepräsident des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes) und
Prof. Dr. Michael Elicker (Verfassungsrecht Universität Saarland, Rechtsanwalt)

Die Verfassungsbeschwerde / Verfassungsklage wird vom Regionalverband Taunus – Windkraft mit Vernunft e.V. initiiert. Finanziert wird die Klage durch Spenden.

 

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