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Flüchtlingsunterbringung: Bund und Länder wollen bauliche Richtlinien lockern

Das Bundeskabinett hat das Gesetzespaket zu Änderungen im Asylrecht beschlossen. Die Regelungen sollen nun im parlamentarischen Schnellverfahren beschlossen werden. Mitte Oktober entscheiden Parlament und Länderkammer darüber. Am 1. November soll das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz bereits in Kraft treten.

Neben schärferen Asylregeln und schnelleren Asylverfahren sowie die Einstufung weiterer Staaten als sogenannte sichere Herkunftsländer, wurden auch Änderungen im Bauplanungsrecht beschlossen. Um die wachsende Anzahl von Flüchtlingen angemessen unterbringen zu können, sollen geltende Standards für einen begrenzten Zeitraum gelockert werden. Dies betrifft neben Änderungen des Baugesetzbuches vornehmlich die aktuellen Regelungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) sowie den Wohnungsneubau.

Änderungen des Baugesetzbuches:

Mit dem Entwurf zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz sind auch Anpassungen des Baugesetzbuches verbunden. Die avisierten Änderungen weiten das im vergangenen Jahr in Kraft getretene BauGB-Flüchtlingsunterbringungsgesetz um weitere Punkte aus. Vornehmlich betrifft dies Regelungen zu mobilen Flüchtlingsunterkünften und deren Befristung und Standort. Damit soll auf aktuelle Notsituationen reagiert werden. Grundsätzlich müssen die städtebaulichen Ziele und Grundsätze des Baugesetzbuches gelten. Ein Rückbau aller im Außenbereich errichteter Unterkünfte muss ebenso erfolgen.

Änderungen der EnEV:

Im Rahmen des Paketes ist auch eine partielle Aussetzung der Energieeinsparverordnung (EnEV) geplant. Die bis Ende 2018 befristeten Anpassungen der Energieeinsparverordnung gelten nur für Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünfte. Containerbauten für die Unterbringung von Flüchtlingen sind im Fall einer geplanten Standzeit von bis zu fünf Jahren von den Vorgaben der EnEV freigestellt. Bisher galt dies nur für eine Standzeit von zwei Jahren. Der Mindestwärmeschutz in den Containern bleibt von der Lockerung unberührt. Bei notwendigen Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden, die zur Flüchtlingsunterbringung heran gezogen werden, sollen die Wärmestandards auf den Mindestwärmeschutz reduziert werden. Für Flüchtlingsunterkünfte wird des Weiteren die Pflicht zur Dämmung der obersten Geschossdecke ausgesetzt. Zudem ist die Befreiung von anderen EnEV-Regelungen im Einzelfall möglich, wenn die Einhaltung der Verordnung eine erhebliche Verzögerung der Unterbringung zur Folge hat. Andere Gebäude, die im weiteren Asylverfahren genutzt werden, sind von den befristeten Rechtsänderungen allerdings nicht betroffen.

Beim Bauordnungsrecht – dazu gehören u.a. Brandschutz, Baugenehmigungsverfahren, Stellplätze, Aufzüge – empfiehlt die Bundesregierung den Ländern ein pragmatisches Vorgehen ohne die Schutzziele zu vernachlässigen. Die Landesbauordnungen sollen demnach eine schnelle und sichere Unterbringung von Flüchtlingen nicht blockieren. Aus diesem Grund sind die Länder dazu aufgerufen, den gesetzgeberischen Handlungsbedarf in den Landesbauordnungen sorgfältig zu prüfen.

Wohnungsneubau – 500 Mio € mehr an Kompensationsmitteln

Um den enormen Herausforderungen der Länder und Kommunen bei der Unterbringung Schutzsuchender entgegenzuwirken, soll der Neubau von Wohnungen gefördert werden. Zu diesem Zweck erhöht der Bund bis 2019 die Kompensationsmittel für die Länder um jeweils 500 Millionen Euro. Die Mittel sind zweckgebunden und durch die Länder ausschließlich für den Wohnungsbau zu verwenden. Um die Situation in angespannten Wohnlagen rasch zu entzerren, sollen Bund und Länder geeignete Anreize für die Schaffung preiswerten Wohnraumes fördern. Wie diese Instrumentarien aussehen, steht bislang noch nicht fest. Detailfragen dazu werden aktuell im Bundesministerium der Finanzen (BMF) geprüft.

Beschlagnahme ungenutzter (Gewerbe)- immobilien

Einen umstrittenen Schritt weiter ist aktuell die Hamburger Bürgerschaft gegangen. Täglich kommen in der Hansestadt bis zu 500 neue Flüchtlinge an – winterfeste Unterkünfte stehen kaum noch zur Verfügung. Die Bürgerschaft hat nun ein Gesetz zur Beschlagnahme leerstehender Immobilien beschlossen. In der vergangenen Woche besprach sich das Stadtparlament mehrheitlich für das „Gesetz zur Sicherung der Flüchtlingsunterbringung in Einrichtungen“ aus. Damit kann das Bundesland leerstehende Gewerbeimmobilien auch gegen den Willen des Eigentümers zur Flüchtlingsunterkunft beanspruchen. Inwieweit diese Regelung zur Praxis wird ist noch nicht entschieden – die FDP hat bereits angekündigt, rechtliche Schritte gegen das Gesetz einzuleiten.

In Berlin-Kreuzberg soll es nach entsprechenden Medienberichten zur Beschlagnahme von Wohnimmobilien kommen, die aus Spekulationsgründen leer stehen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass Vermieter von leer stehenden Immobilien bei einer Beschlagnahme von Kommunen einen marktüblichen finanziellen Ausgleich erhalten. Zudem stellt eine Beschlagnahme immer eine ultima ratio dar, d.h. erst wenn alle anderen Mittel ausgeschöpft sind, darf im Ausnahmefall beschlagnahmt werden.

Der Entwurf zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz steht hier zum Download bereit
» Drucksache 18 /6185

Quelle: Dachverband Deutscher Immobilienverwalter e.V.

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