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    Aktuelle Rechtsprechung

    Auch ein Ingenieur muss die wirtschaftlichen Belange des Bauherrn berücksichtigen!

    OLG Stuttgart, Urteil vom 21.03.2023 – 12 U 312/20; BGB §§ 249, 280, 633, 634 Nr. 4
    1. Ingenieure haben, wie Architekten, im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen die wirtschaftlichen Gesichtspunkte des Auftraggebers zu berücksichtigen. Dabei haben sie darauf zu achten, dass übermäßiger oder nicht erforderlicher Aufwand vermieden wird.
    2. Diese Verpflichtung ist verletzt, wenn bei der Planung des Einbaus einer neuen Heizungsanlage der Einbau eines Blockheizkraftwerkes empfohlen wird, obwohl dieses nicht notwendig ist.
    3. Der zu ersetzende Schaden besteht in den Mehrkosten, die bei pflichtgemäßer Erfüllung des Vertrags vermieden worden wären.
    Quelle: IBR

    Verdacht auf „Etikettenschwindel“: Baubehörde darf Bauvorlagen nachfordern!

    OVG Niedersachsen, Beschluss vom 17.10.2023 – 1 LA 55/23; NBauO § 69 Abs. 2
    Besteht der begründete Verdacht, dass der Bauherr tatsächlich ein anderes als das genehmigte Vorhaben verwirklichen will (sog. „Etikettenschwindel“), darf die Bauaufsichtsbehörde Bauvorlagen nachfordern, um den Verdacht auszuräumen oder zu erhärten.
    Quelle: IBR

    Der Ton macht die Musik!

    OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.08.2022 – 15 U 83/19; ZPO § 42 Abs. 2, § 406
    1. Die Besorgnis der Befangenheit eines Sachverstänidgen i.S.d. § 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO kann gegeben sein, wenn der Sachverständige seinen Gutachtenauftrag überschreitet und zudem das sonstige Verhalten des Sachverständigen eine parteiliche Tendenz zu Gunsten oder zu Lasten einer Partei erkennen lässt. Maßgeblich sind stets die Umstände des jeweiligen Einzelfalls.
    2. Überschreitet der Sachverständige seinen Gutachtenauftrag und verwendet er darüber hinaus gegenüber einer Partei bzw. deren Prozessbevollmächtigten in seinem schriftlichen Gutachten an mehreren Stellen Formulierungen, die für sich genommen und/oder in der Gesamtschau überflüssig, unangemessen, unsachlich und abwertend sind, kann dies die Befürchtung wecken, der Sachverständige trete der Partei nicht unparteilich und neutral gegenüber
    Quelle: IBR

    Drohende Verjährung vor Jahreswechsel abwenden!

    Mit Ablauf des Jahres 2023 verjähren Vergütungsansprüche, die im Jahr 2022 fällig geworden sind.
    Ist ein Anspruch verjährt, können Gläubiger eine Forderung nicht mehr durchsetzen, wenn der Schuldende sich auf die Einrede der Verjährung beruft. Um dies zu verhindern, wird empfohlen, rechtzeitig zu überprüfen, ob aus dem Jahr 2022 noch (Schluss-) Rechnungen offen sind oder frühere befristete Verjährungsverzichte des Schuldenden auslaufen. Die Maßnahmen, die in einem solchen Fall zu ergreifen sind, werden nachfolgend erläutert.
    Wie wird die Verjährungsfrist für Vergütungsansprüche berechnet?
    Die Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Vergütungsanspruch fällig geworden ist. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
    Wann wird der Werklohn bei Bauverträgen auf Basis des BGB fällig?
    Bei Bauverträgen auf Grundlage des BGB (beispielsweise mit Verbraucher), die nach dem 1. Januar 2019 geschlossen wurden, ist die Zahlung des Auftraggebenden fällig, wenn die Abnahme erfolgt ist und der Auftragnehmenden eine prüffähige Schlussrechnung übermittelt hat (§ 650 a Abs. 4 Satz 1 BGB). Für die Beurteilung der Verjährungsfrage werden also die Daten der Abnahme und des Zugangs der Schlussrechnung beim Auftraggebenden benötigt. Mit Ablauf des 31. Dezember des Jahres, in dem beide Fälligkeitsvoraussetzungen vorliegen, beginnt die Verjährungsfrist zu laufen.
    Warum kommt es darauf an, ob der Bauvertrag vor oder nach dem 1. Januar 2019 geschlossen wurde?
    Aufgrund der Reform des Gesetzlichen Bauvertragsrechts im Jahre 2018 gelten unterschiedliche gesetzliche Regelungen. Für Bauverträge, die vor dem 1. Januar 2018 geschlossen wurden, gilt das alte BGB. Bei diesen Verträgen wird der Vergütungsanspruch bereits mit der Abnahme der Leistung fällig § 641 BGB).
    Wann wird der Werklohn bei Bauverträgen auf Basis der VOB/B fällig?
    Neben der Abnahme und der Übermittlung der Schlussrechnung ist bei VOB/B-Bauverträgen zusätzlich der Ablauf der Schlussrechnungsprüfungsfrist Fälligkeitsvoraussetzung. Die Schlussrechnungsprüfungsfrist endet mit dem Rücklauf der geprüften Schlussrechnung oder nach Ablauf der Regelfrist von 30 Tagen gemäß § 16 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B, soweit keine abweichende Frist vertraglich festgelegt ist.
    Wie kann die Verjährung der Vergütungsansprüche verhindert werden?
    Die einfachste und kostengünstigste Art, den Eintritt der Verjährung zu verhindern, ist es, den Schuldner dazu zu bewegen, dass er einen Verjährungsverzicht unterschreibt. Dazu fordert der Gläubiger in der Regel den Schuldner mit Frist zur Abgabe einer Verzichtserklärung auf. Im Anschreiben weist er darauf hin, dass ansonsten ein kostenträchtiges Gerichtsverfahren unumgänglich ist und fügt eine vom Schuldenden zu unterschreibende Verzichtserklärung bei. So erfährt der Schuldende, dass er auf einen Eintritt der Verjährung nicht zu hoffen braucht und dass ohne den Verzicht zusätzliche Kosten für die Einleitung eines Gerichtsverfahrens auf ihn zukommen.
    Besondere Nachteile hat ein solcher Verzicht für den Schuldenden nicht, da mit dem Einredeverzicht kein Anerkenntnis der Forderung verbunden ist. Der angestrebte Einredeverzicht setzt jedoch ein rechtzeitiges Tätigwerden voraus, damit noch Zeit für andere Maßnahmen bleibt, falls der Schuldende ablehnt. Denn wenn tatsächlich Verjährung droht, sind gerichtliche Schritte unumgänglich, wenn der Schuldende nicht kooperiert.
    Achtung:
    Durch ein einfaches Mahnschreiben wird die Verjährung weder gehemmt noch der Neubeginn der Verjährung erreicht!
    Folgende gerichtliche Maßnahmen kommen zur Verhinderung des Verjährungseintritts in Betracht:
    – Klageerhebung,
    – Zustellung eines Mahnbescheides im Mahnverfahren.
    Die Einleitung eines Mahnverfahrens ist eine Art gerichtliches „Vorverfahren“. Im Vergleich zu einer Klage ist es einfacher, schneller und es fällt nur ein Teil der Gebühren an. Dazu ist es erforderlich, einen Mahnantrag vor Ablauf der Verjährungsfrist einzureichen, der zur Hemmung der Verjährung führt. Die Hemmung bewirkt, dass die Verjährungsfrist nicht weiterläuft. Wird ein Mahnverfahren nach einem vom Schuldner eingelegten Widerspruch von Seiten des Antragstellers nicht weiter betrieben, so endet die Hemmungswirkung gemäß § 204 Abs. 2 BGB sechs Monate später. Damit der Schuldner nicht doch noch die Einrede der Verjährung geltend machen kann, ist nach dem Widerspruch gegebenenfalls ein Rechtsanwalt zu beauftragen, der die Forderung bei Gericht geltend macht.
    Ob eine Forderung tatsächlich verjährt ist oder nicht, erfordert eine Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls. Mitunter können Verhandlungen die Verjährung gehemmt haben, so dass auch ältere Forderungen noch nicht verjährt sind.
    Quelle: LBB

    Einseitig begünstigende Ausführungen sind ein Befangenheitsgrund!

    OLG Celle, Beschluss vom 07.08.2023 – 14 W 24/23; ZPO §§ 42, 406
    Die eigenmächtige Ausdehnung des Beweisbeschlusses auf bis dahin im Prozess nicht aufgeworfene Fragen rechtfertigt die Ablehnung des gerichtlich bestellten Sachverständigen insbesondere dann, wenn sich der Sachverständige dabei gleichsam in die Position des Gerichts begibt und einseitig begünstigende Ausführungen macht.
    Quelle: IBR

    Machen „überschießende“ Feststellungen den Sachverständigen befangen?

    OLG München, Beschluss vom 05.05.2023 – 31 W 259/23; ZPO §§ 42, 406

    1. Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen können auch dadurch begründet sein, dass seine Feststellungen über die durch den Beweisbeschluss vorgegebenen Beweisfragen hinausgehen.
      2. Hiervor ist regelmäßig auszugehen, wenn der Sachverständige bei der Gutachtenerstellung eigenmächtig über die ihm durch den Beweisbeschluss und den Gutachtenauftrag gezogenen Grenzen hinausgeht und sich daraus eine parteiliche Tendenz zu Gunsten oder zu Lasten einer Partei ergibt.
    2. Nicht jede Überschreitung des Gutachtenauftrags rechtfertigt bereits die Besorgnis der Befangenheit. Vielmehr ist insoweit eine Entscheidung nach Lage des Einzelfalls zu treffen.
      Quelle: IBR

     Leistung funktionstauglich: Kein Mangel trotz regelwidriger Ausführung!

    OLG Brandenburg, Urteil vom 28.09.2023 – 10 U 21/23; BGB § 633
    1. Verwendet der Auftragnehmer ein anderes als das in seinem Angebot konkret genannte Baumaterial, liegt darin kein Mangel, wenn das ursprünglich angebotene Baumaterial für den konkreten Verwendungszweck ungeeignet ist.
    2. Ein Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik stellt keinen Mangel dar, wenn sich der Verstoß nicht nachteilig auswirkt und keine Gebrauchsnachteile erkennbar sind.
    Quelle: IBR

    Wer planen will, muss auch planen können!

    OLG Köln, Beschluss vom 09.03.2021 – 19 U 23/20; BGH, Beschluss vom 10.05.2023 – VII ZR 289/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB §§ 133, 157, 633, 634; HOAI 2002 § 15 Abs. 1, 2
    1. Wird der Begriff „Ausführungsplanung“ in einem Bauvertrag verwendet, ist damit eine Ausführungsplanung i. S. v. § 15 Abs. 1, 2 HOAI 1996/2002 gemeint.
    2. Übernimmt ein Bauunternehmer auch Planungsleistungen, muss die Planung mangelfrei sein, d. h. sie muss taugliche Grundlage für die Errichtung eines mangelfreien Bauwerks sein.
    3. Ein mit der Erbringung von Planungsleistungen beauftragter Bauunternehmer kann nicht einwenden, dass er nicht über die erforderlichen Fachkenntnisse für die Erstellung einer fachgerechten Ausführungsplanung verfügt. Notfalls hat er sich diese Kenntnisse durch den Einsatz von Sonderfachleuten zu verschaffen. Zumindest die einschlägigen DIN-Normen muss er kennen.
    Quelle: IBR

    Beratungsbedarf bei Objektversicherungen: Honorare „doppelt“ melden

    An Objektversicherungen kommen viele Planungsbüros nicht vorbei, da diese Variante der Berufshaftpflichtversicherung von Auftraggebern wie Generalplanern bevorzugt wird, um den Versicherungsschutz für alle beteiligten Partner zu vereinheitlichen. Wir werden in einer solchen Konstellation dann oft gefragt, ob die bei dem versicherten Projekt erzielten Honorare auch noch bei der jährlichen Abfrage zur Prämienregulierung gemeldet werden müssen. Daher der wichtige Hinweis:
    Jeder Versicherungsnehmer hat zunächst seine Jahreshonorarumsatzsumme vollständig zum durchlaufenden Vertrag zu melden – also inklusive der über Objekt- oder Baukombi-Versicherungen versicherten Projekte. Ansonsten könnten vom Versicherer Sanktionen in Form von Strafgeldern erhoben werden (z. B. eine zweimalige Jahresprämie). Kommen Sie auf Ihren UNIT-Kundenberater zu, sobald Sie zum Eintritt in eine Objektversicherung aufgefordert werden, jedenfalls vor Beginn Ihrer Leistungen für das entsprechende Projekt. Zu diesem Zeitpunkt gilt es abzustimmen, ob das Projekt im Jahresvertrag „nullgestellt“ wird oder ob eine Subsidiärdeckung mit geringen Prämiensätzen von uns mit dem Versicherer verhandelt werden soll. Ob es sinnvoll ist, ein Projekt aus dem Schutz des Jahresvertrags „herauszunehmen“, sollte wohlüberlegt sein.
    Quelle: UNIT

    „Gebäudetyp-e“ vor Einführung? – weniger technische Baubestimmungen

    Architektenkammern und politische Gastredner zeigten sich auf der EXPO REAL zuversichtlich, dass der Weg für den Gebäudetyp-e kurzfristig geebnet wird. Damit könnte auf Initiative der Kammern vielleicht schon in 2024 das Ziel erreicht werden, durch regulatorische Vereinfachungen innovatives und kostengünstiges Bauen zu erleichtern. Hinter dem als Gebäudetyp-e bezeichneten Planungsansatz steht die Idee, dass nur die technischen Baubestimmungen geschuldet sind, die zwingend erforderlich sind, …
    …um das Bauordnungsrecht und andere gesetzliche Vorgaben, z. B. an Standsicherheit und Brandschutz, einzuhalten. Alle allgemein anerkannten Regeln der Technik, die darüber hinausgehen, könnten/ müssten dann vertraglich ausdrücklich vereinbart werden. In mehreren Bundesländern wird bereits an Anpassungen in den Bauordnungen gearbeitet oder mit Pilotprojekten gestartet. Zugleich gibt es Beratungen zur Änderung des BGB und der Musterbauordnung sowie Gespräche mit dem DIN, wie bei Normen stärker zwischen sicherheitstechnisch notwendigen Regelungen und zusätzlichen „Komfortstandards“ unterschieden werden kann. Abweichungen von zahlreichen allgemein anerkannten Regeln der Technik lassen sich zwar auch bisher einvernehmlich vereinbaren, aber nicht ohne Haftungsrisiko für die Planer: die Anforderungen an die Hinweis- und Aufklärungspflichten des Planenden sind streng. Daher fordern die Kammern, den Rechtsrahmen nicht Gerichten zu überlassen, sondern vom Gesetzgeber so weit wie möglich festzulegen.
    Quelle: UNIT

    Baukostenermittlung fehlerhaft: Wie wird die Schadenshöhe berechnet?

    OLG Hamm, Urteil vom 11.01.2022 – 24 U 65/20; BGH, Beschluss vom 18.01.2023 – VII ZR 23/22 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB a. F. §§ 249, 635
    1. Kommt es bei unrichtigen Kostenschätzungen/ Beratungen durch einen Architekten zu Baukostenüberschreitungen, ist der Schaden nach allgemeinen Grundsätzen durch Vergleich der Ist-Situation mit der angenommenen Situation ohne haftungsbegründenden Fehler zu ermitteln. Entscheidend ist, wie sich der Bauherr verhalten hätte, wenn er richtig beraten worden wäre.
    2. Bei der schadensmindernden Berücksichtigung von Wertsteigerungen ist entscheidend, ob die aufgewendeten Mehrkosten für die Wertsteigerung ursächlich waren. Eine Berücksichtigung kann ausnahmsweise unterbleiben, wenn die Vorteilanrechnung dem Bauherrn nicht zumutbar ist und den Architekten unangemessen entlastet.
    Quelle: IBR

     HOAI-Mindestsätze = übliche Vergütung!

    OLG München, Urteil vom 15.06.2021 – 9 U 631/20; BGH, Beschluss vom 01.03.2023 – VII ZR 661/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB §§ 631, 632 Abs. 2; HOAI 2013 § 43 Abs. 1
    Bei fehlender Honorarvereinbarung stellt auch nach der Entscheidung des EuGH vom 04.07.2019 die Abrechnung nach HOAI-Mindestsätzen die übliche Vergütung dar.
    Quelle: IBR

     VOB/B nicht „als Ganzes“ vereinbart: Keine fiktive Abnahme nach § 12 Abs. 5 VOB/B!

    OLG Braunschweig, Urteil vom 02.06.2022 – 8 U 205/21; BGH, Beschluss vom 21.06.2023 – VII ZR 128/22 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB § 307; VOB/B § 12 Abs. 5 Nr. 2
    Wird die VOB/B nicht „als Ganzes“ vereinbart, hält die Regelung des § 12 Abs. 5 Nr. 2 VOB/B zur fiktiven Abnahme der Leistung einer AGB-Kontrolle nicht stand und ist unwirksam, wenn der Auftragnehmer Verwender der VOB/B ist.
    Quelle: IBR

    Unbestimmte Baugenehmigung kann Nachbarrechte verletzten!

    VGH Bayern, Beschluss vom 08.05.2023 – 1 ZB 21.684; BayVwVfG Art. 37 Abs. 1; VwVfG § 37 Abs. 1
    Ist eine Baugenehmigung hinsichtlich nachbarrechtlicher Gesichtspunkte nicht hinreichend bestimmt, kann nicht beurteilt werden, ob das Vorhaben mit nachbarschützenden Vorschriften vereinbar ist. Daraus kann sich eine Rechtsverletzung der Nachbarn ergeben, die zur gerichtlichen Aufhebung der erteilten Baugenehmigung führen kann.
    Quelle: IBR

    Auch Feuerschutzfenster in F90 sind in Brandwänden unzulässig!

    OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.06.2023 – 7 B 482/23; BauO-NW § 30 Abs. 2 Nr. 1, § 30 Abs. 8 Satz 1, § 58 Abs. 1, 2
    1. Eine grenzständige Gebäudeabschlusswand ist grundsätzlich als Brandwand zu errichten.
    2. Öffnungen in Brandwänden oder an ihrer Stelle zulässigen Wänden sind unzulässig. Das gilt auch dann, wenn die Fenster auf der Innenseite die Brandschutzanforderungen F 90 erfüllen.
    Quelle: IBR 

    Kein Planungsfortschritt in 23 Monaten: Auftraggeber kann kündigen!

    KG, Urteil vom 03.03.2023 – 7 U 158/21; BGB § 314 Abs. 2, § 648 a; HOAI 2013 §§ 33, 34
    1. Aus dem vorläufigen Charakter von Abschlagszahlungen folgt, dass der Auftragnehmer verpflichtet ist, diese an die andere Vertragspartei zurückzuzahlen, soweit sie seinen abschließend ermittelten Vergütungsanspruch übersteigen.
    2. Sofern der Auftragnehmer in knapp 23 Monaten keinen erkennbaren Fortschritt der Planung bewirkt und sodann eine extra zur Beschleunigung der Planungen erst kurz zuvor vertraglich vereinbarte Frist versäumt, ist der Auftraggeber zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. Durch dieses Verhalten bringt der Auftragnehmer zum Ausdruck, dass er sich auch in Zukunft nicht vertragstreu verhalten wird und weitere Vertragsfristen nicht einzuhalten gedenkt.
    Quelle: IBR

    Änderungen Vergabeverordnung

    Am 23.08.2023 wurde im Bundesgesetzblatt (BGBl. 2023 I Nr. 222 vom 23.08.2023) die Verordnung zur Anpassung des Vergaberechts an die Einführung neuer elektronischer Standardformulare („eForms“) für EU-Bekanntmachungen und an weitere europarechtliche Anforderungen veröffentlicht. Darin enthalten ist die Streichung von § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV, der die Auftragswertberechnung von Planungsleistungen regelte. Die geänderte VgV mit der Streichung des § 3 Abs. 7 Satz 2 tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt müssen grundsätzlich alle ausgeschriebenen Planungsleistungen bei öffentlichen Vergabeverfahren addiert werden. Dies hat zur Folge, dass der Schwellenwert für die europaweite Ausschreibung von Planungsleistungen (215.000 Euro) früher als bisher überschritten wird.  So werden jetzt auch bei kleinen Bauvorhaben europaweite Ausschreibungen notwendig. Dies bedeutet einen zeit- und kostenintensiven Mehraufwand nicht nur für die sich an einer Ausschreibung beteiligenden Planerinnen und Planer, sondern auch für die öffentlichen Auftraggeber.
    In einer Entschließung des Bundesrates wurde die Bundesregierung aufgefordert zu prüfen, wie im Rahmen der europarechtlichen Möglichkeiten auch weiterhin verschiedene Planungsleistungen für kleinere Bauprojekte ohne europaweite Ausschreibung vergeben werden können. Dazu sollen klarstellende Erläuterungen gegeben werden, die aufzeigen, wie die Auswirkungen der Aufhebung des § 3 Absatz 7 Satz 2 VgV auf die Praxis rechtssicher begrenzt werden können.
    Die Bundesingenieurkammer ist dazu im Gespräch mit dem zuständigen Bundeswirtschaftsministerium, um weitere Erläuterungen zu der in der Verordnungsbegründung zu § 3 skizzierte alternative Vergabeart zu erwirken. Diese sollen die weitreichenden Konsequenzen für die planenden Berufe und den öffentlichen Auftraggeber abfedern. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimawandel (BMWK) hat angekündigt, Erläuterungen zeitnah zur Verfügung zu stellen. Wir werden diese unmittelbar nach Erhalt versenden.Weitere Informationen: https://bingk.de/vergabeverordnung-aenderungen-treten-ab-24-august-in-kraft/
    Quelle: BIngK

    Honorar trotz fehlender Unterschrift
    OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.08.2021 – 23 U 64; BGH, Beschluss vom 20.04.2022 – VII ZR 834/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB §§ 145, 147, 631, 632 Abs. 1, §§ 633, 634; HOAI 2013 § 15
    1. Auch nach allgemeiner Lebenserfahrung kann nicht vermutet werden, dass Planungsleistungen nur aufgrund eines bestehenden Vertragsverhältnisses erbracht werden. Es kann sich ebenso gut um Hoffnungsinvestitionen in einer Vertragsanbahnungssituation handeln.
    2. Die Annahme eines Vertragsschlusses ist nur dann gerechtfertigt, wenn jenseits entgegengenommener Planungsleistungen Umstände vorliegen, die einen rechtsgeschäftlichen Annahmewillen des Auftraggebers erkennen lassen (hier bejaht).
    3. Eine ausgebliebene Gegenzeichnung des vom Planer unterbreiteten Honorarangebots durch den Auftraggeber steht der Annahme eines konkludenten Vertragsschlusses nicht entgegen.
    Quelle: IBR

    Baumfäll- und Rodungsarbeiten: Ausführung nach VOB/B

    OLG Brandenburg, Urteil vom 20.07.2023 – 10 U 14/23; VOB/A 2019 § 1; VOB/B § 1
    die VOB/B kann regelmäßig nur in solche Verträge einbezogen werden, die die Ausführung von Bauleistungen betreffen. Bauleistungen sind Arbeiten jeder Art, durch die eine bauliche Anlage hergestellt, in Stand gehalten, geändert oder beseitigt wird. Das umfasst alle Arbeiten an einem Grundstück, also auch die Durchführung von Baumfäll- und Rodungsarbeiten.
    Quelle: IBR

    Tragwerksplaner muss Lastverbrauch des Bestandbaus prüfen!

    OLG Karlsruhe, Urteil vom 25.05.2023 – 19 U 64/22; BGB §§ 254, 280 Abs. 1, 3, §§ 281, 633, 634 Nr. 4
    Übernimmt ein Tragwerksplaner zur Vorbereitung der geplanten Aufstockung eines Gebäudes vertraglich die Untersuchung einer Bestandsdecke, schuldet er auch die Untersuchung, inwieweit die mögliche Traglast durch den Bestandsbau bereits verbraucht ist.
    Quelle: IBR

    Wann werden Leistungen der Objektbetreuung (konkludent) abgenommen?

    OLG München, Beschluss vom 23.03.2021 – 28 U 5991/20 Bau; BGH, Beschluss vom 26.04.2023 – VII ZR 279/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB § 640
    1. Die konkludente Abnahme einer Architektenleistung kann darin liegen, dass der Bauherr nach Fertigstellung der Leistung und nach Ablauf einer angemessenen Prüffrist nach Bezug des fertiggestellten Bauwerks keine Mängel der Architektenleistung rügt.
    2. Leistungen der Objektbetreuung werden nach Ablauf einer sechsmonatigen Prüffrist nach dem Ende der Leistungsphase 9 konkludent abgenommen.
    Quelle: IBR

    HDI schützt Architekten und Ingenieure vor beruflichen Risiken

    Wird Ihnen fehlerhaftes Arbeiten vorgeworfen, geht es rasch um die geschäftliche Existenz. Nicht das einzige Risiko für Ingenieure und Architekten, deshalb ist es ratsam, Ihre Berufshaftpflichtversicherung zu ergänzen: durch Rechtsschutz und den Zusatzbaustein Cyberrisk; dazu eine Versicherung, die Elektronik und Möbel im Büro absichert. Das 2017 eingeführte Umweltschadengesetz findet immer stärkere Anwendung in Genehmigungsbescheiden oder Baugenehmigungen: Es nimmt jetzt Architekten wie Ingenieure stärker in Haftung – vor den finanziellen Folgen schützt die Umweltschadenversicherung von HDI. Erfreulich für HDI Berufshaftpflichtkunden: die Grunddeckung ist bereits beitragsfrei in der Berufshaftpflicht inkludiert.
    Der Architekt hatte die Fundamente extra 20 Zentimeter höher gelegt, trotzdem stand immer wieder Wasser in vielen Kellern der Neubauten. Zur Siedlung gehörte nämlich auch ein neues Feuchtbiotop, dadurch stieg der Grundwasserspiegel. Hätte der Architekt das wissen, ja einplanen müssen?
    Der einzige Fehler in der neuen Industriehalle war auf Anhieb nicht zu erkennen: Die Stahlbetonbalken konnten die Last der Plattenstege nicht verlässlich tragen. Die Balken mussten verstärkt werden. Hatte sich der Statiker verrechnet?
    Was an Kabeln für Strom, Wasser, Telefon oder Gas unter der Erde liegt, steht auf Plänen. Darauf war die undichte Gasleitung korrekt eingezeichnet, nicht aber das benachbarte Starkstromkabel. Ein Bagger kappte das Kabel, es kam zu einer Gasexplosion. Menschen wurden verletzt, rundherum zersprangen Fensterscheiben. Welche Schuld trägt der Vermessungsingenieur, der das Kabel falsch in den Plan eingetragen hatte?
    Das sind nicht nur juristische, sondern existenzielle Fragen für sämtliche Architekten und Ingenieure. Wenn ihnen fehlerhaftes oder schlampiges Arbeiten vorgeworfen wird, geht es rasch um sechs- oder siebenstellige Beträge. Und damit um die geschäftliche Existenz. Allein in Deutschland belaufen sich die jährlichen Aufwendungen für das Beseitigen von Bauschäden auf rund 8 Milliarden Euro.
    Quelle: HDI

    Schadenfall: unverzügliche Meldung ist entscheidend!

    Jeder Versicherungsfall ist dem Versicherer beziehungsweise Versicherungsmakler „unverzüglich“ anzuzeigen, auch wenn noch keine Schadenersatzansprüche erhoben worden sind. „Unverzüglich“ bedeutet gemäß § 121 Abs. 1 BGB „ohne schuldhaftes Zögern“. Diese Voraussetzung für eine Deckungsprüfung des Versicherers gilt auch für die Erhebung eines Haftpflichtanspruchs in der Berufshaftpflicht-Versicherung, auch wenn hierbei in der Regel noch einige Informationen einzuholen sind.
    Anlass für eine Schadenanzeige ist in jedem Fall auch die Eröffnung eines staatsanwaltlichen, behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens. Aber auch wenn Sie „nur“ von einem Auftraggeber angeschrieben werden und „zwischen den Zeilen“ ein möglicher zukünftiger Schadenersatzanspruch herauszulesen ist – schalten Sie uns ein. Von unserem Schadenmanagementteam erhalten Sie sofort Hinweise zu den wichtigsten Verhaltensweisen und eine Empfehlung, ob eine Weitermeldung an den Versicherer erfolgen sollte. Bitte beachten Sie unseren „Handlungsleitfaden für den Schadenfall“, den wir für Sie aktualisiert haben.
    Quelle: UNIT

    Auftraggeber zahlt nicht: welche Versicherung hilft? ++ Aktive Honorarklage

    Zu den Funktionen der Berufshaftpflicht-Versicherung der Architekten und Ingenieure gehören die Prüfung von Schadenersatz-Ansprüchen und die Abwehr unberechtigter Ansprüche. Wenn der Auftraggeber aber Honorar einbehält, hilft diese Abwehrfunktion nicht weiter, denn etwaige Ansprüche werden durch Aufrechnung bereits durchgesetzt. Daher bieten führende Versicherer Versicherungsschutz in Form der „aktiven Honorarklage“. Dieses Instrument greift aber nur, wenn der Auftraggeber die Honorarkürzung mit einem versicherten Schadenersatzanspruch begründet – selbst, wenn ein Mangel nur vorgeschoben wird. In der Praxis wird aber oft kein (solcher) Grund benannt, damit ist die Berufshaftpflichtversicherung außen vor. Empfehlenswert ist daher der Zusatzbaustein Vertrags- und Honorarrechtsschutz und die Unterstützung durch das UNIT-Schadenmanagementteam. Gemeinsam mit dem Kunden legt unser Schadenmanager im Hinblick auf die Geschäftsbeziehung zum Auftraggeber zunächst eine Verhandlungsstrategie fest, prüft Sachverhalt, Streithöhe und Selbstbehalt und beantragt ggf. beim Rechtsschutzversicherer die Kostentragung für die erste Instanz. Bestätigt dieser mit Erstschreiben und Schadennummer, so kann der Rechtsanwalt des Versicherungsnehmers tätig werden und z. B. Klage einreichen. Folgt auf die Klage eine Widerklage durch den Auftraggeber mit spezifizierten Mängeln, so ist die Berufshaftpflichtversicherung wieder mit im Boot und übernimmt die weitere Bearbeitung, das heißt Befriedung oder Abwehr der Ansprüche, unter Umständen aktive Honorarklage. Folgt auf die Klageeinreichung keinerlei Bekanntmachung von Mängeln, übernimmt der Vertrags- und Honorarrechtschutz die Kosten des Weiteren (Gerichts-)Verfahrens. UNIT kann den Zusatzbaustein zu Berufshaftpflichtverträgen aller führenden deutschen Versicherer einrichten.
    Quelle: UNIT

    Wann ist eine Windkraftanlage rücksichtslos?

    OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 04.05.2022 – 8 D 311/21; BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 5, § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, § 249 Abs. 3; BauGBAG-NW 2015 § 2; NachbG-NW §§ 41, 43

    1. Die Baukörperwirkung einer Windenergieanlage unterscheidet sich von derjenigen klassischer Bauwerke, wie etwa Gebäuden, die durch ihre Baukörpermasse eine erdrückende Wirkung auf die Umgebung ausüben können. Für die Frage, ob eine Windenergieanlage im Einzelfall unzumutbar bedrängend wirkt, sind deshalb weitere und andere Kriterien maßgebend.
      2. Die Einzelfallabwägung, ob eine Windenergieanlage bedrängend auf die Umgebung wirkt, hat sich in einem ersten Schritt an der Gesamthöhe der Anlage (Nabenhöhe zuzüglich der Hälfte des Rotordurchmessers zu orientieren. Eine starre – nach Metern bemessene – Abstandsregelung kann dem allerdings nicht hinreichend Rechnung tragen, da die Gesamthöhe moderner Windkraftanlagen sehr unterschiedlich ist.
      3. Bei der Einzelfallbewertung ist weiter auf den Rotordurchmesser abzustellen. Je größer der Rotordurchmesser und damit auch die durch die Drehbewegung der Rotorblätter abgedeckte Fläche ist, desto größer ist auch die von der Anlage ausgehende optische Einwirkung. Darüber hinaus sind die örtlichen Verhältnisse in die Einzelfallbewertung einzustellen.

    Quelle: IBR

     Äußerste Vorsicht bei Tiefbauarbeiten!

    BGH, Urteil vom 13.04.2023 – III ZR 17/22; BGB §§ 249, 823 Abs. 1
    1. Ein Tiefbauunternehmer hat bei Bauarbeiten an öffentlichen Straßen mit dem Vorhandensein unterirdisch verlegter Versorgungsleitungen zu rechnen, äußerste Vorsicht walten zu lassen und muss sich der unverhältnismäßig großen Gefahren bewusst sein, die durch eine Beschädigung von Strom-, Gas-, Wasser- oder Telefonleitungen hervorgerufen werden können.
    2. Der Tiefbauunternehmer muss sich im Rahmen der allgemeinen technischen Erfahrung die Kenntnisse verschaffen, die die sichere Bewältigung der auszuführenden Arbeiten voraussetzt. Er ist insbesondere verpflichtet, sich den erforderlichen Grad von Gewissheit über den Verlauf der Gasleitungen wie auch sonstiger Versorgungsleitungen zu verschaffen, und zwar dort, wo die entsprechenden zuverlässigen Unterlagen vorhanden sind.
    3. Sind die dem Tiefbauunternehmer übergebenen Leitungspläne erkennbar nicht mehr aktuell und enthalten sie zudem den deutlichen Hinweis, dass die Lage der Leitungen von den Planangaben abweichen kann und deshalb durch fachgerechte Erkundungsmaßnahmen vor Ort festgestellt werden muss, hat sich der Tiefbauunternehmer über den tatsächlichen Leitungsverlauf durch geeignete Maßnahmen, z. B. in Form von Suchschächten und Grabungen in Handschachtung, zu vergewissern, bevor er mit seinen Rammarbeiten beginnt.
    Quelle: IBR

    Richtlinie VDI/BTGA 6044 ersetzt BTGA-Regel 3.003

    Die neue Richtlinie VDI/BTGA 6044 „Vermeidung von Schäden in Kaltwasser- und Kühlkreisläufen“ wurde im April 2023 veröffentlicht. Sie basiert auf der BTGA-Regel 3.003 „Wassergeführte Kalt- bzw. Kühlwasserkreisläufe – zuverlässiger Betrieb unter wassertechnischen Aspekten“ und ist ein gemeinsames Projekt des VDI – Verein Deutscher Ingenieure e. V. und des BTGA – Bundesindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung e. V. Mit Veröffentlichung der neuen Richtlinie VDI/BTGA 6044 wurde die BTGA-Regel 3.003 zurückgezogen. Die Richtlinie VDI/BTGA 6044 „Vermeidung von Schäden in Kaltwasser- und Kühlkreisläufen“ ist zum Preis von 184,40 EUR (inkl. Mehrwertsteuer, zzgl. Versandkosten) unter www.beuth .de erhältlich und kann unter info@beuth.de bestellt werden.
    Die Richtlinie VDI/BTGA 6044 gilt für geschlossene Kalt- und Kühlwasserkreisläufe mit einer maximalen Umlaufwassertemperatur von -20° C bis +40° C und einem Gesamtvolumen über 1.000 Litern – ohne Berücksichtigung von Speichervolumen. In der Richtlinie sind auch Besonderheiten beschrieben, die für korrosionstechnisch geschlossene Kalt- bzw. Kühlwasserkreisläufe zu beachten sind, die temporär oder ständig in direkter hydraulischer Verbindung mit Warmwasser-Heizungsanlagen betrieben werden.
    Werden das Füll- bzw. Ergänzungs- und das Umlaufwasser nur unzureichend aufbereitet und behandelt, führt das oft zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von Korrosion und zu Ablagerungen. Während des Betriebs kann sich dann die Wasserbeschaffenheit verändern. Ein Überwachen und Dokumentieren der Wasserbeschaffenheit ist deshalb notwendig.
    Quelle: Bundesindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung e. V.

    Mehr VgV-Verfahren: Bundestag beschließt „Anpassung des Vergaberechts“

    Der Bundestag hat am 27. April der „Verordnung zur Anpassung des Vergaberechts…“ zugestimmt, die auch die Streichung der Sonderregelung zur Auftragswertermittlung von Planungsleistungen in § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV enthält. Somit könnte der geschätzte Gesamtwert öfter oberhalb der EU-Schwellenwerte liegen und es somit zu wesentlich mehr Ausschreibungen im VgV-Verfahren kommen als bisher.
    In der Begründung heißt es einerseits: „Eine Änderung des Rechtsrahmens ist mit der Aufhebung des lediglich deklaratorischen Satzes 2 nicht verbunden“ und es werden Hinweise gegeben z. B. zur Zusammenfassung von Ausführung und Planung als ein Bauauftrag trotz verschiedener Lose. Andererseits wird der Erfüllungsaufwand auf Basis einer Annahme berechnet von „jährlich 10.000 Planungsleistungen, die zukünftig nach EU-Recht und nicht nach UVgO ausgeschrieben werden“ – auch wenn „die Verschiebung der Fallzahlen vom Unterschwellenbereich in den Bereich der Oberschwellenvergaben sich nur grob abschätzen“ lasse.
    Quelle: UNIT

    Einbringung einer Recycling- und Schotterschicht ist stichprobenartig zu kontrollieren!

    OLG Koblenz, Urteil vom 04.03.2021 – 2 U 1498/16; BGH, Beschluss vom 01.02.2023 – VII ZR 284/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB § 280 Abs. 1, §§ 633, 634 Nr. 4

    1. Wer vertraglich die Bauaufsicht übernimmt, hat schon während der Ausführung dafür zu sorgen, dass der Bau plangerecht und frei von Mängeln errichtet wird. Er muss die Arbeiten in angemessener und zumutbarer Weise überwachen.
      2. Bei wichtigen oder bei kritischen Baumaßnahmen, die erfahrungsgemäß ein hohes Mängelrisiko aufweisen, ist der bauüberwachende Architekt zu erhöhter Aufmerksamkeit und zu einer intensiveren Wahrnehmung der Bauaufsicht verpflichtet.
      3. Handwerkliche Selbstverständlichkeiten bei allgemein üblichen, gängigen und einfachen Bauarbeiten, deren Beherrschung durch den Bauunternehmer vorausgesetzt werden kann, müssen im Zweifel nicht überwacht werden; insoweit darf sich der Architekt bis zu einem gewissen Grad auf die Zuverlässigkeit und ordnungsgemäße unternehmerische Bauausführung verlassen.
      4. Der bauüberwachende Architekt ist verpflichtet, die vertragsgerechte Einbringung einer Recycling- und Schotterschicht zumindest stichprobenartig zu kontrollieren.

    Quelle: IBR

     Warum ist das Betreten der Baustelle wohl verboten?

    OLG Hamm, Beschluss vom 25.04.2022 – 11 W 15/22; BGB § 823
    Ein Handwerker ist bei Bauarbeiten in einer privaten Wohnung unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflicht nicht verantwortlich, wenn der Mieter die Wohnung während der Arbeiten abredewidrig betritt und dann aufgrund einer durch die Arbeiten bedingten, von ihm nicht erkannten Gefahrenstelle zu Schaden kommt.
    Quelle: IBR

    Kein Schmerzensgeld für Hans Guck-in-die-Luft!

    Bei einem Sturzgeschehen kann die Gewichtung und Abwägung der jeweiligen Verursachungsanteile ausnahmsweise dazu führen, dass kein Schmerzensgeldanspruch besteht, wenn der Geschädigte sehenden Auges ein für jedermann erkennbares Risiko eingegangen und die Sorgfaltspflichtverletzung des Verkehrssicherungspflichtigen als gering einzustufen ist.
    Quelle: IBR

     HOAI 2009/2013: Schriftform heißt Papier!

    OLG München, Beschluss vom 22.05.2017 – 27 U 3936/16 Bau; BGH, Beschluss vom 05.10.2022 – VII ZR 140/17 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB §§ 126a, 162b, 242; HOAI 2009 § 7 Abs. 1
    1. Das Architektenhonorar richtet sich gem. § 7 Abs. 1 HOAI 2009/2013 nach der schriftlichen Vereinbarung, die die Vertragsparteien bei Auftragserteilung im Rahmen der durch die HOAI festgesetzten Mindest- und Höchstsätze treffen. Die (elektronische) Textform ersetzt die Schriftform nicht.
    2. Ein Architekt, der nach den Mindestsätzen abrechnet, verhält sich treuwidrig, wenn zunächst ein unter den Mindestsätzen liegendes Pauschalhonorar vereinbart wurde und sich der Auftraggeber auf die Wirksamkeit dieser Vereinbarung verlassen durfte und sich zudem auch in der Weise hierauf eingerichtet hat, dass ihm die Zahlung des Differenzbetrags zwischen dem vereinbarten Honorar und den Mindestsätzen nicht zugemutet werden kann.
    Quelle: IBR

    EU-weite Ausschreibungspflicht für tausende Planungsaufträge mehr?

    Die Bundesregierung plant zur Umsetzung europäischen Rechts die Vorschrift in § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV aufzuheben, demgemäß bisher der Auftragswert für jedes Leistungsbild der Leistungsphasen 1 bis 9 getrennt ermittelt wurde. Demnach würde künftig der Auftragswert durch Addition aller für die Realisierung des Projektes anfallenden Planungshonorare ermittelt.
    Bei unverändertem Schwellenwert von 215.000 Euro würde das laut Begründung zum genannten Gesetzentwurf bedeuten, dass rund 10.000 Planungsaufträge mehr als bisher europaweit nach VgV ausgeschrieben werden müssten. UNIT empfiehlt daher den Planungsbüros, sich organisatorisch auf eine deutliche höhere Anzahl von VgV-Bewerbungen einzustellen. Wir helfen Ihnen, beim geforderten Nachweis hoher Deckungssummen Aufwand, Wartezeit und Kosten zu reduzieren. Mit UNIT EXCEDENT kann das Büro bei Auftraggebern sofort und kontinuierlich hohe Deckungssummen belegen, ohne jedes Mal erst aufwändig objektbezogenen Versicherungsschutz beantragen zu müssen, dafür Pläne oder Risikofragebögen einzureichen, Angebote zu vergleichen etc. Ein wichtiger Vorteil ist zudem die Planungssicherheit der Versicherungskosten. Mit dem separaten Excedenten-Vertrag kann die Deckungssumme um mehrere Millionen Euro aufgestockt werden – und zwar zu niedrigen Prämien, weil der Leistungsfall für den Versicherer erst eintritt, wenn der Schadenersatzbetrag höher ist als die Grundvertrags-Deckungssumme. Darüber hinaus bereiten wir uns in Abstimmung mit den Versicherern darauf vor, auch ein Mehrfaches an angeforderten Versicherungsbestätigungen gewohnt schnell ausstellen zu können.
    Quelle: UNIT

    Generalplanervertrag: Handreichung der Architektenkammern

    Mehrere Architektenkammern haben ihren Mitgliedern eine neue „Handreichung“ zur Verfügung gestellt, die „im Sinne einer Arbeitshilfe den Einstieg in die – auch rechtlich – komplexe Materie erleichtern und einen Eindruck vermitteln will, welche Aspekte mindestens regelungsbedürftig sein können. Die Handreichung besteht aus je einem Beispiel für einen Generalplaner-Vertrag und einen Vertrag zwischen General- und Subplaner sowie Erläuterungen zum Abschluss von Generalplanerverträgen. Während § 11 des Mustervertrags zur „Haftpflichtversicherung“ eher formale Aspekte aufgreift, sind in „§ 10 Mängelansprüche/Haftung“ aus UNIT-Sicht einige für Planer empfehlenswerte Regelungen ausformuliert, z. B. zur gesamtschuldnerischen Haftung mit dem ausführenden Unternehmer, zum Mitwirkungsrecht bei Mängelbeseitigungsleistungen oder zu Haftungsbegrenzungen.
    Quelle: UNIT

    Änderung Gefahrstoffverordnung: Vor Baumaßnahme auf Asbest erkunden

    Bei Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten an älteren Gebäuden müssen private und gewerbliche Bauherren, Abbruchunternehmen, Behörden und andere Beteiligte künftig mehr Zeit und Kosten einplanen. Denn gemäß Referentenentwurf zur Änderung der Gefahrstoffverordnung hat „derjenige, der Tätigkeiten an baulichen oder technischen Anlagen veranlasst, vor Aufnahme der Tätigkeiten zu erkunden, ob entsprechend der Bau- oder Nutzungsgeschichte des Objekts Gefahrstoffe, insbesondere Asbest, vorhanden oder zu vermuten sind, die durch die Tätigkeiten freigesetzt werden können und zu einer besonderen Gesundheitsgefährdung führen können“. (Zitat § 5a 20230303 GefStoffV – bmas.de). Gemäß Satz 2 wird „das Vorhandensein von Asbest in der Regel dann vermutet, wenn mit dem Bau des Objekts vor dem 31. Oktober 1993 begonnen wurde“. Das war das Datum des Asbest-Verwendungsverbots. Diese Vermutung kann durch eine historische oder technische Erkundung widerlegt werden, so dass eine Messung durch einen Sachverständigen erforderlich sein dürfte. Bisher war das eventuell Asbest-belastete Material lediglich nach Abschluss der Abbruch- oder Sanierungsmaßnahmen zu beproben, um das Material einer ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen. Es ist daher empfehlenswert, frühzeitig akkreditierte Prüflabore anzusprechen, Zeit für die Probenahmen und Untersuchungen einzuplanen und ausschließlich mit Fachbetrieben nach TRGS 519 zu arbeiten.
    Quelle: UNIT

    Bürgschaft auf erstes Anfordern: Wann tritt der Sicherungsfall ein?

    OLG Saarbrücken, Urteil vom 23.06.2022 – 4 U 107/21; BGB § 765 Abs. 1

    1. Der Sicherungsfall tritt bei der Bürgschaft auf erstes Anfordern mit einem formalisierten Zahlungsverlangen ein.
    2. Für ein formalisiertes Zahlungsverlangen genügt die vertragskonforme Behauptung des Gläubigers, der Hauptschuldner komme fälligen Zahlungsverpflichtungen nicht nach (Behauptung des materiellen Bürgschaftsfalls). Einer schlüssigen Darlegung der Hauptforderung bedarf es ebenso wenig wie der Klärung von Streitfragen zu deren Grund oder Höhe.
      Quelle: IBR

    Gutachtenauftrag fehlinterpretiert: Honorarsachverständiger befangen?

    OLG Karlsruhe, Beschluss vom 23.01.2023 – 19 W 64/22; ZPO § 42 Abs. 2, § 406 Abs. 1
    Unzulänglichkeiten oder Fehler des Gutachtens können dieses entwerten, rechtfertigen aber für sich allein nicht die Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit.
    Quelle: IBR

    Richter macht „kurzen Prozess“: Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit!

    OLG München, Beschluss vom 01.02.2023 – 7 W 16/23; ZPO § 42 Abs. 2, § 128 Abs. 2
    1. Die Besorgnis der Befangenheit ist begründet, wenn sich aufgrund der zu beanstandenden Vorgehensweise die Besorgnis einer sachwidrigen Benachteiligung einer Partei aufdrängt oder das Verfahren so wirkt, als trete an die Stelle der Bemühung um richtige Rechtsanwendung ein Akt richterlicher Willkür.
    2. Zwei schwerwiegende Verfahrensverstöße begründen bei vernünftiger Betrachtung die Besorgnis, dass der abgelehnte Richter kurzen Prozess machen und den Beklagten ohne Federlesens verurteilen wollte.
    Quelle: IBR

    Wann trägt der Auftraggeber das Genehmigungsrisiko?
    OLG Köln, Beschluss vom 01.09.2021 – 16 U 20/21; BGH, Beschluss vom 07.09.2022 – VII ZR 849/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB §§ 249, 280, 281, 633, 634 Nr. 4
    1. Ein Architekt, der sich zur Erstellung der Genehmigungsplanung verpflichtet, schuldet als Werkerfolg eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung. Etwas anderes gilt, wenn der Auftraggeber das Risiko Genehmigungsfähigkeit der Planung vertraglich übernommen hat.
    2. Eine vertragliche Risikoübernahme setzt voraus, dass der Architekt den Auftraggeber umfassend über die bestehenden Risiken aufklärt und belehrt und der Auftraggeber sich auf einen derartigen Risikoausschluss einlässt.
    3. Die Kenntnis des Genehmigungsrisikos allein bietet keine hinreichende Grundlage für die Annahme, dass der Auftraggeber dieses vertraglich übernommen hat.
    Quelle: IBR

    Nachtragsstreitigkeiten berechtigen nicht zur Arbeitseinstellung!

    OLG Stuttgart, Urteil vom 17.08.2021 – 10 U 423/20; BGH, Beschluss vom 01.06.2022 – VII ZR 826/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB §§ 273, 320; VOB/B § 1 Abs. 3, 4, § 2 Abs. 5, 6, § 5 Abs. 3, 4, § 8 Abs. 3, § 18 Abs. 5
    1. Die Parteien eines VOB/B-Vertrags sind zur Kooperation verpflichtet. Entstehen während der Vertragsdurchführung Meinungsverschiedenheiten über die Notwendigkeit oder die Art und Weise einer Vertragsanpassung, sind sie grundsätzlich gehalten, im Wege der Verhandlung eine Klärung und eine einvernehmliche Lösung zu versuchen.
    2. Ungeklärte Nachtragsforderungen berechtigen den Auftragnehmer nicht dazu, die Arbeiten einzustellen. Es ist dem Auftragnehmer zumutbar, die Nachtragsleistungen zu erbringen und deren Berechtigung – gegebenenfalls durch gerichtliche Überprüfung – abzuklären.
    Quelle: IBR

    Gemeinsame Stellungnahme zur geplanten Streichung des § 3 Abs. 7 Satz 2 VgV

    Der vom Bundeswirtschaftsministerium vorgelegte Entwurf zur Änderung des Vergaberechts wird zu einer erheblichen Zunahme europaweiter Ausschreibungen für Planungsleistungen von Bauprojekten führen: Mit der Folge, dass die dringend benötigte Dynamik der Planung und Abwicklung von Bauprojekten noch stärker ins Stocken gerät. Schon heute werden öffentliche Hand und die teilnehmenden Unternehmen durch die Formalien und den Aufwand bei europaweiten Vergabeverfahren unverhältnismäßig belastet. Dies wird sich durch die geplante Streichung des § 3 Abs. 7 Satz 2 der Vergaberechtsverordnung (VgV) zur Auftragswertberechnung von Planungsleistungen weiter fortsetzen. Aktuell geplante Bauvorhaben müssen auf die europarechtlichen Anforderungen angepasst werden. Dies wird zu weiteren Verzögerungen führen.
    Auch der Wettbewerb wird durch die geplante Änderung eingeschränkt werden. Für viele Mitgliedsbüros der Ingenieurkammern ist dies bereits heute Grund, an öffentlichen Vergabeverfahren nur noch zurückhaltend teilzunehmen. Der Rückzug der Ingenieurbüros von der öffentlichen Auftragsvergabe wird sich dadurch weiter verstärken. Dies hat weitreichende Konsequenzen für die Städte und Kommunen durch den ausbleibenden Wettbewerb. Appelle der planenden Berufe, sich an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu wenden und über diese Streitfrage Rechtssicherheit zu erlangen, blieben vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) jedoch ungehört. Dies stößt auf Unverständnis, da es gerade bei Planungsleistungen offenkundig keinen europäischen Anbietermarkt gibt. In einer gemeinsamen Stellungnahme wenden sich die Verbände heute erneut an die Bundesregierung, die Voraussetzung für die europaweite Ausschreibung nicht abzusenken.
    Dr.-Ing. Heinrich Bökamp, Präsident der Bundesingenieurkammer: „Durch das Nichthandeln geht ein gesunder und gut funktionierender Markt an Planungsleistungen für Städte und Kommunen unwiederbringlich verloren. Das deutsche Planungswesen wird von kleinen und mittleren Strukturen in der Region getragen. Ein flächendeckendes Planungswesen ist eine wichtige Säule für das beschleunigte Bauen und die Bau-, Energie- und Klimawende. Umso unverständlicher ist diese bewusste Inkaufnahme der strukturellen Verwerfungen durch den Gesetzgeber. Wir appellieren, schnellstmöglich mit allen geeigneten Maßnahmen gegenzusteuern, um einen Baustopp in vielen Bereichen zu vermeiden.“
    Quelle: BIngK

    Vorstrafe nicht offengelegt: Planungsvertrag anfechtbar!

    KG, Urteil vom 13.01.2023 – 21 U 50/22; BGB §§ 123, 142, 311 Abs. 2; BZRG § 53
    1. Zu den Voraussetzungen, unter denen ein Architekt oder Ingenieur bei Verhandlungen über den Abschluss eines Architektenvertrags die einschlägige Vorstrafe einer Person ungefragt offenbaren muss, die mit maßgeblichem Einfluss an der Vertragserfüllung mitwirken soll.
    2. In Verhandlungen über den Abschluss eines Architektenvertrags ist die frühere Verurteilung des Architekten zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe wegen Bestechlichkeit jedenfalls dann eine einschlägige Vorstrafe, wenn Leistungen der Leistungsphasen 7 und 8 gemäß HOAI Gegenstand des Architektenvertrags sein sollen.
    Quelle: IBR

    Planervertrag mit Kirchengemeinde unterliegt besonderen Formvorschriften!
    LG Berlin, Urteil vom 14.06.2022 – 34 O 469/20; BGB §§ 126, 631, 677, 812, 814; KiVVG §§ 18, 19
    1. Aus Gründen des öffentlichen Interesses an der Sicherung einer ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung hat die Beachtung bestehender Formvorschriften Vorrang vor dem Vertrauensschutz eines Architekten. Auf den Umstand, ob dem Architekten die einschlägigen Vorschriften bekannt sind, kommt es nicht an.
    2. Solange die Entscheidung über die Realisierung des Projekts innerhalb der (Kirchen-)Gemeinde nicht formgerecht gefallen ist, sind kostenauslösende Architektenleistungen bzw. Gespräche mit der Denkmalschutzbehörde oder dem Brandschutz nicht im Interesse des Bauherrn.
    3. Weiß der Architekt, dass der Handelnde nicht berechtigt war, ihn mündlich zu beauftragen, scheidet auch ein Bereicherungsanspruch aus.
    Quelle: IBR

    „Tariftreue“-Vergabegesetze: Haftung für Nachunternehmer versichert?

    Einige Bundesländer haben Vergabegesetze erlassen, die vom Bieter den Nachweis insbesondere der Einhaltung des Mindestlohns, aber auch anderer sozialer und ökologischer Kriterien verlangen. Aktuell sorgt das Saarländische “Tariftreue-und-Fairer-Lohn-Gesetz” (STFLG) für Irritationen. Besorgte Anfragen von UNIT-Kunden gab es zu § 7 des Gesetzes – dort heißt es: „Der Hauptauftrag-nehmer haftet für alle ihm zurechenbaren Vergehen der Nachunternehmer“.
    Demnach haben sich beauftragte Unternehmen, die mit Subauftragnehmern arbeiten, per formaler Erklärung zu verpflichten, die Erfüllung der genannten Pflichten durch die Nachunternehmen „sicherzustellen“ und dem Auftraggeber Tariftreueerklärungen der Subplaner vorzulegen. Was heißt das für den Berufshaftpflicht-Versicherungsschutz? Unsere Auffassung und die Kritik der Architektenkammer Saarland lesen Sie in der ausführlichen Version auf unita.de.
    Quelle: UNIT

    Drastische Preisreduzierung: Preisaufklärung zulässig!

    OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.07.2022 – 11 Verg 4/22; GWB § 97; VgV §§ 57, 60
    1. Die Durchführung einer Preisprüfung erfolgt vergabefehlerfrei, wenn das Angebot des Bieters 16 % vom nächsthöheren Angebot abweicht, weit unterhalb der Kostenschätzung des Auftraggebers liegt und der Bieter selbst den Preis seines ersten Angebots mit seinem finalen Angebot ganz erheblich (60 %) unterschreitet.
    2. Ob die Aufklärung zu einer zufriedenstellenden Erläuterung des Angebotspreises geführt hat, unterliegt dem Beurteilungsspielraum des Auftraggebers.
    Quelle: IBR

    Keine Hinzuverdienstgrenzen mehr bei Bezug einer vorzeitigen Altersrente

    Seit dem 1. Januar 2023 sind die Hinzuverdienstgrenzen für vorgezogene Altersrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung entfallen, nachdem sie während der Pandemie bereits angehoben worden waren. Auch „junge Rentner“ können damit ihre Rente durch einen Zusatzverdienst uneingeschränkt aufbessern – und so den Übergang in den Ruhestand flexibler gestalten. Für Unternehmen bietet das Chancen, ältere Fachkräfte länger an sich zu binden.
    Bei der praktischen Auswirkung auf die betriebliche Altersversorgung (bAV) sind noch Fragen offen. Viele Versorgungsberechtigte haben analog zu der gesetzlichen Regelung in § 6 BetrAVG einen Anspruch auf Betriebsrente erst dann, sobald sie die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Vollrente in Anspruch nehmen. Ein hoher Hinzuverdienst schloss bislang die Ansprüche auf vorgezogene Betriebsrente aus, was sich nunmehr ändern wird.
    Quelle: UNIT

    Darf der Architekt den Berechnungen „seines“ Tragwerksplaners vertrauen?

    OLG Karlsruhe, Urteil vom 22.11.2019 – 15 U 73/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen); BGB §§ 254, 278, 633, 634
    1. Sofern kein erkennbarer Anlass für eine Überprüfung besteht, darf der Architekt auf die Richtigkeit der statischen Berechnungen des Tragwerksplaners vertrauen. Den Objektplaner trifft keine fachspezifische Kontrollverpflichtung in Bezug auf das vom Sonderfachmann geschuldete und zu verantwortende Werk. Das gilt auch dann, wenn der Tragwerksplaner vom Architekten als Subplaner beauftragt wurde.
    2. Der Architekt ist allerdings verpflichtet, die statischen Berechnungen einzusehen und sich zu vergewissern, ob der Tragwerksplaner von den gegebenen tatsächlichen Verhältnissen ausgegangen ist. Nur insoweit ist der Architekt zu einer Plausibilitätsprüfung verpflichtet.
    3. Ein Tragwerksplaner, dessen Planung zahlreiche und gravierende Mängel aufweist und gegen allgemein anerkannte Regeln der Technik verstößt, kann gegenüber seinem Auftraggeber nicht geltend machen, diesen treffe ein Mitverschulden, weil er die Tragwerksplanung nicht überprüft und sich auf diese verlassen habe.
    uelle: IBR

    Kündigen will gelernt sein!

    OLG Stuttgart, Urteil vom 30.12.2020 – 10 U 202/20; BGH, Beschluss vom 12.01.2022 – VII ZR 78/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB § 323 Abs. 4; VOB/B § 5 Abs. 4, § 8 Abs. 3
    1. Ein Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten eines Drittunternehmers für die Fertigstellung des Bauvorhabens setzt voraus, dass der Auftraggeber entweder schriftlich die Kündigung erklärt oder zumindest konkludent zum Ausdruck gebracht hat, dass er den Vertrag beenden will. Auch die ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung des Auftragnehmers macht eine Kündigungserklärung nicht entbehrlich.
    2. Der Auftraggeber kann den Vertrag auch vor Eintritt der Fälligkeit/ des Verzugs kündigen, wenn feststeht, dass der Auftragnehmer seine Leistung bis zum vereinbarten Termin nicht fertigstellen wird bzw. kann.
    3. Eine Fristsetzung mit Androhung der Auftragsentziehung ist entbehrlich, wenn der Auftragnehmer das Erbringen seiner Leistung ernsthaft und endgültig verweigert.
    Quelle: IBR

    Wohnungsbau: Kabinett beschließt Änderung im Baugesetz

    Das Bundeskabinett hat am 14. Dezember 2022 einen Gesetzentwurf des Bundesbauministeriums zur Beschleunigung und Stärkung der Digitalisierung im Bauleitplanverfahren beschlossen. Verwaltungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen dadurch schneller werden. So können Bebauungspläne zukünftig im laufenden Prozess schneller überarbeitet werden, da bei einer Änderung nicht mehr der ganze Bebauungsplan aufgemacht werden muss. Hierfür sind Anpassungen des Baugesetzbuchs (BauGB) notwendig, um die rechtlichen Grundlagen zu schaffen.
    Folgende Neuerungen sind durch den Gesetzesentwurf u. a. geplant:
    Die Einführung des digitalen Beteiligungsverfahrens wird zum Regelverfahren für die Beteiligung der Öffentlichkeit und der Behörden. Die digitale Veröffentlichung wird zur Regel, die analoge Auslegung der Planungsunterlagen bleibt aber erhalten, um allen Teilen der Bevölkerung eine Beteiligung zu ermöglichen.
    Darüber hinaus wird das Verfahren bei einer erneuten Beteiligung von Öffentlichkeit und Behörden im Falle von Änderungen in den Planungsentwürfen gestrafft. Hierfür sieht der Gesetzentwurf eine Neufassung des § 4a Absatz 3 BauGB vor. Die bisherigen „Kann“-Regelungen werden in „Soll“-Regelungen geändert. Bei Planänderungen sollen erneute Stellungnahmen nur zu den geänderten oder ergänzten Teilen und deren Auswirkungen auf den Planentwurf eingeholt werden.
    Zudem wird die Frist für die Genehmigung bestimmter Bauleitpläne von drei Monaten auf einen Monat verkürzt. Das gilt für alle Flächennutzungspläne und für solche Bebauungspläne, die nicht aus einem Flächennutzungsplan entwickelt werden.
    Die Bundesingenieurkammer hat bereits Anfang Dezember 2022 gemeinsam mit weiteren Akteuren der Wertschöpfungskette Bau an die Bundesregierung appelliert, auf die alarmierenden Entwicklungen beim Wohnungsbau zu reagieren. Weitere ordnungspolitische Weichen zu stellen, war zudem Teil eines Maßnahmenkatalogs des Bündnisses für bezahlbaren Wohnraum. Durch verkürzte Planungs- und Genehmigungsprozesse soll nun der Wohnungsbau beschleunigt werden.
    Quelle: BIngK

    EuGH erklärt Teile der EU-Geldwäscherichtlinie für ungültig – mit möglicherweise weitreichenden Folgen für die Einsichtnahme in das Transparenzregister  

    In seinem Urteil vom 22.11.2022 erkannte der Gerichtshof (Große Kammer) auf einen Verstoß gegen die EU-Grundrechts-Charta. Der Urteilsspruch (verbundene Rechtssachen C-37/20 und C-601/20) hatte Teile der 5. EU-Geldwäscherichtlinie – Richtlinie (EU) 2018/843 – für ungültig erklärt. Er hat auch Auswirkungen auf die Einsichtnahme der Öffentlichkeit in das deutsche Transparenzregister gemäß den Bestimmungen des Geldwäschegesetzes (GwG): Das deutsche Transparenzregister hat Anträge von Interessenten auf Einsichtnahme bis auf weiteres ausgesetzt. Es wendet die entgegenstehende Vorschrift des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 GwG nicht an. Auf mitgliedstaatlicher Ebene haben sowohl Gerichte als auch Verwaltungsbehörden das Urteil umzusetzen. Daher sind auch andere EU-Mitgliedstaaten diesen Weg gegangen.
    Nach Auffassung des EuGH stellt die mehr oder weniger ungehinderte Einsichtnahme in Informationen über die wirtschaftlich Berechtigen von Unternehmen einen schwerwiegenden Eingriff in die EU-Grundrechte-Charta Grundrechte dar (hier das Recht auf Achtung des Privatlebens, Art. 7, und Recht auf Schutz personenbezogener Daten, Art. 8 der). Schließlich ermögliche die Einsichtnahme einer potenziell unbegrenzten Anzahl von Personen, sich über die materielle und finanzielle Situation eines wirtschaftlichen Eigentümers Kenntnis zu verschaffen. Außerdem sei der Schutz für die betroffenen Personen gegen eine mögliche missbräuchliche Verwendung der personenbezogenen Daten nicht ausreichend. Damit sei der Grundrechtseingriff nicht auf das absolut erforderliche Maß beschränkt und stehe außer Verhältnis zum verfolgten Ziel: der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.
    Möglicherweise geht man nun zur alten Rechtslage zurück, die einen Antrag auf Einsichtnahme an ein berechtigtes Interesse des Antragstellers geknüpft hatte. Derzeit informiert das Transparenzregister auf seiner Webseite über die Aussetzung der Anträge auf Einsichtnahme. Aus Sicht der wirtschaftlich Berechtigten ist die Entscheidung zu begrüßen. Laufende Anfragen von Banken im Rahmen einer Kontoeröffnung oder auch von Notaren, Rechtsanwälten, Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern oder sonstigen Verpflichteten i. S. d. Geldwäschegesetzes, sind aber nicht betroffen. Auch an der Verpflichtung von Unternehmen zur Mitteilung ihrer wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister ändert die Entscheidung nichts.
    Quelle: DIHK

    Auftragswertschätzung von Planerleistungen: HOAI ist kein Maßstab (mehr)!

    OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04.05.2022 – 15 Verg 1/22; VgV § 3 Abs. 3, § 76
    1. Da die HOAI kein verbindliches Preisrecht mehr enthält, darf der Auftraggeber das voraussichtliche Honorar auf einen Wert unterhalb des Basishonorars schätzen, wenn mit Preisangeboten unterhalb des Basishonorars gerechnet werden kann.
    2. Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Auftragswertschätzung durch den Auftraggeber, ist die Vergabekammer zur eigenständigen Wertermittlung berechtigt und verpflichtet. Dabei kommt den eingegangenen Angeboten entscheidende Bedeutung zu.
    Quelle: IBR

    Architekt verstößt gegen die Berufsordnung: Auftraggeber kann Planervertrag kündigen!

    OLG Stuttgart, Urteil vom 18.10.2022 – 10 U 99/22 (nicht rechtskräftig); ArchG-BW §§ 2, 6; BGB a. F. § 649; BGB §§ 314, 648
    1. Wer die Erfüllung des Architektenvertrags mit dem Argument verweigert, es sei kein Vertrag zu Stande gekommen, erklärt damit nicht zugleich die konkludente Kündigung.
    2. Wird der Geschäftsführer und „projektbetreuende Partner“ der mit Architektenleistungen beauftragten Planungsgesellschaft wegen schwerer Verstöße gegen gesetzliche Berufspflichten aus der Architektenliste zwangsweise gelöscht, kann dies die außerordentliche Kündigung des Architektenvertrags durch den Besteller rechtfertigen.
    Quelle: IBR

    Keine Kostenberechnung nach DIN 276: Honorarschlussrechnung ist trotzdem prüfbar!

    OLG München, Beschluss vom 22.05.2017 – 27 U 3936/16 Bau; BGH, Beschluss vom 05.10.2022 – VII ZR 140/17 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB §§ 126 a, 126 b, 242; HOAI 2009 § 7 Abs. 1, § 15
    Die Honorarschlussrechnung eines Architekten ist prüfbar, wenn sie nachprüfbare Angeben zu den einzelnen Kostengruppen enthält. Die Vorlage einer Kostenberechnung nach DIN 276 ist nicht zwingend erforderlich (Anschluss an BGH).
    Quelle: IBR

    Kann der Architekt als Urheber den Abriss des Gebäudes verhindern? Es kommt darauf an…

    LG Potsdam, Urteil vom 01.06.2022 – 2 O 133/20; UrhG § 14
    1. Der Urheber hat das Recht, eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung seines Werks zu verbieten, die geeignet ist, seine berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden. Die Werkvernichtung (hier: in Gestalt des Abrisses des Gebäudes) stellt eine gravierende andere Beeinträchtigung des Werks dar.
    2. Ob der Abriss eines Gebäudes geeignet ist, die berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen des Architekten an seinem Werk derart zu gefährden, dass er diese Beeinträchtigung verbieten kann, ist durch eine umfassende Abwägung der Interessen des Eigentümers einerseits und derjenigen des Architekten an der Integrität seines urheberpersönlichkeitsrechts andererseits zu ermitteln. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls.
    3. Auf Seiten des Urhebers ist dabei zu berücksichtigen, ob es sich bei dem betroffenen Werk um das einzige Vervielfältigungsstück handelt; ferner fällt ins Gewicht, welche Gestaltungshöhe das Werk aufweist und ob es sich um einen Gegenstand der zweckfreien Kunst handelt oder als angewandte Kunst einem Gebrauchszweck dient.
    4. Auf Seiten des Eigentümers fällt dabei, wenn ein Bauwerk betroffen ist, ins Gewicht, ob bautechnische Gründe oder das Interesse an einer Nutzungsänderung vorliegen. Bei Werken der Baukunst gehen die Interessen des Eigentümers an einer anderweitigen Nutzung oder Bebauung des Grundstücks oder Gebäudes den Interessen des Urhebers in der Regel vor.
    Quelle: IBR

    IPA: Projektversicherung Voraussetzung für komplexe Haftungsverteilung

    „Integrierte Projektabwicklung“ (IPA) sieht eine gemeinsame Verantwortung für die Zielerreichung vor – und für das damit verbundene wirtschaftliche Ergebnis aller Partner. Architekten und Ingenieure müssen jedoch darauf achten, dass die zugrunde liegenden Mehrparteienverträge keine Vergemeinschaftung der Haftung vorsehen, denn ihr Einfluss auf die Risiken der Bauphase ist gering. Der VBI hat jetzt mit der TU Berlin eine Studie zur IPA aus der Perspektive der Planerbranche erarbeitet, in der diese Sorge thematisiert und der „Notwendigkeit der weiterführenden Klärung von Haftungsfragen besondere Bedeutung beigemessen“ wird.
    Aus UNIT-Sicht muss eine auf das Projekt zugeschnittene gemeinsame Versicherung durch den Auftraggeber abgeschlossen werden, welche die Haftungspflichten aller IPA-Partner abdeckt und somit einen Schutzschirm für die Haftungsfälle bildet, die nicht innerhalb der vielfältigen Haftungs- und Risikoregelungen durch die IPA-Vertragspartner abgefangen werden können. Die Haftung der Planer sollte idealerweise auf diese Projektversicherung „gedeckelt“ werden, ein deren Deckung über-schreitender Schaden vom gemeinsamen „Risikotopf“ der IPA-Gemeinschaft getragen werden. Bei aktuellen IPA-Ausschreibungen beobachten wir allerdings, dass die Auftraggeber von den Bewerbern Bestätigungen ihrer Einzelversicherungen anfordern, ohne zu diesem Zeitpunkt Details zu Haftungsklauseln im IPA-Vertrag oder zur vorgesehenen Projektversicherung zu nennen. Gemäß VBI-Studie scheint es eine Eigenart von IPA-Projekten zu sein, dass die konkrete Zuteilung von Leistungen als „Bezugsgröße“ der Haftung einzelner IPA-Partner erst im Rahmen der Zielkostenfestlegung erfolgt oder im Verlauf des Projektes angepasst wird. Aber: das alles macht es für die Berufshaftpflichtversicherer der einzelnen Partner problematisch, Versicherungsschutz zu bestätigen. UNIT bemüht sich in solchen Situationen um eine Lösung, die aber vom Bedingungswerk der kombinierten Projektversicherung abhängt. Ein gutes Beispiel für ein Wording, das sich in der IPA-Projektpraxis bewährt hat, haben unsere Kollegen von Aon Construction entwickelt – von deren individueller Risikoprüfung und enger Projektbegleitung alle Beteiligten profitieren.
    Quelle: UNIT

    Überschreitung des Gutachtenauftrags ist nicht immer ein Befangenheitsgrund!

    OLG Frankfurt, Beschluss vom 28.04.2022 – 17 W 3/22; ZPO §§ 42, 406
    Nur offensichtliche Überschreitungen des Beweisthemas führen zur Befangenheit des Sachverständigen.
    Quelle: IBR

    Erwachen der Formvorschrift: § 7 Abs. 5 HOAI 2013 gilt für Altverträge!

    BGH, Urteil vom 02.06.2022 – VII ZR 12/21; HOAI 2013 § 7 Abs. 5
    § 7 Abs. 5 HOAI 2013 ist unbeschadet des Urteils des EuGH vom 04.07.2019.
    Quelle: IBR

    Erst ein Preisabstand von 20 % löst eine Aufklärungspflicht aus!

    VK Sachsen, Beschluss vom 25.05.2022 – 1/SVK/005-22; VgV § 60; VOB/A 2019 § 6 EU Abs. 3 Nr. 4, § 16d EU Abs. 1 Nr. 1
    1. Wann ein gewöhnlich niedriger Angebotspreis und mithin eine Aufklärungspflicht des öffentlichen Auftraggebers vorliegt, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Der öffentliche Auftraggeber ist verpflichtet, in die Prüfung der Preisbildung einzutreten, wenn der Abstand zwischen dem Angebot des bestplatzieren und dem Angebot des zweitplatzierten Bieters mindestens 20 % beträgt.
    2. Bezugspunkt für die Berechnung der prozentualen Abweichung der Angebote untereinander ist das nächsthöhere Angebot. Dieses wird mit 100 % angesetzt und ausgehend davon der Abstand zum günstigsten Angebot berechnet.
    3. Die Frage, ob ein Angebot als auskömmlich oder unauskömmlich zu bewerten ist, unterliegt einer durch die Vergabekammer nur eingeschränkt nachprüfbaren Prognoseentscheidung des Auftraggebers.
    Quelle: IBR

    DIN-Normen missachtende Bauarbeiten machen Baugenehmigung nicht rechtswidrig!

    OVG Saarland, Beschluss vom 25.01.2022 – 2 B 268/21; LBO-SL §§ 65, 73 Abs. 1, § 86a Abs. 5; VwGO §§ 80, 80a
    Sofern durch einschlägige technische Normen missachtende Bauarbeiten öffentlich-rechtliche Vorschriften verletzt werden, hat dies ebenso wenig wie eine von der Baugenehmigung abweichende Bauausführung Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der Genehmigung. Eine Nachbarrechtswidrigkeit der Baugenehmigung ist daher lediglich bei einer schon durch sie selbst als solcher begründeten Gefährdung der Standsicherheit von Nachbargebäuden oder der Tragfähigkeit des Baugrunds der Nachbargrundstücke anzunehmen.
    Quelle: IBR

    Prüfung der Vergütungsabrechnung: Einzelne Arbeitsabschnitte sind aufzuschlüsseln!

    OLG Hamm, Beschluss vom 08.08.2022 – 22 U 125/15; JVEG §§ 4, 8, 9
    1. Das Gericht ist gehalten, die vom Gerichtssachverständigen in Rechnung gestellte Vergütung einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen. Anlass zur Nachprüfung besteht insbesondere dann, wenn der angesetzte Zeitaufwand im Verhältnis zur erbrachten Leistung ungewöhnlich hoch erscheint.
    2. Um eine Prüfung der Vergütungsabrechnung zu ermöglichen, ist der Sachverständige verpflichtet, eine Aufschlüsselung der einzelnen Arbeitsabschnitte mit dem hierfür verbundenen Zeitaufwand vorzunehmen.
    3. Gibt das Gericht dem Sachverständigen im Rahmen der Prüfung der Vergütung auf, die mit den angesetzten Stunden verbundenen Arbeitsschritte näher zu konkretisieren, und kommt der Sachverständige dieser Auflage nicht nach, kann dies eine Kürzung der erstattungsfähigen Vergütung auf ein angemessenes Maß zur Folge haben.
    Quelle: IBR

    Vorgesetztes Treppenhaus ist abstandsflächenrechtlich privilegiert!

    OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.09.2021 – 2 B 916/21; BauO-NW § 6 Abs. 6
    1. „Vorbauten“ (nicht „untergeordnete Bauteile“) bleiben bei der Bemessung der Abstandsflächen außer Betracht.
    2. Zu den „Vorbauten“ gehören Erker, Balkone, Altane, Treppenräume und Aufzugsschächte.
    Quelle: IBR

    (Kleinere) Planungsmängel sind kein Grund für eine fristlose Kündigung!

    OLG Celle, Beschluss vom 14.05.2018 – 14 U 57/17; BGH, Beschluss vom 13.01.2021 – VII ZR 77/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB a.F. § 649 Satz 2; BGB §§ 314, 631, 633, 648; HOAI 2009 § 33 Abs. 3, § 34; NBauO § 5 Abs. 8
    1. Der Architekt ist nicht verpflichtet, das Gebäude so zu planen, dass sich die Oberkante des fertigen Fußbodens 45 bis 50 cm über dem Niveau des Gehwegs befindet, wenn die Parteien keine entsprechende Vereinbarung getroffen haben und keine dahingehende technische Notwendigkeit oder allgemeine Gepflogenheit besteht.
    2. Der Umstand, dass angeblich außergewöhnlich lange Fahrzeuge nur umständlich in der Garage abzustellen sind, begründet keine fehlerhafte Planungsleistung des Architekten. Denn auf den Wusch, auch solche Fahrzeuge in der Garage abstellen zu können, muss der Bauherr den Architekten gesondert hinweisen.
    3. Planungsmängel reichen in der Regel (noch) nicht für eine fristlose Kündigung aus. Eine Lösung des Auftraggebers vom Vertrag ist vielmehr erst zulässig, wenn der Architekt ausdrücklich auf die Folgen einer weiteren Nichterfüllung des Vertrags hingewiesen worden ist.
    Quelle: IBR

    Umbauzuschlag von 0 % ist zulässig!

    OLG Celle, Urteil vom 06.10.2021 – 14 U 39/21; HOAI 2009 § 35 Abs. 1 Satz 2; HOAI 2013 § 6 Abs. 2 Satz 4
    Eine schriftliche Vereinbarung, nach der zwischen den Parteien ein Umbauzuschlag von 0 % vereinbart worden ist, steht den Fiktionen von § 35 Abs. 1 Satz 2 HOAI 2009 und § 6 Abs. 2 Satz 4 HOAI 2013 nicht entgegen, so dass der Auftragnehmer auch nachträglich keinen weiteren Umbauzuschlag fordern kann.
    Quelle: IBR

    Bis zur Kündigung erbrachte Leistungen sind zu vergüten!

    OLG Brandenburg, Beschluss vom 17.08.2020 – 11 U 75/19; BGH, Beschluss vom 23.06.2021 – VII ZR 150/20 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB §§ 305c, 307, 631, 633, 634, 640; VOB/B § 2 Abs. 1, §§ 8, 11, 12, 13
    1. Der Auftragnehmer hat nach der Kündigung Anspruch auf Vergütung seiner erbrachten Leistungen. Bei einem Einheitsvertrag sind danach die ausgeführten Leistungen nach dem vertraglich zu Grunde gelegten Leistungsverzeichnis abzurechnen. Maßgeblich sind die bis zur Kündigung tatsächlich erbrachten Mengen.
    2. Mängel der Leistung stehen der Fälligkeit des Vergütungsanspruchs des Auftragnehmers nicht entgegen. Die Kündigung des Bauvertrags führt zu einem Abrechnungsverhältnis, mit dem der Auftraggeber seinerseits seine Gegenansprüche beziffern und geltend machen kann.
    3. In Allgemeinen Geschäftsbedingungen benachteiligt eine Regelung, die dem Auftraggeber die Geltendmachung einer Vertragsstrafe zu einem beliebigen Zeitpunkt gestattet, den Auftragnehmer unangemessen und unwirksam.
    Quelle: IBR

    (Noch) Akquise oder (schon) Ingenieurvertrag?

    OLG Köln, Urteil vom 11.05.2021 – 9 U 145/20; InsO § 26 Abs. 2; VVG § 115; ZPO §§ 882b, 882e
    1. Nach § 115 VVG hat der Geschädigte – der Bauherr – einen Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer des Architekten, wenn über das Vermögen des Architekten das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen wird.
    2. Die Abweisung des Eröffnungsantrags mangels Masse wirkt zeitlich nach, bei einer natürlichen Person jedoch nur befristet für drei Jahre. Danach besteht kein Direktanspruch mehr.
    Quelle: IBR

    Kein Vertrag, kein Honorar!

    OLG Celle, Urteil vom 13.01.2021 – 14 U 116/20 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen); BGB §§ 133, 157
    1. Der Abschluss eines Architektenvertrags setzt darauf bezogene, übereinstimmende Willenserklärungen voraus.
    2. Ein Vertragsschluss kann auch konkludent erfolgen oder durch Entgegennahme bestimmter Leistungen in Betracht kommen, wenn ein entsprechender Wille (hier: des vermeintlichen Auftraggebers) festgestellt werden kann.
    3. Für den Abschluss des Architektenvertrags ist der Architekt darlegungs- und beweispflichtig.
    Quelle: IBR

    Kostenermittlung des Fachplaners falsch:
    Ohne Schaden keine Haftung!

    OLG Hamm, Urteil vom 14.10.2019 – 17 U 78/18; BGH, Beschluss vom 09.06.2021 – VII ZR 256/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB § 280 Abs. 1, §§ 328, 631; HOAI 1996 § 73
    1. Die im Auftrag eines Generalunternehmers erstellte erste grobe Kostenschätzung eines Fachingenieurs entfaltet keine Schutzwirkung zu Gunsten des Bauherrn.
    2. Ein Fachingenieur ist verpflichtet, bezogen auf die von ihm bearbeiteten Anlagen oder Anlagengruppen an den unterschiedlichen Kostenermittlungen (Kostenschätzung, Kostenberechnung und Kostenanschlag) mitzuwirken.
    3. Ein Schadensersatzanspruch des Bauherrn wegen fehlender Mitwirkung an den unterschiedlichen Kostenermittlungen setzt voraus, dass ihm durch die Pflichtverletzung des Fachingenieurs ein kausaler Schaden entstanden ist (hier verneint).
    Quelle: IBR

    (Noch) Akquise oder (schon) Ingenieurvertrag?

    OLG Hamm, Urteil vom 14.10.2019 – 17 U 78/18; BGH, Beschluss vom 09.06.2021 – VII ZR 256/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB § 280 Abs. 1, § 631; HOAI 1996 § 73
    1. Zur Beantwortung der Frage, ob und unter welchen Umständen von einem schlüssigen Vertragsschluss zwischen dem Bauherrn und einem Fachingenieur auszugehen ist, sind die Grundsätze heranzuziehen, die im Architektenrecht zur Schwelle zwischen Akquisition und rechtsgeschäftlicher Beauftragung entwickelt worden sind. Erforderlich ist eine Einzelfallauslegung.
    2. Allein das Tätigwerden des Ingenieurs für den Bauherrn lässt noch keinen Schluss auf eine Beauftragung zu, selbst wenn bereits erhebliche Teilleistungen erbracht wurden. Initiell für eine Beauftragung spricht vielmehr die Verwertung der Ingenieurleistungen.
    3. Bei der reinen Entgegennahme von Ingenieurleistungen müssen diese zumindest so umfangreich sein, dass die Leistungsphasen 1 und 2 vollständig erbracht worden sind.
    4. Gegen eine Beauftragung spricht, wenn die Parteien eine schriftliche Auftragserteilung beabsichtigt haben.
    Quelle: IBR

    Architekt haftet nicht für Schäden durch nachträglich angelegte Wartungswege!

    OLG Celle, Urteil vom 01.09.2021 – 14 U 114/20; BGB §§ 280, 633, 634 Nr. 4, § 823
    Der Architekt haftet nicht für die Kosten der Sanierung eines Flachdaches, wenn das von ihm ausgeschriebene und verwendete Dämmmaterial die übliche Beschaffenheit aufweist, den anerkannten Regeln der Technik entspricht und die Schäden am Dach auf nachträglich und ohne Kenntnis des Architekten vom Auftraggeber als – nicht notwendige – Wartungswege verlegte Betonplatten zurückzuführen sind.
    Quelle: IBR

    Kein Vertrag, kein Honorar!

    OLG Hamm, Beschluss vom 31.05.2021 – 20 U 63/21; VVG §§ 19, 23, 26 Abs. 1 Satz 1, § 28 Abs. 3 Satz 1
    1. Einschlägige gesetzliche Sicherheitsvorschriften, insbesondere die Landesbauordnungen und die dazu erlassenen Ausführungsbestimmungen, die Brandschutzgesetze sowie die in verschiedenen Bundesländern bestehenden Feuerungsverordnungen enthaltenen Regelungen, die als gesetzliche Sicherheitsvorschriften in der Wohngebäudeversicherung einzustufen und zu beachten sind.
    2. Der Kausalitätsgegenbeweis scheitert nicht daran, dass eine Feuerungsanlage wegen der fehlenden Genehmigung überhaupt nicht hätte in Betrieb gesetzt werden dürfen.
    3. Steht fest, dass Eintritt und Umfang des Versicherungsfalls nichts mit der in der Obliegenheit vorausgesetzten Risikoerhöhung zu tun haben, ist der ursächliche Zusammenhang rechtlich nicht erheblich. Es fehlt dann am notwendigen Rechtswidrigkeitszusammenhang.
    4. Der Versicherungsnehmer muss im Rahmen des Kausalitätsgegenbeweises nur den Nachweis erbringen, dass der Schaden mit Sicherheit auch dann entstanden wäre, wenn alle Sicherheitsvorschriften beachtet worden wären.
    Quelle: IBR

    Abschluss eines „echten“ Stufenvertrags:
    Verjährungsfalle für den Auftraggeber!

    OLG Naumburg, Urteil vom 18.11.2021 – 2 U 155/20; BGB § 634a
    1. Beim „echten“ Stufen- oder Optionsvertrag werden nur die Leistungen der zunächst beauftragten Stufe(n) Vertragsbestandteil. Später beauftragte Stufen stellen einen eigenständigen Vertrag dar.
    2. Die Verjährungsfrist für Mängelansprüche wegen Planungs- und Überwachungsfehlern läuft für jede Stufe gesondert.
    Quelle: IBR

    Planungsauftrag wird vom Bürgermeister erteilt:
    Architektenhonorar nur mit schriftlichem Vertrag!

    OLG Hamm, Beschluss vom 26.08.2021 – 24 U 41/21; BGB §§ 164, 167, 632, 670, 683, 812; GO-NW §§ 1, 64 Abs. 1, 2, 4
    Fehlt es außerhalb von Geschäften der laufenden Verwaltung an einem schriftlichen Vertrag, kommt kein Vertragsverhältnis zu Stande. Erbringt der Architekt dennoch Leistungen, trägt er das Risiko, keine Vergütung zu erhalten.
    Quelle: IBR

    Wie ist ein unangemessen niedrig erscheinender Preis aufzuklären?

    VK Bund, Beschluss vom 15.11.2021 – VK 1-112/21; VOB/A 2019 § 16d EU
    1. Eine Aufklärung ist nicht zufriedenstellend, wenn sie trotz pflichtgemäßer Anstrengung des öffentlichen Auftraggebers keine gesicherte Tatsachengrundlage für die Feststellung bietet, das Angebot sei angemessen. Die Aufklärung betrifft neben rechnerischen Unklarheiten auch alle preisrelevanten inhaltlichen Aspekte des Angebots.
    2. Eine ordnungsgemäße Aufklärung nach erfolgter Vorlage der Unterlagen über die Preisermittlung erfordert zudem eine konkrete Auseinandersetzung mit den Angaben des Bieters im Sinn einer Überprüfung.
    Quelle: IBR

    Wann sind Brandschutzbestimmungen nachbarschützend?

    OVG Niedersachsen, Beschluss vom 17.11.2021 – 1 ME 34/21; NBauO § 3 Abs. 1, §§ 5, 14 Satz 1; NDSchG § 3 Abs: 3, § 8 Satz 1
    1. Brandschutzbestimmungen sind jedenfalls insoweit nachbarschützend, als sie auch dazu dienen, einer Brandausbreitung auf Nachbargebäude entgegenzuwirken. Ein nachbarschützender Charakter scheidet aber bei solchen brandschutzrechtlichen Vorschriften aus, die nur die Bewohner bzw. Benutzer des jeweiligen Gebäudes schützen sollen.
    2. Abstandsvorschriften dienen in Niedersachsen grundsätzlich nicht dem Brandschutz. Der Brandschutz wird im Bauordnungsrecht in speziellen Vorschriften geregelt.
    3. Verstößt der Anfechtende selbst gegen Grenzabstandsvorschriften, so kann er unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung an einer Geltendmachung von Grenzabstandsverletzungen gehindert sein.

    Quelle: IBR

    Ortsbezogene Erfahrung ist zulässiges Bewertungskriterium

    VK Berlin, Beschluss vom 18.08.2021 – VK B 1-15/21; GWB §§ 122, 160 Abs. 2; VgV § 42 Abs. 1
    Es ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden, wenn öffentliche Auftraggeber die Erfahrung des Bieters mit lokalem Recht in die Bewertung einfließen lassen.
    Quelle: IBR

    Ausschließliche Rendering-Leistungen sind freiberufliche Leistungen!

    FG Köln, Urteil vom 21.01.2021 – 9 K 2291/17; EstG § 15 Abs. 2, § 18 Abs. 1 Nr. 1
    Architekten und Ingenieure, die ausschließlich Rendering-Leistungen erbringen und bei der Entwicklung von Architekturprojekten in das Entwurfsstadium eingebunden werden, in dem sie mit Hilfe der Visualisierung am Entwurfsprojekt im Dialog mit den originär beauftragten Architekten gestalterisch planend beteiligt sind, sind freiberufliche und nicht gewerblich tätig.
    Quelle: IBR

    Bauliche Anlagen werden nicht „erweitert“!

    BVerwG, Beschluss vom 15.09.2021 – 4 B 16.21; BauGB § 29
    1. Die bauplanungsrechtliche Prüfung hat sich auf das „Vorhaben“ i.S.v. § 29 Abs. 1 BauGB zu beziehen. Dabei kann es sich um die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung einer baulichen Anlage handeln.
    2. Den Begriff der Erweiterung kennt das Gesetz nicht; er ist einer der genannten Vorhabenskategorien zuzuordnen. Denkbar ist, dass sich eine Erweiterung als Errichtung einer – weiteren – baulichen Anlage darstellt, wenn es sich um ein selbstständiges, abtrennbares Vorhaben handelt. In diesem Fall mag eine auf seine Zuverlässigkeit beschränkte Betrachtung geboten sein.
    Quelle: IBR

    Bauantrag ohne Vorlageberechtigung gestellt:
    Planer muss ins Gefängnis!

    AG Geldern, Strafbefehl vom 11.08.2021 – Cs 203 Js 98/21; BauKG-NW § 2; BauO-NW § 67; MarkenG §§ 143, 143a; StGB § 267; Unionsmarkenverordnung Art. 9
    1. Die unbefugte Verwendung des Logos der Architektenkammer im Bauantrag ist eine strafbare Kennzeichenverletzung.
    2. Die Einreichung eines Antrags auf Bauvorbescheid, der unter unbefugter Verwendung der Unterschrift und des Firmenstempels eines Bauvorlageberechtigen ohne dessen Einwilligung erstellt wurde, ist Urkundenfälschung.
    3. Hatte der Planer die Absicht, sich aus wiederholten Taten eine Einnahmequelle von gewisser Höhe und Dauer zu verschaffen, wird die gewerbsmäßige Begehung mit Freiheitsstrafe geahndet.
    Quelle: IBR Januar 2022

     SiGeKo-Kosten sind nicht umlagefähig!

    LG Bochum, Urteil vom 04.10.2021 – 2 O 80/21; BaustellenVO §§ 3, 4; BGB § 307 Abs. 1 Nr. 1
    Die Vereinbarung einer Umlage i. H. v. 0,5 % der Netto-Abrechnungssumme für die Bestellung eines Sicherheits- und Gesundheitskoordinators gemäß Baustellen-Verordnung benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen und ist unwirksam.
    Quelle: IBR Dezember 2021

     Errichtung  eines Tiny-Hauses ist genehmigungsbedürftig!

    OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.09.2021 – 2 S 23/21; BbgBO §§ 2, 79; VwVfG §§ 1, 28, 37, 45
    So genannte Tiny-Häuser sind bauliche Anlagen.
    Quelle: IBR Dezember 2021

    Kaminofen nicht förmlich abgenommen:
    Leistungsfreiheit im Brandfall?

    OLG Hamm, Beschluss vom 31.05.2021 – 20 U 63/21; VVG §§ 19, 23, 26 Abs. 1 Satz 1, § 28 Abs. 3 Satz 1
    1.
    Einschlägige gesetzliche Sicherheitsvorschriften, insbesondere die Landesbauordnungen und die dazu erlassenen Ausführungsbestimmungen, die Brandschutzgesetze sowie die in verschiedenen Bundesländern bestehenden Feuerungsverordnungen enthaltenen Regelungen, die als gesetzliche Sicherheitsvorschriften in der Wohngebäudeversicherung einzustufen und zu beachten sind.
    2. Der Kausalitätsgegenbeweis scheitert nicht daran, dass eine Feuerungsanlage wegen der fehlenden Genehmigung überhaupt nicht hätte in Betrieb gesetzt werden dürfen.
    3. Steht fest, dass Eintritt und Umfang des Versicherungsfalls nichts mit der in der Obliegenheit vorausgesetzten Risikoerhöhung zu tun haben, ist der ursächliche Zusammenhang rechtlich nicht erheblich. Es fehlt dann am notwendigen Rechtswidrigkeitszusammenhang.
    4. Der Versicherungsnehmer muss im Rahmen des Kausalitätsgegenbeweises nur den Nachweis erbringen, dass der Schaden mit Sicherheit auch dann entstanden wäre, wenn alle Sicherheitsvorschriften beachtet worden wären.
    Quelle: IBR Dezember 2021

    Mündlicher Bedenkenhinweis reicht aus!

    OLG Brandenburg, Urteil vom 29.07.2021 – 12 U 230/20; VOB/B § 4 Abs. 3
    1.
    Seiner Bedenkenhinweispflicht kommt der Auftragnehmer nur nach, wenn er die nachteiligen Folgen und die sich daraus ergebenden Gefahren der unzureichenden Vorgaben konkret darlegt, damit dem Auftraggeber die Tragweite der Nichtbefolgung hinreichend verdeutlicht wird.
    2. Der Bedenkenhinweis hat zwar nach § 4 Abs. 3 VOB/B schriftlich zu erfolgen. Das bedeutet aber nicht, dass ein mündlicher Hinweis unerheblich ist. Vielmehr reicht ein mündlicher Hinweis aus, wenn dieser eindeutig, inhaltlich klar, vollständig und erschöpfend ist.
    Quelle: IBR November 2021

    Rückforderung einzelner Teilzahlungen:
    Vorsicht Verjährungsfalle!

    KG, Urteil vom 15.12.2020 – 7 U 89/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen); BGB §§ 195, 199, 204; HOAI 2009 §§ 4, 15 Abs. 2
    1. Eine Teilschlussrechnung kommt im Anwendungsbereich der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) nur in Betracht, wenn die Parteien eine entsprechende Vereinbarung getroffen haben.
    2. Der Anspruch auf Rückzahlung überzahlten Architektenhonorars verjährt in der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorliegen.
    3. Bei den Rückforderungen geleisteter Zahlungen aus einzelnen Teilrechnungen handelt es sich um jeweils eigenständige Forderungen, für die jeweils eigenständige Verjährungsfristen gelten, so wie auch Abschlagsforderungen selbstständig verjähren.
    Quelle: IBR November 2021 

    Über Bedenken des Architekten hinweggesetzt:
    Auftraggeber trifft 50-prozentiges Mitverschulden!

    OLG Rostock, Urteil vom 10.04.2018 – 4 U 110/10; BGH, Beschluss vom 10.02.2021 – VII ZR 109/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB § 254 Abs. 1, § 278 Satz 1, §§ 633, 634
    Weist der planende Ingenieur den Auftraggeber schriftlich darauf hin, dass die im Vertrag vereinbarten Setzungsdifferenzen mit dem beauftragten Verdichtungssystem nicht realisierbar sind, und verbindet er mit den angezeigten Bedenken Vorschläge für zusätzlich notwendige Maßnahmen, trifft den Auftraggeber ein 50-prozentiges Mitverschulden, wenn er das Bauvorhaben unverändert fortführen lässt und es zu Schäden wegen Setzungen kommt.
    Quelle: IBR November 2021 

    Rückbau von Kaminzügen:
    Provisorische Ableitung muss überprüft werden!

    OLG Köln, Beschluss vom 01.07.2021 – 7 U 117/20; BGB §§ 280, 633, 634 Nr. 4, §§ 823, 830, 840
    1. Die Errichtung einer provisorischen Abgasleitung für ein Wohngebäude muss durch den Objektüberwacher überprüft werden. Schon wegen der mit den Arbeiten verbundenen Gefahren sind Kontrollen unverzichtbar, auch wenn es sich um 12 Kamine handelt.
    2. Dem Architekten obliegt eine primäre Verkehrssicherungspflicht, wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass der ausführende Unternehmer in dieser Hinsicht nicht sachkundig ist oder Gefahrenquellen bekannt bzw. erkennbar sind. Dies ist anzunehmen, wenn der Unternehmer den Kaminzug mit Mineralwolle verstopft.
    Quelle: IBR November 2021

    Planungsleistungen innerhalb von 6 Monaten in Rechnung stellen – sonst Vertrag nichtig?

    Stellt der Planer für seine Leistungen innerhalb von sechs Monaten keine Rechnung, so könnte der Planervertrag nachträglich nichtig werden. In diesem Sinne hat kürzlich das OLG Düsseldorf entschieden (Az. I-22 U 73/20) und den eingeklagten Honoraranspruch für Leistungen zur Objekt- und Tragwerksplanung unter Verweis auf das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz abgewiesen.
    UNIT-JUR.-Netzwerk-Mitglied für Steuerfragen, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Werner Häußler (Spitzweg PartGmbB) weist auf das Risiko der verzögerten Rechnungserstellung bei Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück hin. Schwarzarbeit liegt juristisch bereits dann vor, wenn jemand Werk- oder Dienstleistungen erbringt und seine sich daraus ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfüllt (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG). Gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz sind die Erbringer von steuerpflichtigen Werkleistungen verpflichtet, innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung auszustellen. Diese Verpflichtung soll dazu beitragen, „Ohne-Rechnung-Geschäfte“ einzudämmen. Unterbleibt diese Rechnungstellung, ist laut der Entscheidung des OLG von Schwarzarbeit und einer damit einhergehenden Nichtigkeit des Planervertrages auszugehen – mit der Folge, dass dem Planer keine Honoraransprüche zustehen. Werner Häußler empfiehlt daher, bei der Rechnungstellung den vom UStG geforderten Zeitraum von sechs Monaten möglichst einzuhalten. Im vorliegenden Fall war die Baugenehmigung bereits im Mai 2016 erteilt und die Ausführungsplanung im Juni 2016 fertiggestellt worden, entsprechende Rechnungen wurden aber erst im Juni 2017 erstellt.
    Hinweis UNIT: die Fallkonstellation ist insofern besonders, dass die durch eine langjährige Zusammenarbeit verbundenen Parteien keine schriftlichen Verträge abgeschlossen und undurchsichtige Absprachen über Verrechnungen getroffen hatten. Die beschriebene Nichtigkeit, die ja auch Gewährleistungsansprüche betreffen würde, lässt sich selbstverständlich nicht vorsätzlich herbeiführen.
    Quelle: UNIT Newsletter

    Gesamtschuld mit Fachplaner: Haftungsverschärfung für Architekten?

    In einem aktuellen Urteil des Oberlandesgerichts Saarbrücken (Az.: 2 U 39/20) sehen einzelne Fachmedien eine Haftungsverschärfung für bauüberwachende Architekten. Das OLG hatte entschieden, dass ein Architekt auch dann für Planungsmängel haftet, wenn diese auf ein mangelhaftes Brandschutzgutachten zurückzuführen sind, das durch einen vom Bauherrn beauftragten Brandschutzexperten erstellt wurde. Konsens in der Rechtsprechung ist, dass ein Architekt beim Einsatz von Sonderfachleuten nur für Fehler verantwortlich ist, die auf Grundlage des allgemein von Architekten zu erwartenden bautechnischen Wissens offensichtlich erkennbar sind.  Das OLG Saarbrücken erwartet allerdings dann ein „Mitdenken” von dem Architekten, „wenn die relevante bautechnische Frage zu seinem Wissensbereich gehört“, wie der Brandschutz zur konstruktiven Gebäudeplanung. Daher müsse der Architekt sich im Einzelfall vergewissern, ob der Sonderfachmann „entsprechend den örtlichen Gegebenheiten zutreffende bautechnische Vorgaben gemacht hat“. Darin können UNIT-Experten keine Verschärfung der gesamtschuldnerischen Haftung im Vergleich zur gängigen Rechtsprechung erkennen. In der Praxis ist diese Frage ohnehin idealerweise bloß eine Formalie für die gemeinsame Objektversicherung der Planer. Sollte für das Projekt keine bestehen, wird der Berufshaftpflichtversicherer des gesamtschuldnerisch in Haftung genommenen Architekten den jeweiligen Sonderfachmann in Regress nehmen, denn im Innenverhältnis dürfte dieser überwiegend für den Schaden verantwortlich sein. Nur wenn eine klare Regelung der Schnittstellen zu den Leistungsbereichen der Fachplaner im Architektenvertrag fehlt, droht ein langwieriger Rechtsstreit.
    Quelle: UNIT Newsletter

    Deutlich sichtbares Stufenelement muss nicht (zusätzlich) markiert werden!

    OLG Hamm, Urteil vom 09.04.2021 – 7 U 76/19; BGB § 823 –Abs. 1
    Eine rund 10 cm hohe Treppenstufe in einem 8,45 m langen Zuweg zu einem Hauseingang auf einem rund 13 cm hohen Absatz eines Mehrfamilienhauses begründet keine abhilfebedürftige Gefahrenstelle, wenn sich dies – wie hier – auch in der Morgendämmerung optisch deutlich durch ihre Ausgestaltung als ein sich über die gesamte Wegbreite erstreckendes Element von dem im Übrigen gepflasterten Weg absetzt.
    Quelle: IBR Oktober 2021

    My home is my castle: Architektenbesuch abgewehrt!

    BGH, Urteil vom 29.04.2021 – I ZR 193/20; BGB § 307 Abs. 1, 2; UrhG § 2 Abs. 1 Nr. 4, § 2 Abs. 2, § 25 Abs. 1
    Die in Musterverträgen zu Gunsten von Architekten verwendete Klausel „Der Auftragnehmer ist berechtigt – auch nach Beendigung dieses Vertrags -, das Bauwerk oder die bauliche Anlage in Abstimmung mit dem Auftraggeber zu betreten, um fotografische oder sonstige Aufnahmen zu fertigen.“ ist gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie bei der gebotenen objektiven Auslegung den Vertragspartner des Architekten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
    Quelle: IBR Oktober 2021

    Preisprüfung ist nachvollziehbar zu dokumentieren!

    VK Bund, Beschluss vom 22.07.21; SektVO §§ 8, 54 Abs. 3
    1. Die Pflicht zur Prüfung ungewöhnlich niedriger Preise soll nicht nur den Auftraggeber, sondern auch die übrigen Bieter schützen. Daraus folgt auch eine Pflicht des Auftraggebers, die Preisprüfung nachvollziehbar zu dokumentieren.
    2. Es ist nicht erforderlich, dass der Auftraggeber jede einzelne Preisdifferenz in allen Einzelpreisen zwischen Zuschlagsdestinatär und Vergleichsangebot aufklärt. Preisunterschiede liegen in der Natur des Wettbewerbs. Prüfungsmaßstab ist vielmehr, ob ein ungewöhnlich günstiges Angebot erwarten lässt, dass der Auftrag ordnungsgemäß durchgeführt werden wird.
    3. Auch Altverträge können im Rahmen der Preisprüfung herangezogen werden. Wichtig ist nur, dass eine Angleichung an die aktuelle Situation, so infolge Zeitablaufs oder teilweise anderer abgefragter Leistungen, stattfindet.
    Quelle: IBR Oktober 2021 

    Vollständige Dacherneuerung ist keine Instandhaltungsmaßnahme!

    VGH Bayern, Beschluss vom 28.06.2021 – 1 ZB 19.2067; BauGB § 29; BayBO Art. 55, 57
    1.
    Eine genehmigungsfreie Instandhaltung liegt nicht vor, wenn die Identität einer baulichen Anlage verändert wird. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn die Maßnahme praktisch einem Neubau gleichkommt.
    2. Die komplette Erneuerung des Daches (neuer Dachstuhl und neue Dacheindeckung) ist keine Instandhaltungsmaßnahme.
    Quelle: IBR Oktober 2021

    Mindestsätze der HOAI 1996/2002 unterschritten: Honorar muss „aufgestockt“ werden!

    OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.06.2021 – 5 U 222/19; AEUV Art. 49, 56; HOAI 1996/2002 § 4 Abs. 1

    1. Begehrt ein Architekt in Abkehr vom vereinbarten Pauschalhonorar die Aufstockung seiner Vergütung auf der Basis der Mindestsätze, ist § 4 Abs. 1 HOAI 1996/2002 anwendbar.
    2. Diese Regelung verstößt nicht gegen Art. 15 Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt (nachfolgende: Dienstleistungsrichtlinie), denn als die Umsetzungsfrist der Dienstleistungsrichtlinie am 28.12.2009 endete, war die HOAI 1996/2002 bereits durch die HOAI 2009 abgelöst.
    3. Der Geltung des § 4 Abs. 1 HOAI 1996/2002 steht vorliegend auch nicht das europäische Primärrecht in Form der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) oder der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) entgegen.
    4. Ein grenzüberschreitender Bezug ist hier nicht gegeben, weil beide Parteien Inländer sind, das Bauprojekt nicht öffentlich ausgeschrieben war und kein solches Ausmaß oder Prestige aufwies, dass es eine grenzüberschreitende Attraktivität gezeigt hätte.
    5. Stellt ein ausländischer Architekt fest, dass er sich einerseits mit günstigen Angeboten den Zugang zum deutschen Markt erschließen und andererseits „im Notfall“ doch auf ein Mindesthonorar zugreifen kann, hat dies keine Wirkung, die den Markteintritt behindert.
    6. Im Hinblick darauf, dass die HOAI 1996/2002 nicht mehr in Kraft ist, ist nicht ersichtlich, inwieweit Sachverhalte und Entscheidungen hierzu die Entscheidung beeinflussen können, ob sich ein Architekt aktuell in Deutschland niederlässt oder hier seine Dienstleistung erbringt.
    Quelle: IBR Oktober 2021

    Planungsmangel (noch) nicht im Bauwerk verkörpert: Architekt darf nachbessern!

    OLG Hamm, Beschluss vom 22.09.2020 – 21 U 92/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen); BGB §§ 280, 281, 633, 634 Nr. 4, § 636
    1. Wegen Mängeln seiner Planungs- oder Überwachungsleistungen, die sich bereits im Bauwerk realisiert haben, schuldet der Architekt Schadensersatz neben der Leistung und hat im Grundsatz kein Mängelbeseitigungsrecht.
    2. Macht der Auftraggeber geltend, wegen der Mängel der Planung (hier: bezüglich der Grundleitung) habe eine geänderte Planung erstellt werden müssen, die Kosten verursacht habe, geht es nicht um die Beseitigung vermeintlicher Mängel am Bauwerk, sondern an der dem Architekten in Auftrag gegebenen Planung.
    Quelle: IBR August 2021

    Gutachtenauftrag abgelehnt: Verhängung eines Ordnungsgelds zulässig?

    OLG Dresden, Beschluss vom 28.06.2021 – 4 W 411/21; ZPO §§ 387, 402, 404, 407, 408, 409
    Die Bestimmung von Ordnungsgeld gegen einen grundsätzlich zur Erstellung des angetragenen Gutachtens verpflichteten, die Erledigung dieses Gutachtenauftrags mit Verweis auf seine „zeitlichen Verpflichtungen“ ablehnenden Sachverständigen ist erst nach mit Beteiligung der Parteien durchgeführtem Zwischenstreit und den Fortbestand der gerichtlichen Auswahl dieses Sachverständigen rechtskräftig aussprechendem Zwischenurteil möglich.
    Quelle: IBR Oktober 2021

    Entschädigung trotz Befangenheit!?

    OLG Brandenburg, Beschluss vom 07.07.2021 – 11 W 23/21; JVEG §§ 4, 8a
    Die begründete Ablehnung eines Sachverständigen und die hierdurch bedingte Unverwertbarkeit seines Gutachtens führt nur dann zum Verlust seines Entschädigungsanspruchs, wenn dieser den Ablehnungsgrund verschuldet hat, wobei ihm grundsätzlich nur bei Vorsatz oder grob fahrlässigem Fehlverhalten ein Entschädigungsanspruch zu versagen ist.
    Quelle: IBR Oktober 2021 

    HOAI  ist auch zwischen Privaten nicht anwendbar!

    Generalanwalt beim EuGH, Schlussanträge vom 14.07.2021 – Rs. C-261/20; HOAI §§ 1, 7; Richtlinie 2006/123/EG Art. 2, 15
    Ein nationales Gericht, das mit einem Rechtsstreit zwischen Privatpersonen über einen Anspruch befasst ist, der auf eine nationale Regelung gestützt ist, die Mindestsätze für Dienstleistungserbringer in einer Weise festlegt, die gegen Art. 15 Abs. 1, 2 g und Art. 15 Abs. 3 Richtlinie 2006/123/EG verstößt, muss diese nationale Regelung unangewendet lassen. Diese Verpflichtung trifft das nationale Gericht gemäß
    – Art. 15 Abs. 2 g und Abs. 3 der Richtlinie 2006/123/EG als Bestimmungen zur Konkretisierung der sich aus Art. 49 AEUV ergebenden Niederlassungsfreiheit und
    – Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union.
    Quelle: IBR Oktober 2021 

    Schwarzarbeit ist kein Bauwerksmangel!

    BGH, Urteil vom 28.05.2021 – V ZR 24/20; BGB §§ 343, 111; SchwarzArbG § 1 Abs. 2
    1.
    Bezugspunkt der Arglist in § 444 BGB ist ein konkreter Mangel. Arglist liegt deshalb nur vor, wenn der Verkäufer diesen konkreten Mangel kennt oder zumindest im Sinn eines bedingten Vorsatzes für möglich hält und billigend in Kauf nimmt. Das schließt es aus, ein arglistiges Verschweigen von Mängeln gem. § 444 BGB durch den Verkäufer allein daraus abzuleiten, dass das Gebäude auf dem verkauften Grundstück teilweise unter Verstoß gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz errichtet worden ist.
    2. Für die Annahme von Arglist genügt es nicht, dass sich dem Verkäufer das Vorliegen aufklärungspflichtiger Tatsachen hätte aufdrängen müssen (Bestätigung von Senat, Urteil vom 12.04.2013 – V ZR 266/11).
    3. Ein Grundstück ist nicht allein deshalb mangelhaft, weil bei der Errichtung eines auf ihm stehenden Gebäudes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz verstoßen wurde.
    Quelle: IBR Oktober 2021

    Sechstes Änderungsgesetz der Bauordnung für Berlin

    Der Senat von Berlin hat in seiner Sitzung am 10.08.21 auf Vorlage Sebastian Scheel, Senator für Stadtentwicklung und Wohnen, den Entwurf des Sechsten Gesetzes zur Änderung der Bauordnung beschlossen.
    Der weiterhin hohe Bedarf an Wohnraum, die Förderung der Barrierefreiheit, der nachhaltige Umgang mit Baustoffen und der Klimaschutz sind wichtige Zukunftsthemen. Der Umgang mit diesen Herausforderungen soll künftig noch stärker in der Bauordnung für Berlin verankert werden. Das Bauordnungsrecht wird so seinen Teil zur Verbesserung des Stadtklimas und zum Erreichen der Berliner Klimaschutzziele beitragen.
    Die Änderungen der Bauordnung für Berlin betreffen unter anderem die Forderung nach einer stärkeren Begrünung von Grundstücken und Gebäuden. Der Entwurf sieht vor, dass ab dem 1. Januar 2024 ein Fünftel eines neu zu bebauenden Grundstücks zu begrünen ist, sollte dies nicht möglich sein, muss die Begrünung über die Fassade oder das Dach erfolgen. Neue Dächer mit einer Neigung von bis zu 10 Grad sind ab dann grundsätzlich zu begrünen.
    Ab dem 1. Januar 2025 müssen im Wohnungsneubau zwei Drittel der Wohnungen barrierefrei nutzbar sein. Auch die Barrierefreiheit bei Verwaltungs-, Gerichts- und Bürogebäuden wird erweitert. Zudem soll die Typengenehmigung in die Bauordnung für Berlin aufgenommen werden, um das serienmäßige Bauen, insbesondere beim Wohnungsneubau, zu erleichtern und zu beschleunigen. Darüber hinaus erfolgt eine weitere Anpassung an die Musterbauordnung und an die Brandenburgische Bauordnung.
    Quelle: Presse- u. Informationsamt des Landes Berlin

    Welche Folgen haben im Abnahmeprotokoll vorbehaltene Mängel?

    OLG Köln, Urteil vom 06.08.2020 – 24 U 29/16 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen); BG § 640; VOB/B § 12
    Die im Abnahmeprotokoll vorbehaltenen Mängel hindern den Eintritt der Fälligkeit der Forderung nicht, sondern begründen nur ein Zurückbehaltungsrecht. Der Vorbehalt bewirkt lediglich, dass der Auftragnehmer auch nach der Abnahme insoweit die Beweislast für die Mängelfreiheit trägt.
    Quelle: IBR August 2021

     Wer von nichts weiß, ist auch für nichts verantwortlich!

    LG Köln, Urteil vom 14.04.2021 – 16 U 118/20; BGB § 280 Abs. 1, § 634 Nr. 4, § 636
    1. Der Architekt haftet nicht, wenn für ihn mit seinem Fachwissen nicht erkennbar ist, dass Anordnungen des Prüfingenieurs zu Mängeln des Bauwerks führen.
    2. Es ist Sache des Bauherrn, den Architekten vom Prüftermin in Kenntnis zu setzen, um ihm eine zeitnahe Überprüfung der vom Prüfingenieur angeordneten Maßnahmen zur Mängelbeseitigung zu ermöglichen. Ist dies unterblieben, so haftet der Architekt nicht dafür, dass der Werkunternehmer die Anordnungen des Prüfingenieurs nicht umgesetzt und dem Architekten durch den Fortgang der Bauarbeiten eine zeitnahe Überprüfung im Rahmen der Bauüberwachung unmöglich gemacht hat.
    Quelle: IBR August 2021

    Bauoberleiter muss Bauleistungen und Baumaterialien überprüfen!

    OLG Naumburg, Urteil vom 26.03.2019 – 12 U 109/18; BGH, Beschluss vom 10.02.2021 – VII ZR 98/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen);
    BGB a. F. § 649; BGB § 254 Abs. 1, § 280 Abs. 1, § 281 Abs. 1, §§ 633, 634 Nr. 4, §§ 636, 648; HOAI 2002 § 4 Abs. 3, §§ 51, 55
    1. Wird ein Ingenieur mit der „Bauoberleitung“ beauftragt, muss er nicht nur die Arbeitsergebnisse der Bauunternehmen überprüfen, sondern auch angelieferte Baumaterialien, soweit etwaige Mängel nach deren Einbau nur mit großem Aufwand beseitigt werden können.
    2. Werden die örtliche Bauüberwachung und die Bauoberleitung getrennt vergeben, obliegt der Bauoberleitung auch die Aufsicht über die örtliche Bauüberwachung.
    Quelle: IBR August 2021

    Auf dem Weg ins Homeoffice gestürzt: Kein Arbeitsunfall!

    LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.11.2020 – L 17 U 487/19 (nicht rechtskräftig); SGB VII § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, 2
    1. Der unfallversicherte Arbeitsweg eines Beschäftigten beginnt erst mit dem Durchschreiten der Haustür des Gebäudes (Mehr- oder Einfamilienhaus), in dem sich die Wohnung des Versicherten befindet.
    2. Der Weg ins Arbeitszimmer ist kein versicherter Betriebsweg.
    Quelle: IBR August 2021

    Immobilienwertermittlungsverordnung tritt am 01.01.2022 in Kraft

    Die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) vom 14.07.2021 ist am 19.07.2021 im Bundesgesetzblatt (BGBl. I S. 2805) verkündet worden.
    Die neue, überarbeitete ImmoWertV 2021 fasst die wesentlichen Grundsätze der bisherigen sechs Richtlinien und Regelwerke zusammen und hat diese anwenderfreundlich ausgestaltet. Dabei sind kaum inhaltliche Änderungen gegenüber den bisher gültigen Vorgaben erfolgt.
    Die Bundesingenieurkammer hatte dazu im August 2020 eine Stellungnahme abgegeben:
    https://bingk.de/stellungnahmen/.
    Dier Verordnung tritt am 01.01.2022 in Kraft.
    Quelle: BIngK

    Maßnahmen und rechtliche Regelungen zum Schutz vor Radon in Gebäuden

    Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) hat einem Informationsschreiben und der Broschüre „Radon – Schutz vor einem unterschätzten Innenraumschadstoff“ auf Maßnahmen und rechtliche Regelungen zum Schutz von Radon aufmerksam gemacht. Dabei sind von Ingenieurinnen und Ingenieuren insbesondere in den festgelegten Radonvorsorgegebieten die nach dem Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) und der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) beschriebenen Maßnahmen zu beachten. Darüber wird auch im Deutschen Ingenieurblatt berichtet werden.
    Weitere Infos unter: www.bmu.de.
    Quelle: BIngK

    Bauvoranfrage abgelehnt: Widerspruch einzulegen, ist Anwaltssache

    BGH, Urteil vom 11.02.2021 – I ZR 227/19; ArchG-RP § 1 Abs. 5; BGB § 650p; HOAI §§ 3, 34; RDG § 2 Abs. 1, §§ 3, 5 Abs. 1; UKlaG § 2 Nr. 8, § 3 Abs. 1;
    UWG §§ 3, 8 Abs. 3 Nr. 2
    1. Das Einlegen des Widerspruchs gegen die Ablehnung des Antrags auf Bauvorbescheid und das Führen des Widerspruchsverfahrens sind erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistungen.
    2. Das Berufsrecht der Architekten enthält keine Erlaubnis i.S.d. § 3 RDG zur Erbringung dieser Rechtsdienstleistungen.
    3. Diese Rechtsdienstleistungen sind auch keine zum Berufs- und Tätigkeitsbild der Architekten gehörenden, erlaubten Nebenleistungen i.S.d. § 5 RDG.
    Quelle: IBR Mai 2021

     Muss ein Reihenhaus für sich allein standsicher sein?

    OLG Karlsruhe, Urteil vom 26.01.2018 – 14 U 9/14; BGH, Beschluss vom 04.11.2020 – VII ZR 37/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen);
    BGB §§ 280, 281, 633 Abs. 1 Satz 1, § 634 Nr. 4; LBO-BW § 13 Abs. 1
    1. Der Tragwerksplaner schuldet eine dauerhaft genehmigungsfähige Planung. Sind bestandskräftig gewordene Baugenehmigungen erteilt worden, kann dem Tragwerksplaner nicht vorgeworfen werden, dass er seine Pflicht zur Erstellung einer dauerhaft genehmigungsfähigen Planung verletzt hat.
    2. Stehen aneinander gebaute Reihenhäuser auf ein und demselben Grundstück im grundbuchrechtlichen Sinn, müssen die einzelnen Gebäude weder für sich allein standsicher sein, noch hängt die Verwendung gemeinsamer, für die Standsicherheit erforderlicher Bauteile davon ab, dass technisch gesichert ist, dass die gemeinsamen Bauteile beim Abbruch einer der aneinanderstoßenden beiden Anlagen stehen bleiben können.
    3. Durch eine Vereinigungsbaulast wird erreicht, dass zwei oder mehrere Buchgrundstücke rechtlich so gestellt werden, als wären sie ein einheitliches Grundstück. Auch in diesem Fall bedarf es keiner weiteren technischen Sicherung dafür, dass die gemeinsamen, für die Standsicherheit erforderlichen Bauteile beim Abbruch einer der Anlagen stehen bleiben können.
    Quelle: IBR Mai 2021

     Tragwerksplaner muss erforderliche Lasten zusammenstellen!

    OLG Stuttgart, Urteil vom 26.11.2019 – 12 U 24/19; BGH, Beschluss vom 29.07.2020 – VII ZR 284/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen);
    BGB §§ 254, 280, 633, 634 Ziff. 4

    1. Es ist die originäre Aufgabe des Tragwerksplaners, die für eine statische Berechnung erforderlichen Lasten zusammenzustellen.
    2. Ist ein Kamin mit einer Betonplatte vorgesehen, muss der Tragwerksplaner nachfragen, um welchen Kamin es sich handeln soll, du die Angaben in der statischen Berechnung berücksichtigen.
    3. Es stellt kein Mitverschulden des Auftraggebers dar, dass der beauftragte Architekt dem Tragwerksplaner die lasten nicht mitteilt.
      Quelle: IBR Mai 2021

     Nicht alle Planungsleistungen sind bei der Auftragswertermittlung zu berücksichtigen!

    OLG Schleswig, Beschluss vom 28.01.2021 – 54 Verg 6/20; VgV § 3 Abs. 6, 7
    1. Bei der Schätzung des Auftragswerts sind nach § 3 Abs. 7 VgV die Kosten aller Bauleistungen zu berücksichtigen. Dabei sind aber Bauherrenkosten wie Kosten für die Projektplanung, sonstige Nebenkosten wie die Kosten für Rechtsberatung und Kosten für Planungsleistungen, die allein im Interesse des Bauherrn erbracht werden, nicht heranzuziehen.
    2. Auch die Leistungen der Leistungsphasen 6 bis 9 nach der HOAI (Vorbereitung der Vergabe, Mitwirkung an der Vergabe, Bauüberwachung und Objektbetreuung) sind nicht für die Ausführung der Bauleistungen erforderlich und werden den Auftragnehmern nicht zur Verfügung gestellt. Die dafür anfallenden Kosten sind für die Schätzung des Auftragswerts der Bauleistungen ebenfalls nicht heranzuziehen.
    IBR Juni 2021

     Unzulässige Rechtsberatung durch Architektin

    RDG §§ 3, 5; BGH Urteil v. 11.02.2021 – 1 ZR 227/19
    1. Die Vertretung der Grundstückseigentümer in einem Widerspruchsverfahren gegen die abschlägige Bescheidung einer Bauvoranfrage und die Geltendmachung von mit dem Widerspruchsverfahren zusammenhängenden Kostenerstattungsansprüchen durch eine Architektin stellen keine nach §§ 3, 5 I RDG erlaubten Rechtsdienstleistungen dar, die als Nebenleistungen zum Berufs- oder Tätigkeitsbild der Architektin gehören.
    2. Mit der in § 1 V 5 Architektengesetz Rheinland-Pfalz aufgeführten „Vertretung“ die auch in den Architektengesetzen anderer Bundesländer in den für die Berufsaufgaben maßgeblichen Bestimmungen vergleichbar vorgesehen ist, wird keine Vertretung in rechtlichen Angelegenheiten gegenüber Behörden angesprochen.
    3. Auch der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure lässt sich keine Rechtsdienstleistungsbefugnis außerhalb des RDG entnehmen, da sie keine hinreichend konkreten Regelungen enthält, die Rechtsdienstleistungen gestatten.
    Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt KG

    Keine Vergütung für die Beantwortung von Rechtsfragen!

    LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 08.03.2021 – L 7 KO 7/18; JVEG §§ 8, 8a, 9; ZPO §§ 407a, 408
    Wird der Sachverständige gerichtlich zu Gegebenheiten befragt, die er als nicht streitig erkennen kann, bzw. werden ihm nur Rechtsfragen angetragen, muss er die Arbeit ablehnen; äußert er sich stattdessen gutachterlich, erhält er keine Vergütung.
    Quelle: IBR Juni 2021

    Sachverständiger befangen: Auch für ein mangelfreies Gutachten gibt es keine Vergütung!

    LG Düsseldorf, Beschluss vom 02.03.2021 – 7 O 95/17; JVEG § 4 Abs. 1 Satz 2, § 8a Abs. 1, 2 Satz 1
    1. Eine begründete Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit und die hierdurch bedingte Unverwertbarkeit des Gutachtens führen nur dann zum Entfall des Vergütungs- oder Entschädigungsanspruchs des Sachverständigen, wenn dieser den Ablehnungsgrund vorsätzlich oder grob fahrlässig verschuldet hat.
    2. Der durch seine Formulierungen verursachte Anschein der Parteilichkeit macht das Gutachten unbrauchbar, auch wenn es sachlich tatsächlich ohne Mängel ist.
    Quelle: IBR Juni 2021

    Kann ein VOB-Vertrag wegen Mängeln oder Verzugs auch fristlos gekündigt werden?

    OLG Stuttgart, Urteil vom 19.09.2017 – 10 U 48/15; BGH, Beschluss vom 15.04.2020 – VII ZR 241/17 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB a. F. § 649; BGB §§ 314, 648a; VOB/B § 5 Abs. 3, 4, § 8 Abs. 3 Nr. 1
    1. Auch ein VOB-Vertrag kann aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden. Zur fristlosten Kündigung kann vor allem eine schuldhaft begangene Vertragsverletzung des Auftragnehmers berechtigen. Unerheblich ist dabei, ob es sich um die Verletzung einer Haupt- oder Nebenpflicht handelt.
    2. Die Schutzmechanismen von § 4 Abs. 7, 8 und § 5 Abs. 4 VOB/B dürfen durch eine außerordentliche Kündigung nicht umgangen werden. Stützt sich der Vertrauensverlust des Auftraggebers auf mangelhafte oder zögerliche Arbeiten des Auftragnehmers, hat der Kündigung deshalb grundsätzlich eine Fristsetzung mit Kündigungsandrohung vorauszugehen.
    3. Eine Fristsetzung mit Kündigungsandrohung ist entbehrlich, wenn sie eine reine Förmelei wäre.
    Quelle: IBR Juni 2021

    Aus der Architektenversorgung gibt es kein Entkommen

    VG Lüneburg, Urteil vom 10.02.2021 – 5 A 284/18; GG Art. 2, 12 Abs. 1; SGB VI §§ 5, 6
    Dass ein angestellter Architekt nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist, führt nicht zu einem Anspruch auf Befreiung von der Mitgliedschaft im berufsständischen Versorgungswerk.
    Quelle: IBR Juni 2021

    Auftragnehmer kann oder will nicht leisten: Auftraggeber darf fristlos kündigen!

    OLG Celle, Urteil vom 26.09.2019 – 5 U 40/19; BGH, Beschluss vom 02.12.2020 – VII ZR 231/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB §§ 631, 649; VOB/B § 8 Abs. 1, 3
    Ein Bauvertrag kann vom Auftraggeber fristlos gekündigt werden, wenn der Auftragnehmer nicht willens oder nicht in der Lage ist, die Leistung vertragsgemäß auszuführen.
    Quelle: IBR Juni 2021

    EuGH-Urteil gilt nicht für die HOAI 1996!

    OLG Hamm, Beschluss vom 16.03.2021 – 24 U 101/20; EUV Art. 4 Abs. 3 Satz 3, Art. 288 Abs. 3; HOAI 1996 § 4
    Das Urteil des EuGH vom 04.07.2019 betrifft keine Sachverhalte, auf die die HOAI 1996 Anwendung findet.
    Quelle: IBR Juni 2021

    Sachverständiger darf sich zuarbeiten lassen!

    OLG Dresden, Beschluss vom 07.01.2021 – 4 U 1725/20; ZPO § 407a
    Dass der gerichtlich bestellte Sachverständige sich den Entwurf eines Gutachtens durch einen Dritten zuarbeiten lässt, verstößt nicht gegen seine Pflicht zur persönlichen Gutachtenerstattung, wenn er sich diesen Entwurf erkennbar zu eigen macht und dies gegenüber dem Gericht nach außen dokumentiert.
    Quelle: IBR 4/2021

    Eine „weiße Wanne“ ist ein wasserundurchlässiges Bauteil!

    OLG München, Urteil vom 10.12.2019 – 9 U 4413/18 Bau; BGH, Beschluss vom 07.10.2020 – VII ZR 1/20 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); AGB-Gesetz § 6 Abs. 2, § 9 Abs. 1; BGB §§ 280, 633, 634 Nr. 4; VOB/B § 13 Abs. 1, 5 Nr. 1, § 17
    1. Wird für wasserdurchlässige Bauteile eine 10-jährige Gewährleistungsfrist und im Übrigen eine Gewährleistungsfrist von fünf Jahren vereinbart, verjähren Ansprüche wegen Mängeln an einer „weißen Wanne“ innerhalb von fünf Jahren ab Abnahme, weil es sich bei einer weißen Wanne um ein wasserundurchlässiges Bauteil handelt.
    2. Ein Mangel wird ausreichend bezeichnet, wenn der Aufraggeber die Symptome des Mangels benennt. In diesem Fall sind alle Ursachen für die bezeichneten Symptome von der Mängelrüge erfasst. Dies gilt auch, wenn die angegebenen Symptome des Mangels nur an einigen Stellen aufgetreten sind.
    3. Wird der „erneute Eintritt von Grundwasser im Bereich einiger verpresster Risse“ gerügt, erfasst diese Mängelrüge nicht den Mangel einer unzureichenden Betondeckung.
    Quelle: IBR 3/2021

    Laubengang als zweiter Rettungsweg ist dauerhaft freizuhalten!

    OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.11.2020 – 7 B 1499/20; BauO-NW § 61 Abs. 1 Satz 2
    1. Ein zweiter Rettungsweg muss auch im Brandfall funktionsfähig bleiben.
    2. Hierzu gehört auch bei einer Rettungswegführung über einen offenen Laubengang, dass bei einem Brand entstehender Rauch abgeführt werden kann.
    Quelle: IBR 4/2021

    Schimmelbelastung von 10.000 KBE/g: Neubau mangelhaft!

    OLG München, Urteil vom 30.01.2018 – 28 U 105/17 Bau; BGH, Beschluss vom 21.10.2020 – VII ZR 58/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB § 280 Abs. 1, §§ 633, 634 Nr. 2, § 637 Abs. 3, § 640; VOB/B § 4 Abs. 7, § 8 Abs. 3
    1. Der Auftragnehmer trägt vor der Abnahme die Beweislast dafür, dass seine Werkleistung frei von Feuchtigkeits- und Schimmelschäden ist.
    2. Liegen Feuchtigkeits- und Schimmelschäden in einem Neubau vor, hat der Auftraggeber Anspruch auf vollständige Sanierung aller Räumlichkeiten, auch derjenigen, in denen bei einer Teilsanierung technische Unsicherheiten bleiben würden. Denn Zweifel an der Vollständigkeit der Sanierungsarbeiten gehen zu Lasten des Auftragnehmers.
    3. Aufgrund unterschiedlicher wissenschaftlicher Auffassungen, ob der Grenzwerkt von 10.000 KBE/g für eine relevante Schimmelpilzbelastung überschritten werden darf oder nicht, führt die den Auftragnehmer vor Abnahme treffende Beweislast dazu, dass die Überschreitung eines solchen Werts zur Mangelhaftigkeit der Leistung führt.
    Quelle: IBR 4/2021

    Wer sein Geld will, muss „Fleisch an den Knochen bringen“!

    OLG Brandenburg, Beschluss vom 05.01.2021 – 12 W 28/20; BGB §§ 145, 147, 631, 650g Abs. 4; HOAI 2013 § 15
    Macht der Architekt klageweise sein Honorar geltend, hat er darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen,
    a) wer sein Vertragspartner ist,
    b) welche Leistungen sein Auftrag umfasst und
    c) welche Vergütung hierfür vereinbart wurde.
    Quelle: IBR 4/2021

    Wie werden Erdbauarbeiten prüfbar abgerechnet?

    OLG München, Beschluss vom 15.07.2019 – 9 U 1957/18 Bau; BGH, Beschluss vom 20.04.2020 – VII ZR 173/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB § 631; VOB/B §§ 14, 16
    1. Wird bei einem BGB-Bauvertrag vereinbart, dass nach der Ausführung der Leistung ein Aufmaß zu nehmen ist, muss das Aufmaß prüfbar sein.
    2. Die Schlussrechnung des Auftragnehmers ist prüfbar, wenn die Aufmaßpläne detailliert bemaßt sind, sie alle für eine Prüfung notwendigen Informationen enthält und für angelieferte Materialien  die Lieferscheine beigefügt sind. 3. Auch ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Schäden an Gebäuden kann Erdaushub berechnen und als Sachverständiger für Massenberechnungen eingesetzt werden.
    Quelle: IBR 4/2021

    Neue HOAI als Richtschnur nutzen

    Private Bauherren, die künftig einen Architekten oder Ingenieurbeauftragen, stehen vor einer neuen Herausforderung: Seit Inkrafttreten der angepassten Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) am 01.01.2021 werden die Honorare von der Verordnung erfassten Leistungen, die so genannten Grundleistungen, frei zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer verhandelt. Ganz alleine gelassen werden Bauherren damit nicht: Die neue HOAI enthält Empfehlungen. Der Verband Privater Bauherren (VPB) rät Verbrauchern, diese als Richtschnur zu nutzen und mehrere Architekten anzufragen, um vom freien Preiswettbewerb profitieren zu können.
    Das Honorar richtet sich nun grundsätzlich nach der Vereinbarung, welche die Vertragsparteien treffen (§ 7 Abs. 1 Satz 1 HOAI). Anders als bisher muss es sich nicht zwingend im Rahmen von verbindlichen Mindest- und Höchstsätzen bewegen, sondern ist vielmehr frei verhandelbar.
    Dabei sind unterschiedliche Herangehensweisen möglich. Als Grundlage für die Berechnung des Honorars können zum einen die Regelungen der HOAI vertraglich vereinbart werden. Dabei werden die in der Verordnung enthaltenen unverbindlichen Regelungen zu den anrechenbaren Kosten, der Honorarzone, den Honorartafeln und die Honoraranteile für Teile der beauftragten Architektenleistung herangezogen. Das Berechnungssystem der HOAI selbst ist nämlich unverändert geblieben. Denkbar ist darüber hinaus eine vertragliche Vereinbarung, welche die Regeln der HOAI nur für einzelne Bestandteile zu Grunde legt. Und schließlich können die Vertragsparteien auch vollständig von der HOAI abweichen und pauschal oder aufwandsbezogene Honorare vereinbaren, die unter, zwischen oder über dem von der HOAI früher zwingend vorgegebenen Rahmen liegen.
    Quelle: IBR Februar 2021

    Fertigstellung ≠Mangelfreiheit!

    OLG Düsseldorf, Urteil vom 07.12.2017 – 5 U 124/16; BGH, Beschluss vom 17.06.2020 – VII ZR 294/17 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); VOB/B § 11
    Die Verwendung des Begriffs „Fertigstellung“ in einer Vertragsstrafenklausel bedeutet nicht, dass die Leistung mangelfrei zu sein hat, sondern lediglich, dass das Werk abnahmereif sein muss.
    Quelle: IBR Februar 2021

    Wer genau nach den Plänen baut, baut immer noch nicht mangelfrei!

    OLG Nürnberg, Beschluss vom 28.10.2019 – 6U 1114/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen); BGB §§ 633, 634, 635
    1. Auch vor Abnahme richtet sich der Erfüllungsanspruch auf die Herstellung eines mangelfreien Bauwerks.
    2. Die Übereinstimmung der tatsächlichen Ausführung mit den genehmigten Plänen entbindet den Bauträger nicht von seiner Verpflichtung, ein mangelfreies und funktionstaugliches Werk herzustellen. Ist dies mit den genehmigten Plänen nicht möglich, bedarf es einer Planänderung.
    3. Der Erwerber muss sich nicht auf unbestimmte Zeit mit einem Provisorium zufriedengeben. Er hat Anspruch auf Erfüllung, d. h. auf Herstellung einer mangelfreien Bauleistung.
    4. Grundsätzlich legt der Bauträger fest, wie er einen Mangel beseitigt. Etwas anderes gilt, wenn nur eine Möglichkeit der Nacherfüllung besteht.
    Quelle: IBR Februar 2021

    Zwei mögliche Auftraggeber: Kein Honorar trotz verwerteter Architektenleistungen!

    KG, Urteil vom 20.10.2017 – 21 U 84/16; BGH, Beschluss vom 20.04.2020 – VII ZR 137/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB §§ 145, 147, 151 Satz 1, § 631; HGB § 362 Abs. 1; HOAI 2009 § 15 Abs. 1, § 53
    1. Erbringt ein Architekt Planungsleistungen, muss er im Streitfall darlegen und beweisen, dass der von ihm auf Zahlung von Honorar in Anspruch genommene Bauherr auch sein Vertragspartner ist.
    2. Für die Erteilung eines Auftrags spricht in der Regel die Verwertung der Architektenleistungen. Das genügt jedoch nicht immer. Entscheidend ist eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls.
    Quelle: IBR Februar 2021

    Anrechnung  mitverarbeiteter Bausubstanz: Vereinbarter Betrag gilt für alle Leistungsphasen!

    OLG München, Beschluss vom 20.09.2019 – 28 U 2914/17; BGH, Beschluss vom 02.07.2020 – VII ZR 223/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB §§ 242, 280 Abs. 1, §§ 422, 631 Abs. 1, §§ 633, 634 Nr. 4, § 641 Abs. 3; HOAI 2002 §§ 4, 10 Abs. 3a
    1. Vorhandene Bausubstanz, die technisch oder gestalterisch mitverarbeitet wird, ist nach § 30  Abs. 3a HOAI 2002 bei den anrechenbaren Kosten angemessen zu berücksichtigen; der Umfang der Anrechnung bedarf der schriftlichen Vereinbarung.
    2. Eine Vereinbarung auf einen bestimmten Betrag kann nicht auf einzelne Leistungsphasen  aufgeteilt werden. Vielmehr gilt der vereinbarte Betrag für alle Leistungsphasen.
    Quelle: IBR Februar 2021

    Rückwirkend abgeschlossene Versicherung zählt nicht!

    OVG Thüringen, Beschluss vom 20.10.2020 – 3 ZKO 547/20; ThürArchIngKG § 6 Abs. 2, § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, § 33
    1 Die Entscheidung einer Architektenkammer, einen Architekten aus der Architektenliste zu löschen, ist ein rechtsgestaltender Verwaltungsakt. Für die gerichtliche Kontrolle solcher Verwaltungsakte ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich.
    2. Weist ein Architekt zu diesem Zeitpunkt  die gesetzlich zwingend vorgeschriebene Berufshaftpflichtversicherung nicht nach, kann er aus der Architektenliste gelöscht werden. Unerheblich ist, ob der Architekt zu einem späteren Zeitpunkt eine rückwirkende Versicherung abgeschlossen hat.
    Quelle: IBR Februar 2021

    Abstandsflächen eingehalten: Rücksichtnahmegebot beachtet!

    OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.12.2020 – 7 B 1616/20; BauNVO § 15; BauO-NW § 6
    1. Aus Sicht des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots sind Verschattungseffekte regelmäßig hinzunehmen, wenn die landesrechtlichen Abstandsflächen eingehalten sind, die gerade darauf abzielen, eine ausreichende Belüftung und Besonnung von Nachbargrundstücken sicherstellen.
    2. Werden die bauordnungsrechtlich vorgeschriebenen Abstandsflächen gegenüber einem Grundstück mit einem mit einer Photovoltaikanlage ausgerüsteten Gebäude eingehalten, ist deshalb auch eine vorhabenbedingte teilweise Verschattung der Anlage grundsätzlich nicht als Vorstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme zu werten.
    Quelle: IBR Februar 2021

    Muss eine Wärmepumpe Abstandsflächen einhalten?

    VG Mainz, Urteil vom 30.09.2020 – 3 K 750/19; LBO-RP § 8
    Eine Luftwärmepumpe mit einer Höhe von ca. 1,3 m und einer Länge von 0,9 m entfaltet keine gebäudegleiche Wirkung und muss daher keine Abstandsfläche zum Nachbargrundstück einhalten.
    Quelle: IBR Februar 2021

    Keine Rückstausicherung eingebaut: Kein Ersatz für Wasserschaden!

    BGH, Urteil vom 19.11.2020 – III ZR 134/19; BGB §§ 31, 823 Abs. 1, § 839 Abs. 1; GG Art. 34 Satz 1; HaftpflG § 2 Abs. 1 Satz 1
    1. Ein durch eine Verengung der Abwasserleitung verursachter Rückstauschaden, der durch eine – hier fehlende – Rückstaueinrichtung hätte verhindert werden können, liegt jedenfalls dann außerhalb des Schutzbereichs einer verletzten Pflicht, wenn der Anlieger nach der einschlägigen Satzung zum Einbau einer solchen Sicherung verpflichtet ist. Auf den Grund, weshalb es zu einem Rückstau im Leitungssystem gekommen ist, kommt es dann regelmäßig nicht an.
    2. In diesen Fällen dürfen sowohl der Träger des Kanalisationsnetzes als auch von ihm mit Bauarbeiten an den Leitungen beauftragte Dritte auf die Einrichtung einer funktionsfähigen Rückstausicherung des Anliegers vertrauen.
    Quelle: IBR Februar 2021

    Wie ist der Versicherungsfall  „Sturm“ darzulegen und zu beweisen?

    OLG Saarbrücken, Urteil vom 09.10.2020 – 5 U 61/19; VGB 2012 A § 4; VVG §§ 1, 4
    1. Zur schlüssigen Darlegung des Versicherungsfalls „Sturm“ reicht die Behauptung des Versicherungsnehmers, versicherte Sachen seien zu einem konkreten Zeitpunkt nach einer der in den Versicherungsbedingungen genannten Alternativen durch Sturm (Windstärke 8 Bft.) zerstört oder beschädigt worden, grundsätzlich aus. Weitergehender Vortrag auch zu den in den Bedingungen gewährten Beweiserleichterungen, bei deren Vorliegen ein Sturm unterstellt wird, ist dazu nicht erforderlich.
    2. Der Nachweis eines bedingungsgemäßen Sturms ist jedoch nicht geführt, wenn nach der Beweisaufnahme offenbleibt, ob zum behaupteten Zeitpunkt am Versicherungsort wetterbedingte Luftbewegungen der Windstärke 8 Bft. geherrscht haben, und auch die tatsächlichen Voraussetzungen der von den Bedingungen gewährten Beweiserleichterungen nicht dargelegt und bewiesen wurden.
    Quelle: IBR Februar 2021

    Auf Selbstverständlichkeiten muss nicht hingewiesen werden!

    OLG München, Beschluss vom 09.09.2019 – 20 U 1108/19 Bau
    1. Wird der Auftragnehmer mit der Ausführung von Wärmedämmarbeiten beauftragt und vereinbart, dass er lediglich die Vorgaben des vom Auftraggeber eingeschalteten Energieberaters zu erfüllen hat, haftet der Auftragnehmer nicht für die fehlende Funktionstauglichkeit der Wärmedämmung.
    2. Werden die Vorgaben des Energieberaters für den Erkerbereich vom Auftraggeber dahingehend abgeändert, dass eine Dämmung nur in derjenigen geringeren Stärke aufgebracht werden soll, die der Dachüberstand erlaubt, muss der Auftragnehmer nicht darauf hinweisen, dass dadurch die vom Energieberater ermittelten Anforderungen nicht eingehalten werden, weil dies offenkundig ist.
    Quelle: IBR

    Top-Bauunternehmen arbeitet dilettantisch:
    Planer treffen keine Hinweispflichten!

    OLG Dresden, Urteil vom 04.06.2019 – 10 U 1545/14; BGH, Beschluss vom 23.09.2020 – VII ZR 158/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB § 280 Abs. 1, §§ 633, 634 Nr. 4, § 823 Abs. 1; HOAI 1996 § 15
    1. Der Gefahr, dass ein Bauunternehmen fehlerhaft arbeitet, kann ein Bauherr entgegenwirken, indem er einen Architekten mit der Bauüberwachung beauftragt.
    2. Beauftragt der Bauherr – um Kosten zu sparen – keinen Bauüberwacher, kann er den mit der Erbringung der Leistungen gemäß den Leistungsphasen 1 bis 7 nach § 15 Abs. 2 HOAI 1996 betrauten Architekten wegen eines Ausführungsfehlers nicht mit der Begründung in Anspruch nehmen, der Architekt habe seine Hinweispflichten verletzt.
    3. Ein mit der Erstellung der Tragwerksplanung und der Bewehrungspläne beauftragter Tragwerksplaner muss den Bauherrn nicht auf die mit dem Durchbrechen einer Außenwand verbundenen Risiken hinweisen, selbst wenn er auf Bitten des Bauunternehmers die erforderlichen Abmessungen der Doppel-T-Träger für den Baubehelf berechnet hat. Das gilt jedenfalls dann, wenn es sich bei der Baufirma um ein überregional tätiges renommiertes Unternehmen mit einschlägiger Erfahrung bei der Altbausanierung handelt.
    Quelle: IBR

    Hände weg von elektrischen Anlagen!

    OLG Naumburg, Urteil vom 05.09.2019 – 2 U 101/18; BGH, Beschluss vom 29.07.2020 – VII ZR 240/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB § 241 Abs. 2, § 254 Abs. 1, §§ 633, 634
    1.  Ein mit der Ausführung von Elektroinstallationsarbeiten beauftragter Auftragnehmer hat die Leitungen so zu befestigen, dass keine Wärmequellen entstehen, die zum Inbrandsetzen umliegender Teile und deren Zerstörung führen können.
    2. Der Auftraggeber harf eine elektrische Anlage erst dann in Betrieb nehmen, wenn der Elektroinstallateur die Fertigstellung bzw. Betriebsbereitschaft angezeigt hat. Andernfalls trifft ihn an der Schadensentstehung ein Mitverschuldensanteil von 50 %.
    Quelle: IBR

    Verlängerte Bauzeit: Bauüberwacher erhält mehr Honorar!

    OLG Dresden, Urteil vom 06.09.2018 – 10 U 101/18; BGH, Beschluss vom 29.07.2020 – VII ZR 201/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB § 313 Abs. 1; HOAI § 3 Abs. 3; ZPO § 287
    1. Gehen der Auftraggeber und der mit der örtlichen Bauüberwachung beauftragte Ingenieur bei Vertragsschluss davon aus, dass die Sanierung einer Deponie trotz Kampfmittelverdachts innerhalb eines Zeitraums von neun Monaten abgeschlossen sein wird, kann der Ingenieur eine Anpassung des vereinbarten Pauschalhonorars verlangen, wenn vorgefundene Kampfmittel eine Umstellung des Sanierungskonzepts erfordern und sich der Zeitraum auf 21 Monate verlängert.
    2. Der Ingenieur muss seinen Mehraufwand nicht konkret darlegen, weil das Honorar grundsätzlich aufwandsneutral ist.
    3. Die Höhe der Mehrvergütung kann vom Gericht geschätzt werden (§ 287 ZPO), hier: Dreisatzberechnung.
    Quelle: IBR

    JVEG in Kraft getreten

    Das JVEG wurde am 21.12.2020 im Bundesgesetzblatt (BGBl. I S. 3229) veröffentlicht und ist am 01.01.2021 in Kraft getreten.
    Den Gesetzestext finden Sie unter: https://www.gesetze-im-internet.de/jveg/JVEG.pdf
    Die neuen Stundenvergütungssätze der Anlage 1 zu § 9 JVEG: https://www.gesetze-im-internet.de/jveg/anlage_1.html
    Die Bundesingenieurkammer wird hierüber im Deutschen Ingenieurblatt berichten.
    Quelle: Bundesingenieurkammer

     HOAI 2021 1. Januar 2021 in Kraft getreten

    Die HOAI ist genauso wie das ihr zugrunde liegende Gesetz überarbeitet worden. Die Änderungen treten am 1. Januar 2021 in Kraft. Dies hat zur Folge, dass die HOAI-Honorarsätze für Verträge, die ab 1. Januar 2021 geschlossen werden, nicht mehr ohne weiteres verbindlich sind. Für vor dem Datum geschlossene Verträge kann das derzeit nicht mit Sicherheit gesagt werden, da der Bundesgerichtshof diese Frage dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) für eine weitere Entscheidung zur HOAI vorgelegt hat. Hier empfiehlt sich eine Beratung im Einzelfall. Dass die Verbindlichkeit der Mindest- und Höchstsätze in der HOAI nach Ansicht des EuGH in seinem Urteil vom 4. Juli 2019 gegen EU-Recht verstoßen hat, hat wohl jeder mitbekommen. Zwar hat das Gericht weder die HOAI als solche noch die Höhe der Honorarsätze beanstandet, sondern nur das gesetzliche Verbot, diese zu unter- bzw. zu überschreiten. Gleichwohl ist es nicht selbstverständlich, dass uns die HOAI als Rechtsverordnung erhalten bleibt. Sie hätte auch komplett abgeschafft werden können. Nun ist sie mehr oder weniger „freiwillig“.

    Die maßgeblichen Eckpunkte der vorgenommenen An-passungen sind folgende:
    • Die Honorare für Planungsleistungen können grundsätzlich frei vereinbart werden. Dies muss in Textform erfolgen. E-Mail-Austausch reicht dafür. Verbraucher-Bauherren müssen auf die Freiwilligkeit hingewiesen werden, wenn die Planer mehr als den Mindestsatz, der zukünftig Basishonorarsatz heißt, vereinbaren wollen.
    • Die unter Anwendung der Berechnungsregeln und Honorartafeln der HOAI ermittelten Honorare dienen zur Orientierung.
    • Wird keine oder keine formwirksame Vereinbarung getroffen, gilt der nach den Regeln der HOAI zu ermittelnde Basishonorarsatz als vereinbart.

    Aus Sicht der Ingenieurinnen und Ingenieure ist sicher zudem noch bemerkenswert, dass im Zuge der Anpassung die sog. Beratungsleistungen (zukünftig „Weitere Fach-planungs- und Beratungsleistungen“) zwar nicht explizit in den Hauptteil der HOAI reintegriert werden, sondern Anlage 1 (zu § 3 Abs. 1) bleiben. Positiv ist aber, dass alle allgemeinen Regelungen, also auch die sog. Auffangregelung, wonach der nach den Regeln der HOAI zu ermittelnde untere Basishonorarsatz gilt, wenn keine oder keine formwirksame anderslautende Vereinbarung getroffen wurde, auch für diese Leistungen gelten. Damit wird entsprechend der langjährigen Forderung der Ingenieurkammern anerkannt, dass diese Leistungen integraler Bestandteil des Gesamtplanungsprozesses sind. Betroffen sind die Fachplanungsleistungen für Umweltverträglichkeitsstudien, thermische Bauphysik, Schallschutz und Raumakustik, Bodenmechanik, Erd- und Grundbau sowie vermessungstechnische Leistungen. Da die Honorare für diese Leistungen schon seit der HOAI-Novelle 2009 nicht mehr verbindlich geregelt waren und lediglich als Orientierung galten, wurde durch die aktuelle Änderung jetzt sogar ein „Mehr“ erreicht. Die sprachliche Angleichung als „normaler“ Teil der HOAI muss dann in der hoffentlich in der nächsten Legislaturperiode erfolgenden umfassenden HOAI-Novellierung vollzogen werden.
    Quelle: Hamburgische IK-Bau

     E-Rechnungen an Bundesbehörden sind Pflicht

    vom 27.11.2020 an sind Lieferanten verpflichtet, Rechnungen an Bundesbehörden elektronisch einzureichen. Die Pflicht zur E-Rechnung gilt dann auf Bundesebene mit wenigen Ausnahmen. Eine davon sind Zahlungsaufforderungen für Direktaufträge bis zu einem Betrag in Höhe von 1.000 Euro. Details regelt die Verordnung über die elektronische Rechnungsstellung im öffentlichen Auftragswesen des Bundes (ERechV).
    Eine E-Rechnung ist ein nach genauen Vorgaben strukturierter Datensatz, der in einem elektronischen Format erstellt, übermittelt und empfangen wird. Darüber hinaus muss eine automatische Weiterverarbeitung des Datensatzes möglich sein.
    Öffentliche Auftraggeber sind bereits seit längerem verpflichtet, elektronische Rechnungen von ihren Lieferanten zu akzeptieren. Die Einführung soll beiden Seiten die Rechnungsstellung und –bearbeitung erleichtern und helfen, die Prozesse im Rechnungswesen zu digitalisieren. Im Idealfall kann eine Rechnung durch den Wegfall von Transportzeiten und einzelner Arbeitsschritte schneller bezahlt werden.
    Quelle: Vergabe24 

    Haftung bei Ausscheiden eines Partners aus einer Partnerschaft

    Verträge werden mit der Partnerschaft, nicht mit den Partnern selbst, geschlossen. Haftungsschuldner ist per se die Partnerschaft mit ihrem Vermögen. Im Falle des Ausscheidens eines Partners erstreckt sich dessen Haftung gegenüber gutgläubigen Dritten auf alle Verbindlichkeiten, die bis zu seiner Löschung im Partnerschaftsregister entstehen und diese ist auf fünf Jahre begrenzt. Scheidet nun ein Partner aus einer aus mehreren Partnern bestehenden Partnerschaft durch Kündigung, Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das private Vermögen, den Verlust der Berufszulassung oder Tod aus, wird die Partnerschaft mit den übrigen Partnern fortgesetzt („aus vier mach drei“). Der Gesellschaftsanteil des ausgeschiedenen Partners wächst den übrigen Gesellschaftern an. Der Ausscheidende kann für frühere Verbindlichkeiten in den nächsten fünf Jahren haftbar gemacht werden. Doch wie gestaltet es sich, wenn der vorletzte Partner die Partnerschaft verlässt und nur noch ein Partner übrigbleibt („aus zwei mach eins“)? Die Partnerschaftsgesellschaft erlischt. Das Gesellschaftsvermögen wächst dem einzig verbliebenen Partner an. Der Ausscheidende haftet entsprechend den Grundsätzen der Nachhaftung für fünf Jahre. Ob der zuletzt verbleibende Partner im Falle einer Partnerschaft mit beschränkter Berufshaftung die bisherige Haftungsbeschränkung möglicherweise weiter beanspruchen kann, ist in der Fachliteratur umstritten. Als Lösung bietet sich gemäß UNIT-JUR.-Netzwerk-Mitglied Werner Häussler daher an, das Büro im Rechtskleid einer GmbH fortzuführen oder durch gesonderte Vereinbarungen mit Gläubigern das Haftungsrisiko zu begrenzen.
    Quelle: Unita 1-2/21 

    Objektversicherung: Mehrprämie für höhere Baukosten – vertraglich abrechenbar?

    Wenn in Projekten die Baukosten steigen, müssen Architekten und Ingenieure unter Umständen Beiträge zur Objektversicherung nachzahlen. Das sollte beim Abschluss von Planerverträgen und der Kalkulation von Honorarangeboten berücksichtigt werden, empfiehlt Rechtsanwalt Ulrich Eix, Mitglied im UNIT-JUR.-Netzwerk. Im Normalfall fehlen nämlich in Architekten- und Ingenieurverträgen Regelungen dazu, dass nachträgliche Versicherungskosten an den Auftraggeber weiterberechnet werden können. Eix empfiehlt, entsprechende Umlageklauseln mit Auftraggebern zu vereinbaren. Das Problem dürfte durch die neue HOAI an Bedeutung gewinnen. Da die Honorartafeln nicht mehr verbindlich sind, werden Auftraggeber zukünftig wohl vermehrt von vornherein Pauschalhonorare vereinbaren wollen. Dann ist eine „Finanzierung“ gestiegener Versicherungskosten über höhere Honorare durch den Zuwachs von anrechenbaren Kosten bis zur Kostenberechnung normalerweise ausgeschlossen und wäre ohne Vertragsregelung nur über klassisches „Nachtragsmanagement“ möglich.
    Quelle: Unita 1-2/21 

    Berufungsgericht will Gutachten anders würdigen: Sachverständiger ist erneut anzuhören!

    BGH, Beschluss vom 14.07.2020 – VI ZR 468/19; GG Art. 103 Abs. 1; ZPO §§ 398, 402
     Auch wenn es grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Berufungsgerichts steht, ob und inwieweit eine im ersten Rechtszug durchgeführte Beweisaufnahme zu wiederholen ist, kann von einer erneuten mündlichen Anhörung des Sachverständigen jedenfalls in den Fällen nicht abgesehen werden, in denen das Berufungsgericht dessen Ausführungen abweichend von der Vorinstanz würdigen will.
    Quelle: IBR Januar 2021 

    Abnahmemängel nicht beseitigt: Werklohnanspruch nicht fällig!

    OLG München, Urteil vom 05.11.2019 – 9 U 3774/18 Bau (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen); BGB § 305c Abs. 2, §§ 633, 634, 640
    1. Der Werklohnanspruch des Bauträgers gegen einen Erwerber ist nicht fällig, wenn Abnahmemängel nicht beseitigt worden sind. Das gilt auch dann, wenn es sich um Mängel am Gemeinschaftseigentum handelt.
    2. Haben die Parteien eines Bauträgervertrags den im heutigen Wohnungsbau üblichen Qualitäts- und Komfortstandard sowie die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik vereinbart, gehört ein über den Mindestanforderungen liegender Schallschutz zum Vertragsinhalt. Es muss eine gegenüber dem Mindeststandard spürbare, deutlich wahrnehmbare Erhöhung erreicht werden.
    Quelle: IBR Januar 2021 

    Welche Anforderungen bestehen an eine einfache Signatur?

    BAG, Beschluss vom 14.09.2020 – 5 AZB 23/20; ArbGG § 64 Abs. 6 Satz 1, § 519 Abs. 4; ZPO § 130a Abs. 1, 3 Satz 1, § 234 Abs. 1 Satz 1
    Die einfache Signatur i. S. d. § 130a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 ZPO meint die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes, beispielsweise ein maschinenschriftlicher Namenszug unter dem Schriftsatz oder eine eingescannte Unterschrift.
    Quelle: IBR Januar 2021

    Voreingenommenheit führt zu Ablehnung!

    OLG Koblenz, Beschluss vom 19.10.2020 – 4 W 338/20; ZPO § 42 Abs. 2, § 406 Abs. 1 Satz 1
    Ein Sachverständiger ist befangen, wenn er einer Partei eine unlautere Vorgehensweise unterstellt.
    Quelle: IBR Januar 2021

    Verlorene Gutachten sind verlorene Prozesse!

    OLG Nürnberg, Beschluss vom 29.03.2019 – 2 U 1237/18; BGH, Beschluss vom 13.05.2020 – VII ZR 124/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); ZPO § 412 Abs. 1
    1. Hat der Sachverständige ein fachlich stichhaltiges und überzeugendes Gutachten erstellt und in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar ergänzt und erläutert, kann das erkennende Gericht es seiner Entscheidung zu Grunde legen.
    2. Liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der gerichtliche Sachverständige fachlich nicht hinreichend qualifiziert ist oder ein anderer Sachverständiger überlegene Erkenntnismöglichkeiten besitzt, besteht für das Gericht keine Veranlassung, eine neue Begutachtung anzuordnen.
    Quelle: IBR Januar 2021 

    Sachverhaltsermittlung als Befangenheitsgrund?

    OLG Dresden, Beschluss vom 02.11.2020 – 4 W 641/20; ZPO §§ 42, 349 Nr. 1, § 406 Abs. 1
    Ein Sachverständiger ist nicht befangen, wenn er für sich aus der Gerichtsakte den relevanten Sachverhalt ermitteln muss und hierbei Anlagen zu Schriftsätzen überinterpretiert.
    Quelle: IBR Januar 2021 

    Neue HOAI ab 01.01.2021:  Informationsangebote von VBI und UNIT

    Zum 1. Januar 2021 soll die neue HOAI in Kraft treten und für alle Verträge gelten, die danach geschlossen werden. Anstelle der nach dem EuGH-Urteil vom 4. Juli 2019 nicht mehr zulässigen verbindlichen Mindest- und Höchstsätze sieht der Entwurf vor, die unverändert übernommenen Honorartafeln als Orientierung für die künftig freie Vereinbarung einer angemessenen Honorierung zu nutzen. Kommt keine Honorarvereinbarung zustande, so soll der Planer einen Anspruch auf den „Basishonorarsatz“ haben. Informationen zum Thema erhalten Sie in Online-Seminaren des VBI (vbi.de) und in dem regelmäßigen virtuellen Erfahrungsaustausch mit UNITA-Jur.-Netzwerk-Mitglied Rechtsanwalt Professor Jörn Bröker, für den Sie sich per E-Mail an broeker@raehp.de  registrieren können. Zudem wird ein Präsenzseminar zum Umgang mit Vergütungsfragen konzipiert. Die Terminplanung verzögert sich aufgrund der aktuellen Pandemielage, aber VBI und UNIT werden auch 2021 ein Seminarprogramm anbieten, dessen Schwerpunkt auf Themen liegen wird, die vom interaktiven Austausch in Kleingruppen und von Praxisübungen leben.
    Quelle: UNITA-Brief  11-12/20 

    Bescheinigung zur Förderung der energetischen Gebäudesanierung

    Seit 2020 wird die energetische Sanierung von privatem Wohneigentum gemäß § 35c EStG steuerlich gefördert. Bei Einzelmaßnahmen zur energetischen  Gebäudesanierung  sind  20 %  der Aufwendungen (max. 40.000 EUR pro Wohnobjekt), verteilt über drei Jahre, steuerlich abzugsfähig. Auch die Beratung durch einen Energieberater ist zu 50 % abzugsfähig. Gefördert werden unter anderem Maßnahmen der Wärmedämmung, der Einbau neuer Fenster, der Einbau neuer Heizungsanlagen sowie digitale Maßnahmen zur energetischen Betriebs- und Verbrauchsoptimierung. Die steuerliche Förderung kann allerdings nur in Anspruch genommen werden, wenn keine andere Art der Förderung in Anspruch genommen wird (z. B. über Zuschüsse oder zinsgünstige Darlehen von der Kreditanstalt für Wiederaufbau).
    Die Details zu den förderfähigen Maßnahmen sind in einer Verordnung geregelt. Die Maßnahmen müssen einen vorgeschriebenen energetischen Wirkungsgrad entfalten können und dürfen nur von Fachunternehmen durchgeführt werden. Außerdem muss eine Bescheinigung des beauftragten Fachunternehmens vorliegen, mittels derer nachgewiesen werden soll, dass die Mindestanforderungen der Verordnung eingehalten worden sind. Hierzu hat das BMF am 31.02.2020 eine Musterbescheinigung herausgegeben. Hierin sind Inhalt, Aufbau und die Reihenfolge der Angaben aufgeführt; die Handwerksbetriebe dürfen hiervon nicht abweichen. Zudem gibt es noch eine Musterbescheinigung für Energieberater und weitere ausstellungsberechtigte Personen. Die ausstellenden Firmen oder Personen dürfen die Bescheinigung auch auf elektronischem Weg verschicken. Grundsätzlich muss für jedes einzelne Objekt, an dem Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden, eine Bescheinigung ausgefüllt werden. Allerdings darf erst dann eine Gesamtbescheinigung ausgestellt werden, wenn der Sanierungsaufwand das Gesamtgebäude betrifft.
    Achtung: Fehlt eine solche Bescheinigung oder ist sie fehlerhaft, kann die Steuervergünstigung für die energetische Sanierung komplett versagt werden.
    Quelle: DBB DATA Beratungs- und Betreuungsgesellschaft mbH Steuerberatungsgesellschaft  

    Erhöhung der Entfernungspauschale und Mobilitätsprämie ab 2021

    Durch das Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht wurde 2019 die Erhöhung der Pendlerpauschale ab 2021 beschlossen. Der bisher mögliche Abzugsbetrag von 0,30 EUR pro Kilometer der einfachen Wegstrecke wird ab 2021 auf 0,35 EUR ab dem 21. Kilometer erhöht. Von 2024 bis 2026 wird die Pauschale für Fernpendler ab dem 21. Entfernungskilometer um weitere drei Cent auf dann insgesamt 0,38 EUR pro Kilometer erhöht. Danach gilt, vorbehaltlich einer gesetzlichen Anpassung, wieder der ursprüngliche Abzug von 0,30 EUR. Die Erhöhung ist sowohl anwendbar auf Unternehmer als auch auf Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung.
    Bei der erhöhten Pendlerpauschale gibt es allerdings das Problem, dass diese bei Einkünften innerhalb des Grundfreibetrags kaum Auswirkungen hat. Mit der ebenfalls von 2021 bis 2026 geltenden neuen Mobilitätsprämie haben Bezieher geringer Einkommen allerdings eine weitere Möglichkeit, die sie neben der Berücksichtigung der Entfernungspauschlage zusätzlich ab dem 21. Entfernungskilometer beantragen können. Für jeden zusätzlichen Kilometer erhalten sie 14 % der erhöhten Pendlerpauschale von 0,35 EUR – also 4,9 Cent.
    Die Pendlerpauschale kann nur für tatsächlich zurückgelegte Wegstrecken beantragt werden. Insbesondere dann, wenn Corona-bedingt vermehrt im Homeoffice gearbeitet wurde, müssen die anzusetzenden tage entsprechend gekürzt werden.
    Praxistipp: Nutze eines Firmen-Pkw können im Rahmen ihrer Steuererklärung für das Jahr 2020 aufgrund der vermehrten Tätigkeit im Homeoffice eventuell eine Reduzierung des geldwerten Vorteils erreichen. Hierfür sind die einzelnen Fahrten zur Arbeit aufzuzeichnen.
    Quelle: DBB DATA Beratungs- und Betreuungsgesellschaft mbH Steuerberatungsgesellschaft  

    Baugrundgutachten nicht vorhanden? Deutliche Bedenkenanzeige, sonst droht Haftung!

    Immer wieder mal werden wir von besorgten Planern wegen ihres Haftungsrisikos angefragt, weil (noch) kein Baugrundgutachten vom Auftraggeber beauftragt wurde. Melden Sie in einem solchen Fall schriftlich Bedenken an und weisen Sie darauf hin, dass ohne Baugrundgutachten keine gesicherte Planung bzw. Kostenschätzung möglich ist! Wenn Sie das nicht tun, könnte die Berufshaftpflichtversicherung im Schadenfall sogar den Versicherungsschutz verweigern mit Verweis auf „bewusst pflichtwidriges Verhalten“.
    In der Bedenkenanzeige sind die möglichen Folgen von Fehlentscheidungen, die aus der mangelnden Kenntnis des Baugrunds resultieren könnten, so ausführlich darzulegen, dass die Auftraggeber die Wichtigkeit der Bodenuntersuchung einschätzen können. Als Argument dienen kann zudem, dass es gemäß Rechtsprechung (OLG Hamm, Az 24 U 10/14) eine Obliegenheit des Bauherrn ist, die an der Planung beteiligten Architekten mit richtigen Informationen der Sonderfachleute zu versorgen, die für die Planung notwendig sind. Bei Fragen geben Ihnen die Rechtsanwälte im UNITA-JUR.-Netzwerk Auskunft.
    Quelle: UNITA-Brief  11-12/20

    Baurecht schlägt Naturschutzrecht!

    OVG Niedersachsen, Beschluss vom 30.09.2020 – 4 ME 104/20; BNatSchG 2009 § 3 Abs. 2; BNatSchGAG-ND § 2 Abs. 1 Satz 2, § 22 Abs. 3; NBauO § 63; VwGO § 80
    Gemäß der „Schlusspunkttheorie“ stellt die Baugenehmigung – soweit die Prüfpflicht der Bauaufsichtsbehörde reicht – eine umfassende öffentlich-rechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung dar und gibt den Bau frei. Weil die Bauaufsichtsbehörde im bauaufsichtlichen Verfahren – auch im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nach § 63 NBauO – über die Baugenehmigung erst entscheiden darf, wenn andere Genehmigungen, Zustimmungen, Bewilligungen oder Erlaubnisse beantragt und erteilt sind, geht von einer einmal erteilten Baugenehmigung die Feststellungswirkung aus, dass das genehmigte Vorhaben sämtliche im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Anforderungen erfüllt, d. h. auch keine anderen Genehmigungen, Zustimmungen, Bewilligungen oder Erlaubnisse mehr erforderlich sind.
    Quelle: IBR Dezember 2020

    Tragwerksplanung nicht integriert: Ausführungsplanung mangelhaft!

    OLG München, Urteil vom 13.12.2017 – 27 U 4877/16; BGH, Beschluss vom 02.07.2020 – VII ZR 23/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB §§ 278, 280 Abs. 1, 3, §§ 281, 633, 634 Nr. 4; HOAI 2009 § 34

    1. Der mit der Objektplanung beauftragte Architekt ist verpflichtet, seine Leistungen mit denen der beteiligte Fachplaner zu koordinieren und abzustimmen sowie deren Leistungsergebnisse in seine Leistungen zu integrieren.
    2. Hat der Architekt Kenntnis davon, dass der Tragwerksplaner nicht die ihm obliegende Gesamtstatistik erstellt hat, und integriert er diese dementsprechend nicht in seine Planung, ist seine Leistung mangelhaft.
      Quelle: IBR Dezember 2020

    Keine Kostenermittlung oder –kontrolle: Honorar wird gemindert!

    OLG München, Urteil vom 20.11.2018 – 28 U 705/15 Bau; BGH, Beschluss vom 23.09.2020 – VII ZR 252/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB  a. F. §§ 631, 633, 634, 635; HOAI 1996 § 15

    Nimmt der Architekt in der Leistungsphase 3 keine DIN-gerechte Kostenberechnung und in der Leistungsphase 7 keinen Kostenanschlag nach DIN und dementsprechend auch keine taugliche Kostenkontrolle vor, ist sein Honorar um 2 % in den Honorarphasen 1 bis 4  und um 1 % in den Honorarphasen 5 bis 7 zu kürzen.
    Quelle: IBR Dezember 2020 

    Architekt muss auf Kostensteigerung hinweisen!

    OLG München, Urteil vom 20.11.2018 – 28 U 705/15 Bau; BGH, Beschluss vom 23.09.2020 – VII ZR 252/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB a. F. §§ 631, 633, 634, 635; HOAI 1996 § 15

    1. Der Architekt hat die Kostenvorgaben des Auftraggebers zu beachten. Auf eine Kostensteigerung bei der Realisierung des Bauprojekts hat er den Auftraggeber rechtzeitig hinzuweisen.
    2. Zur Ermittlung, ob durch eine Hinweispflichtverletzung des Architekten ein Schaden entstanden ist, muss untersucht werden, wie der Auftraggeber stehen würde, wenn die Pflichtverletzung unterblieben wäre. Diese Situation ist dann in einem zweiten Schritt damit zu vergleichen, wie er mit Pflichtverletzung steht.
    3. Bei der Durchführung des Vermögensvergleichs ist – auch bei lang andauernden Prozessen – auf eine Betrachtung zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen.
      Quelle: IBR Dezember 2020

    Mindest- und Höchstsätze der HOAI werden gestrichen

    Honorare für Ingenieure und Architekten werden künftig frei vereinbar sein. Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) soll entsprechend keine Mindest- und Höchsthonorarsätze mehr enthalten. Das sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor. Umgesetzt werden soll damit ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes, das die bisherigen Vorgaben moniert hatte. Außerdem werden Vergaberegeln an die Corona-Erfahrungen angepasst.
    Quelle: IBR-Heft Oktober 2020 

    Welche (Rechts-)Beratungspflichten hat ein Architekt?

    OLG Dresden, Urteil vom 07.12.2017 – 10 U 245/17; BGH, Beschluss vom 15.04.2020 – VII ZR 5/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB §§ 280, 281, 633, 634 Nr. 4; HOAI 2009 § 15
    1. Der Architekt ist insoweit zur Rechtsberatung des Auftraggebers verpflichtet, als er darauf hinzuwirken hat, dass die notwendigen Schritte ergriffen werden, um Schadensersatzansprüche gegen den Auftragnehmer zu erhalten.
    2. Keine Beratungspflicht besteht jedoch für den Architekten, wenn seinem Auftraggeber aus objektiver Sicht unterstellt werden kann, dass er selbst über ausreichende rechtliche Kenntnisse verfügt.
    Quelle: IBR-Heft Oktober 2020 

    Auf Fristsetzung nicht reagiert: Auftragnehmer kann kündigen!

    OLG Celle, Urteil vom 11.10.2018 – 5 U 40/18; BGH, Beschluss vom 29.01.2020 – VII ZR 227/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB a.F. § 649, BGB §§ 648, 648a
    Das Schweigen des Auftraggebers auf eine Fristsetzung des Auftragnehmers kann eine schwerwiegende Vertragsverletzung darstellen, die den Auftragnehmer zur Kündigung des Vertrags aus wichtigem Grund berechtigt.
    Quelle: IBR-Heft Oktober 2020

    HOAI 2021 verabschiedet – Ingenieurkammer kritisiert fehlenden Hinweis zur Angemessenheit der Honorare

    Am 6. November hat der Bundesrat die HOAI 2021 verabschiedet, die somit zum 1. Januar 2021 in Kraft tritt. Die nach dem EuGH-Urteil vom 4. Juli 2019 zunächst eingetretene Rechtsunsicherheit ist nunmehr beseitigt. Die HOAI bleibt auch in Zukunft eine verlässliche Grundlage für die Beschreibung und Kalkulation von Ingenieurleistungen. Für Bauphysiker, Geotechniker, Vermesser sowie Umweltplaner konnte darüber hinaus eine wichtige Verbesserung erreicht werden: Deren Fachplanungsleistungen sind, sofern in Anhang 1 fixiert, künftig den Grundleistungen der HOAI gleichgestellt.
    Bei so vielen guten Nachrichten erscheint es wie ein Schönheitsfehler, dass man sich nicht zu einem Hinweis zur Angemessenheit der Honorare durchringen konnte. Immerhin findet sich ein solcher in der Begründung und in dem der neuen HOAI zugrunde liegenden ArchLG.
    Doch handelt es sich tatsächlich nur um einen Schönheitsfehler? „Leider nicht, denn hier spiegelt sich eine Tendenz wider.“ resümiert der Vizepräsident der Ingenieurkammer Sachsen, Dr.-Ing. Hans-Jörg Temann: „Die Vergabe von Ingenieurleistungen wird immer häufiger auf das Kriterium „niedrigster Preis“ reduziert – auch und gerade bei öffentlichen Auftraggebern. So wird der gesetzlich vorgeschriebene Leistungswettbewerb sukzessive ausgehöhlt und auf überzogene Referenzanforderungen reduziert. Für die bewährten mittelständischen Bürostrukturen sind die Folgen solcher Entwicklungen fatal. Sie führen zur Erosion der wirtschaftlichen Basis, zu Personal- und Nachwuchsmangel, fehlender Nachfolge bis hin zu Geschäftsaufgaben.“
    Die großen ökonomischen und ökologischen Herausforderungen, vor denen unsere Gesellschaft steht, lassen sich ohne qualifizierte, kreative und unabhängige Ingenieure nicht bewältigen. Qualität im Baubereich ist ohne angemessene Honorare nicht zu haben. Es wäre aus Sicht der Ingenieurkammer Sachsen ein wichtiges Zeichen gewesen, dies in der neuen HOAI zum Ausdruck zu bringen.
    Quelle: INGletter  Ingenieurkammer Sachsen

    Bundeskabinett beschließt Entwurf des ArchLG

    Das Bundeskabinett hat am 15.07.2020 den Entwurf zur Änderung des Gesetzes zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen und Änderung vergaberechtlicher Bestimmungen (ArchLG) beschlossen. Notwendig wurde die Anpassung wegen des EuGH-Urteils vom 04.07.2019.
    Das Gesetz zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen (ArchLG), die Ermächtigungsgrundlage für die Honorarordnung der Architekten und Ingenieure (HOAI), sieht in der aktuellen Fassung vor, dass Mindest- und Höchstsätze in der Honorarordnung festzulegen sind. Der EuGH hatte diese in der HOAI verankerten Mindest- und Höchstsätze in seiner Entscheidung im Juli 2019 für mit EU-Recht nicht vereinbar erklärt.
    Das Bundeswirtschaftsministerium hatte daraufhin in Zusammenarbeit mit dem Bundesbauministerium und dem Bundesverkehrsministerium einen entsprechenden Gesetzesentwurf zur Änderung des ArchLG vorgelegt. Vorausgegangen war eine Vielzahl von Abstimmungsgesprächen der Bundesministerien, der Länder, der Planerorganisationen und –verbände sowie der öffentlichen Auftraggeber.
    Aus Sicht der Bundesarchitektenkammer (BAK), der Bundesingenieurkammer (BIngK) und des AHO gingen viele in dem Entwurf genannten Regelungsvorschläge in die richtige Richtung. An anderer Stelle wurden Nachbesserungen für erforderlich gehalten, die in einer gemeinsamen Stellungnahme gebündelt und den handelnden Ministerien zur Verfügung gestellt wurde. Im Wesentlichen wurden die Einführung einer Ermächtigung für eine Angemessenheitsregelung sowie der Erhalt der Verweisungen in der VgV gefordert. Die Forderungen wurden teilweise berücksichtigt.
    Den Referentenentwurf finden Sie auf ibr-online.de
    Quelle: IBR Sept. 2020 

    Baugenehmigung ist öffentlich-rechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung!

    OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 20.04.2020 – 1 MB 2/20; BNatSchG § 26 Abs. 2; LBO-SH § 67 Abs. 5, § 69 Abs. 1, § 73 Abs. 1; NatSchG-SH § 11
    1. Die Baugenehmigung bildet den Abschluss der öffentlich-rechtlichen Zulässigkeitsprüfung und stellt daher eine umfassende öffentlich-rechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung dar.
    2. Als Schlusspunkt des bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahrens erfasst die Baugenehmigung alle Vorschriften des öffentlichen Rechts, die einer Präventivkontrolle unterliegen. Dies sind neben den Vorschriften des öffentlichen Baurechts all jene, bei denen die Bauaufsichtsbehörde nach § 67 Abs. 5 LBO-SH zu prüfen hat, ob Genehmigungen, Zustimmungen, Bewilligungen oder Erlaubnisse anderer Behörden einzuholen sind.
    3. Ein ordnungsbehördliches Einschreiten auf Grundlage der der Präventivkontrolle unterliegenden Vorschriften ist vor der Aufhebung der Baugenehmigung wegen deren Feststellungswirkung nicht möglich.
    Quelle: IBR Sept. 2020

    Novellierung HOAI

    Am 7. August hat das Bundeswirtschaftsministerium den Referentenwurf für die Novellierung der HOAI vorgelegt. Zum 1. Januar 2021 soll die neue HOAI in Kraft treten und für alle Verträge gelten, die danach geschlossen werden. Anstelle der nach dem EuGH-Urteil nicht mehr zulässigen verbindlichen Mindest- und Höchstsätze sieht der Entwurf vor, die unverändert übernommenen Honorartafeln als Orientierung für die künftig freie Vereinbarung einer angemessenen Honorierung zu nutzen. Kommt keine Honorarvereinbarung zustande, so soll der Planer einen Anspruch auf den „Basishonorarsatz“ haben. Details enthält eine Stellungnahme auf vbi.de. Wir bleiben am Thema dran – u. a. mit Professor Brökers regelmäßigem virtuellem Erfahrungsaustausch zu Vergütungsfragen, für den Sie sich per E-Mail an broeker@raehp.de registrieren können.
    Quelle: UNITA Newsletter vom 26.08.20 

    Bundesverfassungsgericht stärkt das generische Maskulinum

    Die Beschwerde einer Sparkassenkundin, mit der sie die Verwendung der Gendersprache in Formularen ihrer saarländischen Sparkasse durchsetzen wollte, ist vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert. Das Gericht hat die Beschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Beschwerdeführerin sich nicht mit dem Urteil der Vorinstanz auseinandergesetzt habe, so das BVerfG in einer Pressemitteilung. Unter anderem sei sie nicht darauf eingegangen, dass das Grundgesetz selbst das generische Maskulinum verwendet.
    In einem vorhergehenden Urteil hatte der Bundesgerichtshof 2018 entschieden, dass neutrale Personenbezeichnungen (z.B. Kontoinhaber) in unpersönlichen Vordrucken nicht das Geschlecht unterscheiden müssen. Das generische Maskulinum sei „geschlechtsblind“, so dass weder ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht noch einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vorliege.
    Damit ist die Klägerin mit ihrem Anliegen in allen deutschen Gerichtsinstanzen erfolglos geblieben.
    Quelle: Sprachnachrichten Nr. 87  

    BIM & Berufshaftpflichtversicherung: Bedingungen erweitert für „BIM-Manager“

    Klauseln sind mit „BIM-Manager“ überschrieben – aus UNIT-Sicht wäre „BIM-Management“ weniger missverständlich gewesen. Denn im Hinblick auf Versicherungsschutz kann es nicht darauf ankommen, welche Funktionsbezeichnung auf dem Vertrag steht, sondern welche Leistungen im Vertrag verlangt werden. Im Interesse unserer Kunden vertreten wir gegenüber den Versicherern daher den Standpunkt, dass die in der Erweiterung genannten Managementleistungen auch dann versichert sind, wenn ein Objektplaner übernimmt und im Projekt kein gesonderter „BIM-Manager“ beauftragt ist.
    Quelle: UNITA Newsletter vom 26.08.20 

    Unversicherte Risiken bei Übernahme originärer Bauherrenaufgaben

    Aus Praxiserfahrung empfehlen wir Projektsteuerern, Generalplanern und/oder Architekten, grundsätzlich vom Fehlen der Vertretungsmacht und von erheblichen Haftungsrisiken auszugehen, wenn sie im Namen des Auftraggebers tätig werden – es ist keinesfalls so, dass ein Planer schon mit Beauftragung vom Bauherren eine stillschweigende Bevollmächtigung erlangt. Ob mit oder ohne ausdrücklich vereinbarte Vollmacht zur Vertretung: wenn ein Planer „rechtsgeschäftlich verbindliche Erklärungen abgibt, die eine unmittelbare Belastung des Bauherrn in wirtschaftlicher Hinsicht nach sich ziehen“, drohen Versicherungslücken. Denn bedingungsgemäß bieten Berufshaftpflichtversicherungen Deckungsschutz nur für Tätigkeiten, die unter das Berufsbild fallen – ureigene Bauherrenaufgeben fallen aber ausdrücklich nicht darunter. Ein Beispiel ist die rechtsgeschäftliche Abnahme, die Versicherer selbst mit Vollmacht nicht mehr unter das Berufsbild fassen. Aber auch wenn der Planer für einen Bauherrn mit weiteren Baubeteiligten verbindliche Werk- und/oder Lieferverträge schließt, Zusatzaufträge vergibt, Stundenlohnarbeiten vereinbart etc., und dabei einen Fehler macht, kann es zu Schadenersatzansprüchen kommen, für die kein Berufshaftpflichtversicherungsschutz besteht.
    Quelle: UNITA Newsletter vom 26.08.20 

    D&O: Krise und gesetzliche Verschärfungen der Managerhaftpflicht verteuern Versicherung

    Dass die Haftungsrisiken von Unternehmensleitern deutlich steigen, lässt sich aktuell in den Medien verfolgen: in Gerichtsverfahren geht es um Arbeitssicherheit, behördliche Auflagen, Compliance oder schlicht um „schlechte“ unternehmerische Entscheidungen. Die betroffenen Manager müssen infolgedessen mit internen Regressforderungen und zivilrechtlichen Ansprüchen Dritter oder von Insolvenzverwaltern ebenso rechnen wie mit strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen. Der Marktreport 2020 unserer Muttergesellschaft Aon vermerkt dazu: „Unter hohem zeitlichem und wirtschaftlichem Druck müssen Geschäftsführer und Vorstände teils gravierende Entscheidungen  treffen. Häufig drohen (unerkannte) Fehlentscheidungen in Krisenlagen und Insolvenzverstöße. Beides mündet in der Praxis besonders häufig in Schäden für die Managerhaftpflichtversicherung (D&O). Gesetzliche Verschärfungen erhöhen die Managerrisiken  zusätzlich. Zudem trat im vergangenen Jahr das Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG) in Kraft. Es macht Vorgaben zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen und betrieblichem Knowhow, für den letztlich ebenfalls die Unternehmensleitung verantwortlich ist“. Im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie dürften darüber hinaus Ansprüche gegen Manager und teure Rechtsstreitigkeiten für deren D&O-Versicherer aufgrund erheblicher Rechtsunsicherheiten zunehmen. Denn bis Ende September ist die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt und es gelten modifizierte Regeln zur persönlichen Haftung für Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife. Folglich erwartet Aon ein Ansteigen der Prämien und dass es für kritische oder schadenbelastete Risiken schwierig wird, Deckungsschutz zu erhalten.
    Quelle: UNITA Newsletter vom 26.08.20

    Kabinett beschließt Gesetzesentwurf zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen

    Das Bundeskabinett hat am 15. Juli 2020 den Entwurf zur Änderung des Gesetzes zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen und Änderung vergaberechtlicher Bestimmungen (ArchLG) beschlossen. Notwendig wurde die Anpassung wegen des EuGH-Urteils vom 4. Juli 2019. Das Bundeswirtschaftsministerium hatte daraufhin in Zusammenarbeit mit dem Bundesbauministerium und dem Bundesverkehrsministerium einen entsprechenden Gesetzesentwurf zur Änderung des ArchLG vorgelegt. Die Bundesingenieurkammer, die Bundesarchitektenkammer und der AHO konnten im Rahmen einer Stellungnahme wichtige Positionen einbringen – u.a. die Einführung einer Ermächtigung für eine Angemessenheitsregelung.
    Quelle: BIngK

    EU-Entsenderichtlinie – ab Ende Juli gelten neue Regelungen

    Ab Ende Juli gelten für Unternehmen aus den anderen Mitgliedstaa­ten der Europäischen Union, die Arbeitnehmer für eine Dienstleistung nach Deutschland entsenden, strengere Regeln. Dafür sorgt das neue Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG), mit dem Deutschland die überarbeitete Entsenderichtlinie der Europäischen Union (Richtlinie (EU) 2018/957/ in nationales Recht übersetzt. Mit ihr will die EU den Schutz der Arbeitnehmer stärken. Zugleich soll aber die Dienstleistungsfreiheit nicht zu stark eingeschränkt werden. Sie ist eine der vier Grundfreiheiten der Europäischen Union und ermöglicht, dass europäische Unternehmen ihre Dienstleistung überall in den 27 Mitgliedstaaten anbieten können.
    In der Bauwirtschaft in Deutschland waren im Jahr 2019 rund 86.000 Arbeitnehmer tätig, die von ausländischen Betrieben auf Baustellen nach Deutschland entsandt wurden. Das sind etwa elf Prozent aller Arbeitnehmer im Bauhauptgewerbe.
    Für diese Arbeitnehmer gilt unter anderem der in der deutschen Bauwirtschaft tarifvertraglich vereinbarte Mindestlohn. Künftig müssen Arbeitgeber dabei an entsandte Arbeitnehmer in der Baubranche auch Zuschläge für Überstunden, Nachtarbeit sowie Sonn- und Feiertagsarbeit nach den deutschen Regelungen zahlen. Bislang war bei diesen Zuschlägen das jeweilige Recht des Heimatlands anzuwenden. Aus dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz und dem Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe (BRTV) ergibt sich außerdem nun, dass diese Arbeitnehmer auch Anspruch auf Erschwerniszuschläge erhalten. Mit dem neuen Gesetz wird klargestellt, dass Kosten der Entsendung, also Reise-, Verpflegungs- und Unterkunftskosten, nicht mehr Teil des Bruttolohns sein dürfen. Arbeitgeber dürfen diese Kosten nicht als Bestandteil des Mindestlohns zahlen. Wenn der Arbeitgeber nur durch die Übernahme dieser Kosten die Mindestlohnhöhe erreicht, unterschreitet er in Wahrheit also den Mindestlohn. Das ist eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße von bis zu 500.000 Euro belegt werden kann.
    Diese Änderungen haben Auswirkungen auf das Urlaubskassenverfahren, das die Sozialkas­sen der Bauwirtschaft (SOKA-BAU), Wiesbaden, durchführen. Auch entsandte Arbeitnehmer nehmen an diesem Verfahren teil und haben einen Urlaubsanspruch einschließlich der Urlaubsvergütung nach den tarifvertraglichen Bestimmungen der Branche. Die Beiträge, die ihr Arbeitgeber an SOKA-BAU zahlen muss, richten sich dabei nach den Bruttolöhnen, die sich durch die Neuregelungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes erhöhen können.
    Veränderungen gibt es auch bei der Dauer der Entsendung. Ab Ende Juli gelten für Arbeitneh­mer, die länger als zwölf Monate nach Deutschland entsandt werden, die deutschen Arbeits­bedingungen in vollem Umfang. Diese Zeitspanne kann durch schriftliche Mitteilung an den Zoll auf 18 Monate verlängert werden.
    Bei der Unterbringung der entsandten Mitarbeiter ist nunmehr klargestellt, dass der Arbeitgeber die Vorgaben der deutschen Arbeitsstättenverordnung einhalten muss, wenn er selbst diese Unterkünfte bereitstellt oder vermittelt. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass die Arbeitnehmer unter unwürdigen Bedingungen untergebracht werden, wie sie gerade in jüngerer Zeit aus anderen Branchen bekannt geworden sind. Auch die Einschaltung eines Zwischenvermittlers befreit die Arbeitgeber nicht von dieser Verpflichtung.
    Der Zoll kontrolliert in Deutschland, dass die bisherigen und künftigen Regelungen eingehalten werden. SOKA-BAU steht im Kampf gegen illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit im engen Austausch mit dem Zoll und trägt Sorge dafür, dass ausländische Unternehmen der Bauwirt­schaft korrekt am Urlaubskassenverfahren teilnehmen. Dazu stehen bei SOKA-BAU Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bereit, die in 14 europäischen Sprachen Beratung und Unterstützung leisten.
    Quelle: SOKA-Bau

    Auch in Zeiten von Corona: Ortstermine sind durchzuführen!

    LG Saarbrücken, Beschluss vom 12.05.2000 – 15 OH 61/19; ZPO § 227 Abs. 2, §§ 245, 404a
    1. Auch in Zeiten der Corona-Pandemie sind Ortstermine zur Beweisaufnahme durch Sachverständige durchzuführen, selbst wenn eine Partei mit der Durchführung nicht einverstanden ist.
    2. Die Einhaltung der üblichen Infektionsschutzregeln ist durch den Sachverständigen sicherzustellen.
    Quelle: IBR Juli 2020

    Verräterischer WhatsApp-Chat: Aufgeflogene Schwarzgeldabrede hat Konsequenzen

    Leider hat Schwarzarbeit in Deutschland nach wie vor Konjunktur. Doch wer am falschen Ende spart, sollte tunlichst unterbinden, Streitigkeiten vor Gericht zu bringen. Denn diese ziehen bei dem Thema immer mehr die Daumenschrauben an – so wie im folgenden Fall, der vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) landete.
    Dabei ging es um umfangreiche gewerbliche Bau- und Sanierungsarbeiten. Während der Bauarbeiten zahlte die Auftraggeberin ohne Rechnung mehrere hunderttauschend Euro als Abschläge an das Bauunternehmen. Bei einer weiteren Abschlagszahlung bat der Geschäftsführer des Bauunternehmens per WhatsApp, die Zahlung per Überweisung auf zwei verschiedene Konten aufzuteilen, „damit nicht so viel an die Augen von F… kommt“. Nach Abschluss der Arbeiten meinte das Bauunternehmen, ihm stünden noch 275.000 Euro zu, und klagte diese Summe ein.
    Doch man ahnt, was das OLG hierzu sagte: Der geschlossene Werkvertrag war wegen eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz in Verbindung mit § 134 Bürgerliches Gesetzbuch nichtig, so dass dem Bauunternehmen kein Werklohnanspruch zustand. Das Gericht hat diese sogenannte Schwarzgeldabrede auch als bewiesen angesehen, denn die WhatsApp-Nachricht konnte in Verbindung mit der Zahlung von Geldern ohne Rechnungen nicht anders verstanden werden.
    Hinweis: Wer Handwerker schwarz beschäftigt, muss sie nicht bezahlen, hat aber auch keinerlei Ansprüche auf eine Mängelbeseitigung. Dass sich dabei alle Beteiligten zudem strafbar machen, sollte auch klar sein.
    Steuerberater Jens Henke, Berlin

    Firmenwagen: Wie hat ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch auszusehen?

    Der sich aus der Privatnutzung eines Firmenwagens durch den Arbeitnehmer ergebende geldwerte Vorteil ist ein Sachbezug und zählt daher zum Arbeitslohn. Für jeden Kalendermonat ist 1 % des inländischen Listenpreises zum Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer abzusetzen. Alternativ kann die private Nutzung auch mit den auf die Privatfahrten entfallenden Aufwendungen angesetzt werden. Das setzt allerdings voraus, dass die für das Kfz insgesamt entstehenden Aufwendungen durch Belege und das Verhältnis der privaten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden.
    Dabei müssen die dem Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung dienenden Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein.
    Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch muss zeitnah und in geschlossener Form geführt werden, um nachträgliche Einfügungen oder Änderungen auszuschließen oder als solche erkennbar zu machen. Hierfür ist neben dem Datum  und den Fahrtzielen Grundsätzlich auch der jeweils aufgesuchte Kunde oder Geschäftspartner oder – wenn ein solcher nicht vorhanden ist  – der konkrete Gegenstand der dienstlichen Verrichtung aufzuführen. Im Fahrtenbuch genügen bloße Ortsangaben allenfalls dann, wenn sich der aufgesuchte Kunde oder Geschäftspartner daraus zweifelsfrei ergibt oder sich dessen Name unter Zuhilfenahme von Unterlagen einfach ermitteln lässt.
    Dementsprechend müssen die zu erfassenden Fahrten einschließlich des an ihrem Ende erreichten Gesamtkilometerstands im Fahrtenbuch vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergegeben werden. Grundsätzlich ist dabei jede einzelne berufliche Verwendung für sich und mit dem jeweils bei Abschluss der Fahrt erreichten Gesamtkilometerstand des Fahrzeugs aufzuzeichnen.
    Besteht allerdings eine einheitliche berufliche Reise aus mehreren Teilabschnitten, können diese Abschnitte zu einer zusammenfassenden Eintragung miteinander verbunden werden. Dann genügt die Aufzeichnung des am Ende der gesamten Reise erreichten Gesamtkilometerstands, wenn zugleich die einzelnen Kunden oder Geschäftspartner im Fahrtenbuch in der zeitlichen Reihenfolge aufgeführt werden, in der sie aufgesucht worden sind.
    Wird jedoch der berufliche Einsatz des Fahrzeugs zugunsten einer privaten Verwendung unterbrochen, stellt diese Nutzungsänderung wegen der damit verbundenen unterschiedlichen steuerlichen Rechtsfolgen einen Einschnitt dar. Dieser Einschnitt ist im Fahrtenbuch durch Angabe des bei Abschluss der beruflichen Fahrt erreichten Kilometerstands zu dokumentieren.
    Hinweis: Das Finanzgericht Münster hat diese Grundsätze in einer aktuellen Entscheidung bestätigt. Ein Fahrtenbuch sei nicht ordnungsgemäß geführt, wenn nicht für alle Zeiträume Eintragungen vorhanden und die Fahrtziele und aufgesuchten Kunden nicht hinreichend genau bezeichnet seien.
    Steuerberater Jens Henke, Berlin

    Lohnsteuer: Arbeitgeberwerbung auf dem Privatfahrzeug

    Manchmal hat man Glück und findet eine Nebentätigkeit, mit der man ohne viel Aufwand ein bisschen Geld dazuverdienen kann. So kann man zum Beispiel Werbeflächen auf seinem Auto vermieten. Aber reicht es dabei tatsächlich aus, sich einen Aufkleber auf sein Auto zu kleben, oder sind daneben noch andere Dinge zu beachten? Das Finanzgericht Münster (FG) musste im Fall eines Arbeitgebers entscheiden, der Werbefläche auf den Privatfahrzeugen seiner Arbeitnehmer angemietet hatte.
    Die Klägerin beschäftigt ca. 60 Mitarbeiter. Mit einem Teil dieser Mitarbeiter schloss sie Mietverträge über Werbeflächen an deren Privatfahrzeugen ab. Die Mitarbeiter erhielten hierfür ein Entgelt von 255 Euro pro Jahr. In einem Teil der Verträge  wurde eine Zahlung von jährlich „maximal“ 255 Euro vereinbart. Neben der Verpflichtung zur Anbringung der Werbung gab es keine weiteren Pflichten der Arbeitnehmer. Die Laufzeit der Verträge war auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses beschränkt. Die Klägerin behandelte das Entgelt nicht als Arbeitslohn und führte auch keine Lohnsteuer dafür ab. Bei einer Lohnsteuer-Außenprüfung kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass es sich doch um Arbeitslohn handele.
    Die Klage vor dem FG war nicht erfolgreich. Die Zahlungen für die Werbung sind durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst. Das auslösende Moment für die streitigen Zahlungen an die Arbeitnehmer war ihre Stellung als Arbeitnehmer der Klägerin und damit im weitesten Sinne die Arbeitstätigkeit der Arbeitnehmer. Das Gericht konnte nicht erkennen, dass das Ziel, Werbung zu betreiben, eindeutig im Vordergrund stand und das Interesse des Arbeitnehmers am Erhalt der Gegenleistung demgegenüber zurücktrat. Der Vertrag stellt losgelöst vom Dienstverhältnis auch kein marktgerechtes entgeltliches Geschäft dar. Die Verträge enthielten keine der sonst marktüblichen Vorgaben, um einen werbewirksamen Einsatz des Fahrzeugs zu fördern bzw. sicherzustellen, wie zum Beispiel, dass mit dem Pkw eine bestimmte Kilometerleistung erbracht oder eine bestimmte Stundenanzahl gefahren werden muss. Auch fehlte es an einer Regelung dazu, ob an dem Fahrzeug noch Werbung für andere Firmen angebracht werden durfte oder eine Exklusivität geschuldet war. Bei marktüblichen Vertragsgestaltungen gibt es Regelungen hinsichtlich dieser Kriterien. Des Weiteren war die Laufzeit des Vertrags an das Bestehen des Arbeitsverhältnisses geknüpft. Somit stellen die Zahlungen für die Werbung Arbeitslohn dar.
    Hinweis: Bei zusätzlichen Vereinbarungen mit Arbeitnehmern muss immer geprüft werden, ob sich daraus lohnsteuerliche Konsequenzen ergeben.
    Steuerberater Jens Henke, Berlin

    Kein Honorar für unverwertbares Gutachten!

    OLF Naumburg, Beschluss vom 27.12.2019 – 12 W 72/19; JVEG § 8a; ZPO §§ 411, 412

    1. Einem Sachverständigen kann das Honorar aberkannt werden, wenn seine Leistung wegen gravierender Mängel objektiv unverwertbar ist und diese Mängel durch Nachbesserungen und Ergänzungen nicht abgestellt werden können, sondern eine Neuerstellung des Gutachtens zur Beantwortung der Beweisfrage erforderlich ist.
    2. Zu unterscheiden ist dabei grundsätzlich zwischen der Verwertbarkeit und der Überzeugungskraft des Gutachtens.
    3. Die Nichtbeantwortung der Beweisfragen führt zur Unverwertbarkeit.
      Quelle: IBR August 2020

    Wer schweigt, stimmt nicht zu!

    OLG Stuttgart, Urteil vom 11.07.2019 – 13 u 230/18; BGH, Beschluss vom 25.03.2020 – VII ZR 184/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB §§ 145, 150

    1. Wurde ein Angebot durch schlüssiges Verhalten angenommen, stellt die anschließende Auftragsbestätigung, in der vom Angebot abgewichen wird, ein Angebot auf Abänderung des bereits geschlossenen Vertrags dar.
    2. Das Schweigen eines Verbrauchers bedeutet keine Zustimmung, auch wenn er vom Vertragspartner zum Widerspruch aufgefordert wird.

    Quelle: IBR August 2020

    Schlussrechnung ist Fertigstellungsmitteilung!

    OLG Frankfurt, Urteil vom 02.08.2017 – 29 U 216/16; BGH, Beschluss vom 26.02.2020 – VII ZR 187/17 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); VOB/B § 12 Abs. 5

    1. In der Übersendung der Schlussrechnung liegt die (konkludente) Mitteilung des Auftragnehmers über die Fertigstellung seiner Leistung.
    2. Zeigt der Auftragnehmer (konkludent) die Fertigstellung seiner Leistung an, gilt die Leistung im VOB-Vertrag mit Ablauf von 12 Werktagen als abgenommen, wenn keine förmliche Abnahme vereinbart oder verlangt wurde.

    Quelle: IBR August 2020

    Vertrauen zerstört: Keine Fristsetzung zur Mängelbeseitigung erforderlich!

    OLG Stuttgart, Urteil vom 11.07.2019 – 13 U 230/18; BGH, Beschluss vom 25.03.2020 – VII ZR 184/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen);
    BGB §§ 242, 281 Abs. 2, § 323 Abs. 2, § 637 Abs. 2

    1. Mängelrechte gelten erst nach der Abnahme. Etwas anderes gilt, wenn der Auftraggeber nicht mehr die Erfüllung des Vertrags verlangt und die Vertragsbeziehung in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist.
    2. Von der Fristsetzung, aber auch schon von der Aufforderung zur Mängelbeseitigung kann abgesehen werden, wenn der Auftragnehmer die Mängelbeseitigung ernsthaft und endgültig verweigert.
    3. Die Fristsetzung ist aber auch dann entbehrlich, wenn der Auftragnehmer auf die mehrfache Aufforderung, mit der Mängelbeseitigung in angemessener Frist zu beginnen, in keiner Weise reagiert oder eine Mängelbeseitigung durch den Auftragnehmer nicht zuzumuten ist, etwa weil der Auftraggeber mit gutem Grund das Vertrauen in den Auftragnehmer verloren hat.

    Quelle: IBR August 2020 

    Wer sich verkalkuliert, verliert!

    OLG Stuttgart, Urteil vom 04.12.2018 – 12 U 180/17; BGH, Beschluss vom 29.01.2020 – VII ZR 249/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB §§ 275, 635 Abs. 3

    1. Hat sich der Auftragnehmer verkalkuliert und die Kosten für die Herstellung der geschuldeten Leistung falsch eingeschätzt, kann er weder Unverhältnismäßigkeit einwenden, noch hat er einen Anspruch auf Vertragsanpassung, selbst wenn der Kalkulationsirrtum für den Auftraggeber erkennbar war.
    2. Setzt der Auftragnehmer das Bauvorhaben um und führt er eine bestimmte Leistung nicht zu einem Zeitpunkt aus, zu dem sie mit geringerem Aufwand hätte ausgeführt werden können, kann er nicht einwenden, die nachträgliche Ausführung sei mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden.
      Quelle: IBR August 2020

    Architekt muss Umfang seines Auftrags beweisen!

    BGH, Urteil vom 14.05.2020 – VII ZR 205/19; BGB § 631; HOAI 2009 §§ 7, 8 Abs. 2
    Verlangt der Architekt oder Ingenieur ein nach den Mindestsätzen berechnetes Honorar, obliegt es ihm, darzulegen und gegebenenfalls nachzuweisen, dass er mit den von ihm nach den Mindestsätzen abgerechneten Leistungen beauftragt worden ist.
    Quelle: IBR August 2020 

    HOAI-Mindestsätze dürfen (auch mündlich) unterschritten werden!

    OLG Celle, Urteil vom 13.05.2020 – 14 U 71/19 (nicht rechtskräftig); BGB § 138; HOAI 2013 § 7

    1. Eine Honorarvereinbarung ist nicht gem. § 7 Abs. 1 HOAI 2013 unwirksam, weil sie mündlich geschlossen wurde.
    2. Eine Unterschreitung der Mindestsätze der HOAI führt nicht (mehr) zur Unwirksamkeit der Honorarvereinbarung.
    3. Eine Pauschalhonorarvereinbarung kann wegen Sittenwidrigkeit gem. § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein (hier verneint).

    Quelle: IBR August 2020 

    Kündigung eines Bauvertrags ist Anwaltssache!

    OLG Koblenz, Beschluss vom 07.05.2020 – 3 U 2182/19; BGB §§ 280, 631, 648, 823; HOAI §§ 3, 34; RDG §§ 2, 3, 5

    1. Die Empfehlung des Architekten an den Bauherrn, einen bestimmten Bauvertrag zu kündigen, ist eine unerlaubte Rechtsdienstleistung und keine zulässige Nebenleistung i. S. d. § 5 RDG. Sie verpflichtet zum deliktischen Schadenersatz nach § 823 BGB.
    2. Wäre die Empfehlung eine zulässige Nebenleistung i. S. d. § 5 RDG, würde der Architekt nach §§ 631, 280 BGB haften, wenn sie falsch war.

    Quelle: IBR August 2020 

    Planung eines Wärmedämmverbundsystems muss Vorgaben zu Dübeln enthalten!

    LG Münster, Urteil vom 18.03.2020 – 116 O 53/18; BGB §§ 633, 634 Nr. 4

    1. Die Planung eines Wärmedämmverbundsystems als Mineralfasersystem hat Spezifikationen hinsichtlich geeigneter und zu verwendender Dübel zu beinhalten.
    2. Enthält das Leistungsverzeichnis insoweit keine Vorgaben, muss der bauüberwachende Architekt besondere Sorgfalt darauf legen, dass der mit der Ausführung beauftragte Handwerker fachtechnisch für das ausgeschriebene Wärmedämmverbundsystem geeignete Dübel verwendet.

    Quelle: IBR August 2020 

    E-Vergabe: Funktionierende IT ist Bietersache!

    VK Sachsen, Beschluss vom 27.02.2020 – 1/SVK/041-19; BGB§ 276; VgV § 57 Abs. 1 Satz 1
    Es ist Sache des Bieters, dafür zu sorgen, dass seine Hard- und Software korrekt installiert sind und aktuell gehalten werden. Ebenso hat der Bieter sicherzustellen, dass seine allgemeine Netzwerkumgebung und Internetverbindung leistungsfähig ist, um die erforderliche Datenmenge zu transportieren und im erforderlichen Maß mit der Vergabeplattform zu kommunizieren. Der Verantwortungsbereich des Bieters beginnt und endet am Übergabepunkt, also dort, wo die Daten seinen technischen Einflussbereich betreten bzw. verlassen.

    Quelle: IBR August 2020 

    Erhebliches Beweisangebot übergangen: Erneute Tatsachenfeststellung erforderlich!

    BGH, Beschluss vom 28.04.2020 – VI ZR 347/19; GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2, § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 1
    Bemerkt das Berufungsgericht, dass das Eingangsgericht eine für die Beweiswürdigung bedeutsame Tatsache oder ein erhebliches Beweisangebot übergangen hat, bestehen auch ohne dahingehende Rüge konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen, die das Berufungsgericht gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO zu einer erneuten Tatsachenfeststellung verpflichten.
    Quelle: IBR August 2020 

    Berlin: Novelliertes Vergabegesetz in Kraft getreten

    Das neu gefasste Berliner Vergabegesetz wurde am 30.04.2020 im Berliner Gesetz- und Verordnungsblatt auf S. 276 veröffentlicht und ist am 01.05.2020 in Kraft getreten. Es gilt damit für alle Vergabeverfahren, die nach dem 01.05.2020 begonnen werden.
    Quelle: id Verlag

    Einführung der UVgO in Berlin

    Vom 01.04.2020 an gilt in der Hauptstadt verpflichtend die Unterschwellenvergabeordnung. Sie findet Anwendung bei öffentlichen Liefer- und Dienstleistungsaufträgen und Rahmenvereinbarungen.
    Die verbindliche Anwendung der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) in Berlin wurde auf den 01.04.2020 festgelegt. Ein entsprechendes gemeinsames Rundschreiben (01/2020) haben die Senatsverwaltungen für Wirtschaft, Energie und Betriebe sowie für Stadtentwicklung und Wohnen im Februar herausgegeben. Bereits gemäß VOL/A begonnene Vergabeverfahren werden nach altem Recht beendet.
    Die UVgO findet Anwendung auf die Vergabe von öffentlichen Liefer- und Dienstleistungsaufträgen und Rahmenvereinbarungen. Nicht angewendet wird sie auf:
    – Aufträge und Rahmenvereinbarungen oberhalb der EU-Schwellenwerte
    – Aufträge und Rahmenvereinbarungen, die die allgemeinen und besonderen Ausnahmen vom Vergaberecht betreffen
    – die Vergabe von Bauleistungen ( § 1 UVgO, § 1 VOB/)
    – Vergabeverfahren im Rahmen der Daseinsvorsorge gem. Sozialgesetzbuch (SGB).
    Das Rundschreiben der beiden Senatsverwaltungen enthält weiterhin Informationen zu Direktaufträgen, Aufträgen an Freiberufler und die Regelungen der Informationspflicht. Auch auf abweichendes Landesrecht und die Eignungsprüfungen für Bieter gehen die beiden Behörden ein.
    Quelle: Vergabe24

    Wirkung des EuGH-Urteils zur HOAI für private Vertragsparteien? – Neue Webinarreihe

    Am 14. Mai – zehn Monate nachdem der Europäische Gerichtshof die verbindlichen Mindest- und Höchstsätze der HOAI für europarechtswidrig erklärt hatte -, hatte sich die Branche eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu der Frage erhofft, ob die Mindest- und Höchstsätze ab sofort nicht mehr gültig sind, oder ob dies erst mit einer Änderung der HOAI der Fall sein wird. Einige Oberlandesgerichte vertreten hierzu zudem eine differenzierte Auffassung, wonach zwischen öffentlichen und privaten Auftraggebern differenziert werden müsse. Stattdessen hat der BGH das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH mehrere Fragen vorgelegt. Vom EuGH ist aber nach Meinung von Rechtsanwalt Professor Jörn Bröker (Kanzlei Heinemann & Partner, Essen, Mitglied im Unita-jur-Netzwerk) zu erwarten, dass er der Linie des dortigen Generalstaatsanwalts folgen und die unmittelbare Wirkung seines eigenen Urteils vom 4. Juli 2019 für alle Vertragsparteien erklären wird. Bis dahin besteht die unklare Rechtslage aufgrund unterschiedlicher Rechtsprechung mehrerer Oberlandesgerichte fort. Professor Bröker bietet daher einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch per Webinar zu Vergütungsfragen an, für den Sie sich per Mail an den Referenten registrieren können.
    Quelle: UNITA-Brief 7-8/20

    Die Auswirkungen der Gesamtschuld auf die Baubeteiligten

    Bauen ist komplex – die erfolgreiche Realisierung eines Bauvorhabens erfordert deshalb eine besonders gute, koordinierte und vor allem kooperative Zusammenarbeit der Beteiligten. Es wundert nicht, dass die baurechtliche Rechtsprechung immer wieder zutreffend das besondere Kooperationsgebot der Beteiligten betont. Bei der Frage der Haftung ist dieser Grundsatz jedoch schnell vergessen, was auch für das sog. Gesamtschuldverhältnis, das regelmäßig zwischen Planern, Sonderfachleuten und Bauunternehmern besteht, gilt. Was bedeutet dieses Gesamtschuldverhältnis für die Praxis?

    Grundsatz:
    Bei Planungs- und Bauverträgen handelt es sich in aller Regel um Werkverträge. Werkverträge sind dadurch gekennzeichnet, dass der Unternehmer dem Besteller das Werk, mithin die Planung, Ausführung oder Überwachung des Bauwerks frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen hat (§ 633 Abs. 1 BGB). Das Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat (oder die anderen Voraussetzungen des § 633 Abs. 2 BGB vorliegen). Für die Frage der Haftung kommt es daher (im ersten Schritt) nur darauf an, ob das Werk mangelhaft ist – ein Verschulden des Unternehmers ist hingegen nicht erforderlich.
    Quelle: HDI INGletter 1/2020

     Anwendung der HOAI auf „Alt-Fälle“ weiter ungeklärt

    Vor gut einem Jahr „knallte“ es in der HOAI-Welt gewaltig, die Nachbeben sind noch immer nicht vorbei. Nachdem der EuGH die Verbindlichkeit der Mindest- und Höchstsätze für europarechtswidrig erklärt hatte, ist die Reichweite dieses Urteils auch heute noch nicht geklärt. Das gilt insbesondere für die Frage, ob sich die EuGH-Entscheidung auch auf sog. Alt-Fälle auswirkt, mithin ob eine Unterschreitung des Mindestsatzes bzw. eine Überschreitung des Höchstsatzes bei einem Vertrag, der vor der EuGH-Entscheidung abgeschlossen wurde, geltend gemacht werden kann oder nicht.
    Quelle: HDI INGletter 1/2020

     Die Pandemie als Leistungshindernis bei Architektenleistungen

    Einen direkten Bezug zum Architektenberuf haben die bisherigen allgemeingültigen Maßnahmen, die durch Rechtsverordnung zur Eindämmung der Corona-Pandemie erlassen wurden, bislang noch nicht. Jedoch dürfte auf der Hand liegen, dass zumindest indirekt die Möglichkeit besteht, dass auch Einzelmaßnahmen auf die Leistungsfähigkeit eines Architekturbüros Einfluss haben können (beispielsweise, weil Arbeitnehmer aufgrund von angeordneter Quarantäne oder notwendiger Kinderbetreuung nicht ins Büro oder nicht auf die Baustelle kommen können etc.).

    Während in Bauverträgen, bei denen vertraglich die Geltung der VOB/B vereinbart wurde, in solchen Fällen der Tatbestand der Behinderung durch höhere Gewalt gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 lit. c VOB/B mit der Rechtsfolge einer Anpassung der Vertragsfristen verwirklicht sein kann (vgl. Erlass des BMI vom 23.03.2020, Az.: BW I 7 – 70406/21#1; Kues/ Thomas, in: IBR, 17.03.2020, „Die Corona-Krise: Höhere Gewalt bei der Abwicklung von Bauverträgen?!“), fehlt eine entsprechende Regelung in Architektenverträgen regelmäßig.

    Es soll im Folgenden untersucht werden, ob sich dies zu Lasten des Architekten auswirkt und es sich dementsprechend empfiehlt, eine derartige Klausel zukünftig auch in Architektenverträgen zu etablieren.
    Quelle: HDI INGletter 1/2020

    Bürgschaft statt Sicherheitseinbehalt – über UNIT ohne Beeinträchtigung der Kreditlinie

    Die Corona-Krise und ihre gesamtwirtschaftlichen Folgen verstärken bei großen Auftraggebern den Trend zu Sicherheitseinbehalten, um die eigene Liquidität zu stärken. Derartige Einbehalte zur Erfüllung des Vertrages als auch zur Gewährleistung belasten freilich die Liquidität auf Auftragnehmerseite. Insbesondere die Gewährleistungs-Sicherheitseinbehalte bei Architekten und Ingenieuren sind kritisch zu sehen, weil ja letztendlich der Berufshaftpflichtversicherungsschutz das wesentliche Risiko absichert. Zudem hat die lange Nachhaftungszeit der Planer bis einschließlich Leistungsphase 9 neben der langjährigen Verschlechterung der Liquidität zur Folge, dass die in der Krise steigenden Ausfallrisiken – sprich: Insolvenz des Auftraggebers – vom Planer zu 100 % selbst zu tragen ist. Fazit: derartige, für Bauunternehmen gedachte Sicherungsklauseln sollten Planer in ihren Verträgen nicht einfach akzeptieren. Oft lässt sich die Klausel mit Verweis darauf wegverhandeln, dass die Sicherung als unwirksam ins Leere laufen könnte, zumal ein Planungsbüro anders als ein ausführendes Unternehmen eine genehmigungsfähige mangelfreie Planung und nicht das Bauwerk schuldet. Falls der Auftraggeber auf Sicherungen besteht, bietet UNIT Alternativen zur Hausbank, wo jeder Avalkredit die Kreditlinie beeinflusst. Mangelgewährleistungs- oder Ausführungsbürgschaften (LPh 9) können auch über qualifizierte Versicherer kompetent abgewickelt werden.
    Quelle: UNITA-Brief 7-8/20

    Durchführung von Ortsterminen trotz Corona

    LG Saarbrücken, Beschl. v. 12.05.2020 – 15 OH 61/19; ZPO §§ 245, 227, 404a
    Auch in Zeiten der Corona-Pandemie sind Ortstermine zur Beweisaufnahme durch Sachverständige durchzuführen, auch wenn eine Partei nicht mit der Durchführung einverstanden ist. Die Einhaltung der üblichen Infektionsschutzregeln ist durch den Sachverständigen sicherzustellen.
    Quelle: b.v.s. Sachverständige

    HOAI-Mindestsätze sind nicht mehr verbindlich!

    OLG Celle, Urteil vom 01.04.2020 – 14 U 185/19 (nicht rechtskräftig); HOAI 2013 § 7 Abs. 5
    Die Mindestsatzfiktion gem. § 7 Abs. 5 HOAI 2013 verstößt gegen Art. 15 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt („Dienstleistungsrichtlinie“) und ist wegen des Anwendungsvorbehalts des Europarechts von den nationalstaatlichen Gerichten nicht mehr anzuwenden.
    Quelle: IBR Mai 2020

    Widersprechen oder zahlen!

    OLG Hamburg, Urteil vom 25.09.2019 – 4 U 26/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen); BGB §§ 164, 167, 307; VOB/B § 2 Abs. 8 Nr. 2,0§ 12 Abs. 4
    1. Der bauleitende Architekt ist nicht dazu berechtigt, die Abnahme der Leistung zu erklären. Etwas anderes gilt, wenn er hierzu ausdrücklich bevollmächtigt wurde oder der Auftraggeber sich die Mitwirkung des Architekten an der Abnahme nach den Grundsätzen der Anscheins- oder Duldungsvollmacht zurechnen lassen muss.
    2. Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers, wonach „zusätzlich  Leistungen nur nach schriftlich erteiltem Auftrag bezahlt werden“, benachteiligt den Auftragnehmer unangemessen und ist unwirksam.
    3. Eine auftragslos erbrachte Leistung wird vom Auftraggeber dadurch anerkannt, dass er von der Leistungserbringung Kenntnis hat und sie widerspruchslos entgegennimmt.

    Vorschuss erheblich überschritten: Vergütung wird gekappt!

    OLG Frankfurt, Beschluss vom 12.11.2019 – 18 W 155/19; JVEG § 8a; ZPO § 407a Abs. 4 Satz 2
    § 8a Abs. 4 JVEG ist nicht dahin einschränkend auszulegen, dass die Kürzung der Vergütung des Sachverständigen unterbleibt, wenn davon auszugehen ist, dass es auch bei pflichtgemäßer Anzeige gem. § 407a Abs. 4 Satz 2 Var. 2 ZPO zu einer Fortsetzung seiner Tätigkeit gekommen wäre. Dies ist auch nicht für die Erheblichkeit i.S.v. § 407a Abs. 4 Satz 2 Var. 2 ZPO vorausgesetzt.
    Quelle: IBR Juni 2020

    Privatgutachten ist zu berücksichtigen!

    BGH, Beschluss vom 26.02.2020 – IV ZR 220/19; ZPO § 411 Abs. 3, § 412
    Legt eine Partei ein Gutachten vor, das im Gegensatz zu den Erkenntnissen des gerichtlich bestellten Sachverständigen steht, so darf der Tatrichter den Streit der Sachverständigen nicht dadurch entscheiden, dass er ohne einleuchtende und logisch nachvollziehbare Begründung einem von ihnen den Vorzug gibt.
    Quelle: IBR Juni 2020

    Wann kann ein Bauvertrag aus wichtigem Grund gekündigt werden?

    OLG Stuttgart, Urteil vom 31.01.2017 – 10 U 70/16; BGH, Beschluss vom 24.07.2019 – VII ZR 53/17 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB § 314; VOB/B §§ 8, 9
    1. Die Kündigungstatbestände der VOB/B sind nicht abschließend. Über die in § 8 und § 9 VOB/B geregelten Fälle hinaus können beide Vertragsparteien den Bauvertrag kündigen, wenn durch ein schuldhaftes Verhalten des anderen Vertragspartners der Vertragszweck so gefährdet ist, dass der vertragstreuen Partei die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann.
    2. Die Kündigung eines Bauvertrags aus wichtigem Grund ist grundsätzlich erst zulässig, wenn der andere Vertragsteil ausdrücklich und unmissverständlich auf die Folgen einer weiteren Nichterfüllung der Vertragspflichten hingewiesen worden ist.
    3. Einer Fristsetzung mit Kündigungsandrohung bzw. einer Abmahnung bedarf es ausnahmsweise nicht, wenn entweder eine solche Nachfristsetzung bzw. Androhung von vorneherein keinen Erfolg verspricht oder sich das Verhalten des Kündigungsgegners als eine besonders schwere Vertragsverletzung darstellt, die es dem Kündigenden unzumutbar macht, weiterhin mit diesem Partner im Vertrag zu bleiben bzw. den Ablauf einer durch die Abmahnung eröffneten weiteren Zeitspanne abzuwarten.
    4. Die unberechtigte Verweigerung der Bezahlung von Abschlagsrechnungen kann einen Grund zur fristlosen Kündigung darstellen. Steht aber nur ein geringer Betrag zur Zahlung offen, ist der Auftragnehmer gehalten, sich vor einer fristlosen Kündigung um eine einvernehmliche Beilegung des Konflikts zu bemühen.
    Quelle: IBR Mai 2020

    Nachfrist wird nicht eingehalten: 500 Euro Ordnungsgeld!

    OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.11.2019 – 5 W 32/19; ZPO § 411
    Weist ein gerichtlich bestellter Sachverständiger das Gericht nicht vor Fristablauf darauf hin, dass die vom Gericht für die Erstellung des Gutachtens gesetzte Nachfrist nicht eingehalten werden kann, ist ein ein Ordnungsgeld begründendes Verschulden des Sachverständigen zu bejahen. Dabei ist eine Nachfrist von lediglich einem Monat ausreichend bemessen.
    Quelle: IBR März 2020

    HOAI-Mindestsatz gilt in Sachsen (zunächst) auch weiterhin!

    OLG Dresden, Beschluss vom 30.01.2020 – 10 U 1402/17 (nicht rechtskräftig); HOAI 2013 § 7 Abs. 1, 3, 4
    1. Rechtsakte des Gemeinschaftsrechts haben auch vor deutschen Gerichten Anwendungsvorrang. Die deutschen Gerichte sind daher zur richtlinienkonformen Auslegung der nationalen Norm verpflichtet.
    2. Eine richtlinienkonforme Auslegung dahingehend, dass die HOAI nicht mehr Grundlage der üblichen Vergütung sein könnte, ist nicht möglich.
    3. Bis zur Anpassung der HOAI nach Maßgabe der Entscheidung des EuGH gelten die Vorschriften der HOAI daher fort.
    Quelle: IBR März 2020

    Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus!

    OLG Dresden, Beschluss vom 17.12.2019 – 4 W 943/19; ZPO §§ 42, 406
    Bei der Frage, ob eine beleidigende Herabsetzung einer Prozesspartei in einem Sachverständigengutachten vorliegt, die Anlass zur Besorgnis der Befangenheit eines Sachverständigen bietet, ist zu berücksichtigen, ob die Formulierung spontan oder als Reaktion auf vergleichbare Formulierungen einer Prozesspartei erfolgt sind.
    Quelle: IBR März 2020

    Verjährungsfrist für Abnahmemängel wird durch Mängelrüge nicht verlängert!

    LG München I, Urteil vom 18.09.2019 – 11 O 9715/18; BGB §§ 214, 273, 320 Abs. 1, § 389; VOB/B § 13 Abs. 5 Nr. 1
    Eine schriftliche Mängelrüge nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B verlängert die Mängelverjährungsfrist bezüglich solcher Mängel nicht, die sich der Auftraggeber bei Abnahme bereits vorbehalten hat.
    Quelle: IBR März 2020

     Alle Planungsleistungen sind bei der Auftragswertberechnung zu addieren!

    VK Westfalen, Beschluss vom 18.12.2019 – VK 1-34/19; GWB § 106 Abs. 2; VgV § 3 Abs. 1, 7, § 73 Abs. 1
    Planungsleistungen sind wertmäßig zu addieren und europaweit auszuschreiben, soweit der sog. Schwellenwert für Dienstleistungen überschritten wird.
    Quelle: IBR März 2020

    Folgen eines Verstoßes gegen die Formvorschriften des § 7 Abs. 1 HOAI für Pauschalpreisabrede

    OLG Celle 14. Zivilsenat, Urteil vom 08.01.2020, 14 U 96/19; § 7 Abs. 1 HOAI; § 632 Abs. 2 Alt 2 BGB, § 648a BGB; Art. 15 EGRL 123/2006; § 301 ZPO
    Die Formvorschriften des § 7 Abs. 1 HOAI dienen hauptsächlich dem nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 04.07.2019 – C-377/17 – festgestellten – nicht mehr legitimen – Ziel, ein Abweichen von den Mindest- und Höchstsätzen zu erschweren. Der Zusammenhang mit diesen ist daher so eng, dass die Norm nicht teilbar ist und sich der Anwendungsvorrang des Unionsrechts auf den gesamten § 7 Abs. 1 HOAI bezieht. Ein Verstoß gegen die Formvorschriften des § 7 Abs. 1 HOAI führt nicht zur Unwirksamkeit einer Pauschalpreisabrede.
    Die HOAI-Mindestsätze treffen keine Aussage in Bezug auf die übliche Vergütung gem. § 632 Abs. 2 2. Alt BGB.
    Quelle: Rechtsprechung Niedersachsen

    Preisrecht der HOAI ist auch in Berlin nicht mehr verbindlich!

    KG, Urteil vom 13.09.2019 – 7 U 87/18 – (nicht rechtskräftig); BGB § 242; HOAI 2013 §§ 1, 3, 7
    1. Nach der Entscheidung des EuGH vom 04.07.2019 sind die Mindest- und Höchstsätze der HOAI europarechtswidrig. Die Beschränkungen der HOAI sind daher gegenstandslos, soweit sie auf der Verbindlichkeit der Mindest- und Höchstsätze beruhen, weil eine derartige Festsetzung gegen höherrangiges Unionsrecht verstößt.
    2. Die nationalen Gerichte sind wegen des Anwendungsvorbehalts des Europarechts verpflichtet, die für europarechtswidrig erklärten Regelungen der HOAI nicht mehr anzuwenden.
    Quelle: IBR Februar 2020

    HOAI-Mindestsatzklageverfahren kann bis zum EuGH-Vorabentscheid ausgesetzt werden!

    LG Essen, Beschluss vom 20.03.2019 – 44 O 12/18; HOAI 2013 § 7; Richtlinie 2006/123/EG Art. 15 Abs. 3 b, c; ZPO § 148
    Ein Rechtsstreit, der einen behaupteten Anspruch auf eine nach dem HOAI-Mindestsatz zu berechnende Vergütung zum Gegenstand hat, kann bis zur Erledigung des bereits beim EuGH anhängigen Vorabentscheidungsverfahrens ausgesetzt werden.
    Quelle: IBR Februar 2020

    Widersprüche zwischen Gerichts- und Privatgutachten sind aufzuklären!

    BGH, Beschluss vom 05.11.2019 – VIII ZR 344/18; GG Art. 103 Abs. 1; ZPO §§ 286, 412
    Klärt das Gericht entscheidungserhebliche Widersprüche zwischen den Schlussfolgerungen eines gerichtlich bestellten Sachverständigen und denjenigen eines Privatgutachters nicht hinreichend auf, sondern folgt ohne logische und nachvollziehbare Begründung den Ausführungen eines von ihnen – hier: denjenigen des Privatgutachters -, fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die Überzeugungsbildung des Gerichts und ist damit das rechtliche Gehör derjenigen Partei, die sich das ihr günstige Beweisergebnis – vorliegend in Form einen gerichtlichen Sachverständigengutachtens – zu eigen gemacht hat, verletzt.
    Quelle: IBR Februar 2020

    Fachingenieur plant fehlerhaft: Auftraggeber trifft überwiegende Mangelverantwortung!

    OLG Köln, Urteil vom 28.11.2019 – 7 U 166/18; BGB §§ 254, 637 Abs. 3; VOB/A 2006 § 9; VOB/B § 4 Nr. 3, § 13 Nr. 5 Abs. 2
    1. Öffentliche Auftraggeber sind verpflichtet, den Untergrund von Fahrbahnbauarbeiten im Rahmen der Planung hinreichend zu untersuchen. Wird das versäumt, liegt ein Planungsfehler vor.
    2. Führt ein fachkundiger Auftragnehmer eine vom Auftraggeber fehlerhaft geplante Leistung aus, können Planungsmängel ein Mitverschulden des Auftraggebers begründen. Dabei muss sich der Auftraggeber Fehler seiner Architekten und Sonderfachleute zurechnen lassen.
    3. In der Regel trägt der Auftragnehmer im Rahmen der Mängelhaftung die höhere Verantwortung, weil dieser mit der gebotenen Prüfung die Mängel hätte verhindern können und damit die eigentliche Ursache für die weiteren Schäden setzt.
    4. Ein höherer Verantwortungsteil des Auftraggebers kann anzunehmen sein, wenn Baumängel ausschließlich auf Planungsfehlern eines vom Auftraggeber beauftragten Fachingenieurbüros beruhen und der Auftragnehmer nicht über entsprechende weitergehende Fachkenntnisse für das betreffende Werk verfügt.
    Quelle: IBR Februar 2020

    Bedenkenhinweis belastet Architekten!

    OLG Rostock, Urteil vom 30.01.2018 – 4 U 147/14; BGH, Beschluss vom 18.09.2019 – VII ZR 45/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB §§ 242, 426 Abs. 1; VOB/B § 4 Abs. 3
    1. Eine  „andere Bestimmung“ für die Quote bei der Gesamtschuld nach § 426 Abs. 1 BGB kann sich in erster Linie aus dem Maß der Verursachung ergeben; in zweiter Linie ist das Verschulden maßgeblich.
    2. Derjenige, der eine vom gesetzlichen Regelfall abweichende Quote geltend macht, ist darlegungs- und beweispflichtig. Dies gilt für den Ausgleichsberechtigten, der eine höhere Quote beansprucht, wie für den Ausgleichsverpflichteten, der eine geringere Quote einwendet.
    3. Überwachender Architekt und ausführender Unternehmer haften für einen Mangel am Bauwerk als Gesamtschuldner. Eine Bedenkenanmeldung des Unternehmers, gerichtet an den Architekten, kann im Innenverhältnis zu einer alleinigen Belastung des Architekten führen.
    Quelle: IBR Januar 2020

    Dämmstoffe sind Teile einer Brandwand!

    VGH Bayern, Beschluss vom 27.08.2019 – 15 ZB 19.428; BayBO Art. 6 Abs. 1 Satz 3, Art. 28Abs. 1, 2, 3, 7 Satz 3, Art. 76 Satz 1

    1. Bereits die Funktion einer Brandwand setzt voraus, dass die äußere Verkleidung der Wand nichtbrennbar sein muss.
    2. Das Erfordernis der Verwendung nichtbrennbarer Baustoffe bei Brandwänden galt in Bayern somit bereits schon vor der zum 01.01.2013 in Kraft getretenen Fassung des Art. 28 BayBO mit der Bayerischen Bauordnung vom 01.01.2008.
    Quelle: IBR Januar 2020

    Abschlagsrechnung kann Schlussrechnung sein!

    OLG Koblenz, Beschluss vom 11.05.2017 – 4 U 1307/16; BGH, Beschluss vom 24.07.2019 – VII ZR 134/17 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB §§ 195, 199; VOB/B § 14 Abs. 3, § 16 Abs. 3 Nr. 1
    1. Eine Rechnung ist eine Schlussrechnung, wenn sie aus Sicht des Auftraggebers abschließenden Charakter hat, d. h. wenn sich aus ihr ergibt, dass sämtliche Bauleistungen abgerechnet werden sollen.
    2. Auch wenn eine Forderungsaufstellung als Abschlagsrechnung überschrieben ist, kann es sich um eine Schlussrechnung handeln.
    3.Geringfügige Restleistungen (hier: Abtransport der zu entsorgenden Baumaterialien) stehen der Erstellung der Schlussrechnung nicht entgegen.
    Quelle: IBR Dezember 2019

    Bauherr und Unternehmer vergleichen sich: Ist der Architekt „aus dem Schneider“?

    OLG Brandenburg, Urteil vom 24.10.2019 – 12 U 47/19; BGB § 426 Abs. 1, §§ 633, 634, 635
    1. Nur bei wichtigen oder bei kritischen Baumaßnahmen, die erfahrungsgemäß ein hohes Mängelrisiko aufweisen, ist der Architekt zur erhöhten Aufmerksamkeit und zu einer intensiven Wahrnehmung der Bauaufsicht verpflichtet.
    2. Einfache und gängige Tätigkeiten, die für die Funktionalität der Gesamtwerkleistung nicht wichtig sind, sind zumindest stichprobenhaft zu überwachen. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein hohes Mängelrisiko besteht.
    3. Ein zwischen dem Auftraggeber und dem Bauunternehmer wegen Baumängeln geschlossener Vergleich hindert den Auftraggeber nicht daran, den wegen Bauüberwachungsfehlern gesamtschuldnerisch mit dem Bauunternehmer haftenden Architekten auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.
    Quelle: IBR Dezember 2019

    Im Deliktsrecht kann der Sachschaden weiterhin fiktiv abgerechnet werden!

    OLG Frankfurt, Beschluss vom 18.06.2019 – 22 U 210/18; BGB §§ 249, 253
    1. Der durch eine deliktische Handlung Geschädigte hat Anspruch auf Ersatz der in einer Fachwerkstatt anfallenden Reparaturkosten unabhängig davon, ob er die beschädigte Sache tatsächlich voll, minderwertig oder überhaupt nicht reparieren lässt.
    2. Allerdings ist der Geschädigte gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Begehrt er den Ersatz fiktiver Reparaturkosten, genügt es, dass er den Schaden auf der Grundlage eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens berechnet, sofern das Gutachten hinreichend ausführlich ist und das Bemühnen erkennen lässt, dem konkreten Schadensfall vom Standpunkt eines wirtschaftlichen Betrachters gerecht zu werden.
    3. Die fiktive Abrechnung bezieht sich ausschließlich auf Sachschäden. Bei Nichtvermögensschäden besteht keine Verwendungsfreiheit des Geschädigten.
    4. Die Entscheidung des VII. Zivilsenats des BGH vom 22.02.2018 steht der Möglichkeit einer fiktiven Abrechnung des Sachschadens im Deliktsrecht nicht entgegen.
    Quelle: IBR Dezember 2019

    Folgen eines Verstoßes gegen die Formvorschriften des § 7 Abs. 1 HOAI für Pauschalpreisabrede

    OLG Celle 14. Zivilsenat, Urteil vom 08.01.2020, 14 U 96/19; § 7 Abs. 1 HOAI; § 632 Abs. 2 Alt 2 BGB; Art 15 EGRL 123/2006; § 301 ZPO
    Die Formvorschriften des § 7 Abs. 1 HOAI dienen hauptsächlich dem nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 04.07.2019 – C-377/17 – festgestellten – nicht mehr legitimen – Ziel, ein Abweichen von den Mindest- und Höchstsätzen zu erschweren. Der Zusammenhang mit diesen ist daher so eng, dass die Norm nicht teilbar ist und sich der Anwendungsvorrang des Unionsrechts auf den gesamten § 7 Abs. 1 HOAI bezieht.
    Ein Verstop gegen die Formvorschriften des § 7 Abs. 1 HOAI führt nicht zur Unwirksamkeit einer Pauschalpreisabrede.
    Die HOAI-Mindestsätze treffen keine Aussage in Bezug auf die übliche Vergütung gem. § 632 Abs. 2 2. Alt BGB.
    Quelle: Rechtsprechung Niedersachsen

    Berufshaftpflichtversicherung bietet keinen Schutz für Softwareprogrammierung

    Als auf dem VBI-Bundeskongress im November 2019, auf dem u. a. Einsatzmöglichkeiten von Künstlicher Intelligenz diskutiert wurden, ein Referent fragte, wer denn heute bereits Software für eigene Zwecke (um)programmiere, gingen die meisten Hände hoch. Für diese Praxis besteht insofern eine Grauzone beim Versicherungsschutz, als dort nur die „gesetzliche Haftpflicht aus der Verwendung von Bausoftware“ versichert gilt, während „Erstellung, -Handel, -Implementierung, -Pflege von Software“ dezidiert ausgeschlossen und – in UNIT-Sonderkonditionen sowie spezifisch für BIM-Anwendungen gibt es je nach Versicherer Erweiterungen. Unsere Berater prüfen im Einzelfall, ob der zusätzliche Abschluss einer IT-Haftpflichtversicherung anzuraten ist. In jedem Fall empfehlen wir diese Versicherung Planern, die für ihre Kunden Software programmieren und IT-beratung im engeren Sinne anbieten. Davon hören wir immer öfter im Zusammenhang mit Steuerungstechnik im TGA-Bereich (z. B. Präsenzsysteme in Hotels) oder auch beim Hochwasserschutz (Wehre). Derartige Leistungen erfordern unseres Erachtens eine individuelle Beratung zum Versicherungsschutz. Sprechen Sie Ihre Kundenberater vorsichtshalber an, bevor Sie in dieser Grauzone tätig werden.
    Quelle: UNITA-Brief 1-2/20

    Mindest- und Höchstsätze der HOAI sind zwischen Privaten weiterhin verbindlich!

    OLG München, Beschluss vom 08.10.2019 – 20 U 94/19 Bau (nicht rechtskräftig); HOAI 2013 § 7
    In Rechtsverhältnissen zwischen Privaten sind die Regelungen der HOAI zur Verbindlichkeit von Mindest- und Höchstsätzen  auch vor dem Hintergrund der Entscheidung des EuGH vom 04.07.2019 weiterhin anzuwenden.
    Quelle: IBR Dez. 2019

    Erst kommt der Vertrag, dann das Gesetz!

    OLG München, Beschluss vom 27.03.2019 – 27 U 3647/18 Bau (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen); BGB §§ 134, 138, 311 Abs. 1; GG Art. 2 Abs. 1
    1. Im Bauvertragsrecht gibt es vielfach Vertragsgestaltungen, die keinem gesetzlichen Vertragstypus in Reinform entsprechen, sondern verschiedene Elemente enthalten (gemischte Vertragstypen oder Verträge eigener Art).
    2. Werden im Rahmen der Vertragsfreiheit eigenständige Regelungen getroffen, sind diese für das zwischen den Parteien bestehende Vertragsverhältnis grundsätzlich maßgeblich.
    3. Enthält der Vertrag eine Anspruchsgrundlage und sind die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt. Spielt die theoretische Zuordnung zu einem gesetzlich vertypten Vertrag keine tragende Rolle mehr.
    Quelle: IBR Dez. 2019

    Schadensersatz auch bei Einhaltung der DIN-Norm!

    OLG München, Urteil vom 11.09.2019 – 7 U 4531/18; BGB §§ 249, 251, 823 Abs. 1, § 906 Abs. 1, 2
    1. Ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch besteht bei massiven Gebäudeschäden durch Verbauarbeiten auf dem Nachbargrundstück auch dann, wenn bei den Arbeiten die Richtwerte der einschlägigen DIN-Norm eingehalten werden.
    2. Der geschädigte Nachbar kann fiktive  Sanierungskosten verlangen, solange er Grundstückseigentümer ist.
    3. Nach einer Grundstücksveräußerung kann er die Wertdifferenz, gemessen am Verkehrswert verlangen.
    Quelle: IBR Dez. 2019

    Keine Sachverständigenvergütung für mangelhaftes Gutachten?

    OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.09.2019 – 10 W 102/19; GKG § 66 Abs. 2 Satz 1; JVEG § 8a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
    Für die vergütungsrelevante Berücksichtigung einer Sachverständigenleistung i. S. d. § 8a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 JVEG durch das Gericht reicht es im selbstständigen Beweisverfahren aus, dass das Gericht in dem angefochtenen Beschluss ausführt, das Gutachten inhaltlich für nachvollziehbar zu halten und zur Unverwertbarkeit führende Mängel nicht erkennen zu können.
    Quelle: IBR Dez. 2019

    Ohne Architektenvertrag kein Architektenhonorar!

    OLG Frankfurt, Urteil vom 17.04.2018 – 5 U 32/17; BGH, Beschluss vom 23.01.2019 – VII ZR 99/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB §§ 133, 154, 157, 649 Satz 2; HOAI 2013 § 15
    1. Es entspricht üblichen Gepflogenheiten, dass Architekten zur Akquisition von Aufträgen Teilleistungen zunächst unentgeltlich erbringen, um anschließend den Auftrag zu erhalten.
    2. Hinsichtlich der unentgeltlichen Akquisetätigkeit kann keine Beschränkung auf bestimmte Leistungsphasen angenommen werden, ab deren Überschreitung von einem vergütungspflichtigen Vertragsverhältnis auszugehen ist. Selbst Leistungen der Leistungsphasen 3 und 4 können im Rahmen der Akquise unentgeltlich erbracht werden.
    3. Auch wenn eine Beauftragung nachgewiesen wurde, besteht keine Vermutung für einen Auftrag zur sog. Vollarchitektur bzw. Generalplanertätigkeit.
    4. Ein wichtiger Grund für die Kündigung des Architektenvertrags durch den Auftraggeber liegt vor, wenn der Architekt eine vorgegebene verbindliche Kostenobergrenze, die als Beschaffenheitsvereinbarung zu qualifizieren ist, schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt in schwer wiegender Weise missachtet hat.
    Quelle: IBR Dez. 2019

    Anpassung der EU-Schwellenwerte zum Vergaberecht für den 01.01.2020 veröffentlicht

    Im Oktober 2019 hatte die Kommission angekündigt, dass die Schwellenwerte der EU-Richtlinien für öffentliche Aufträge zum 01.01.2020 turnusgemäß angepasst werden. Im Einzelnen betrifft dies die Schwellenwerte der EU-Richtlinien für klassische öffentliche Aufträge, für Aufträge aus dem Bereich der besonderen Sektoren, die Konzessionsvergaberichtlinie sowie für die Richtlinie zu Vergaben in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit.

    Die geänderten Schwellenwerte wurden am 31.10.2019 im Amtsblatt der EU veröffentlicht und gelten ab dem 01.01.2020.

    – Richtlinie für klassische öffentliche Auftraggeber
    (Richtlinie 2014/24/EU, geändert durch Delegierte Verordnung (EU) 2019/1828 der Kommission vom 30.10.2019):Bauleistungen: 5.350.000 € (statt bisher 5.548.000 €)
    • Liefer-/Dienstleistungen: 214.000 € (statt bisher 221.000 €)
    • zentrale Regierungsdienststellen: 139.000 € (statt bisher 144.000 €)
    – Sektorenrichtlinie (Richtlinie 2014/25/EU, geändert durch Delegierte Verordnung (EU) 2019/1829 der Kommission  vom 30.10.2019) und Richtlinie für Vergaben in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit (Richtlinie 2009/81/EG, geändert durch Delegierte Verordnung (EU) 2019/1830 der Kommission vom 30.10.2019):
    • Bauleistungen: 5.350.000 € (statt bisher 5.548.000 €)
    • Liefer-/Dienstleistungen: 428.000 € (statt bisher 443.000 €)
    – Konzessionsrichtlinie (Richtlinie 2014/23/EU, geändert durch Delegierte Verordnung (EU) 2019/1827 der Kommission vom 30.10.2019):
    • 5.350.000 € (statt bisher 5.548.000 €)
    Weitere Infos finden Sie unter: www.forum-vergabe.de
    Quelle: forum vergabe Pressemitteilung vom 06.11.19

    Prüfingenieure sind Freiberufler!

    BFH, Urteil vom 14.05.2019 – VIII R 35/16; EStG § 15 Abs. 3 Nr. 1, § 18
    1. Prüfingenieure, die Hauptuntersuchungen und Sicherheitsprüfungen durchführen, üben eine freiberufliche Tätigkeit i. S. d § 18 EStG aus.
    2. Der Freiberuflichkeit der Tätigkeit eines Prüfingenieurs steht die Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte nicht entgegen, wenn er weiterhin leitend und eigenverantwortlich i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG tätig ist. An einer eigenverantwortlichen Tätigkeit fehlt es jedoch, wenn angestellte Prüfingenieure eigenständig Hauptuntersuchungen durchführen und dabei lediglich stichprobenartig überwacht werden.
    Quelle: IBR 11/19

    Außerordentliche Kündigung wegen manipulierter Arbeitszeiterfassung und vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit

    Das LAG Mecklenburg-Vorpommern hat mit Urteil vom 30.07.2019 (Az.: 5 Sa 246/18) entschieden, dass eine schwerwiegende Verletzung der Pflicht zur korrekten Erfassung der Arbeitszeit und die Vortäuschung einer Arbeitsunfähigkeit die außerordentliche Kündigung eines annähernd 40 Jahre bestehenden, bisher unbelasteten Arbeitsverhältnisses rechtfertigen können.
    Quelle: BDVI

    Keine Urlaubsgewährung im gekündigten Arbeitsverhältnis

    Das LAG Mecklenburg-Vorpommern hat mit Beschluss vom 12.09.2019 (Az.: 5 SAGa 6/19) entschieden, dass ein Arbeitnehmer im gekündigten Arbeitsverhältnis, dessen Fortbestand aufgrund einer Kündigungsschutzklage im Streit ist, im Wege einer einstweiligen Verfügung regelmäßig keine Urlaubsgewährung für einen Zeitraum nach Ablauf der Kündigungsfrist durchsetzen kann.
    Quelle: BDVI

    „Mobbing“ wegen ostdeutscher Herkunft

    Die Herabwürdigung eines Mitarbeiters wegen seiner ostdeutschen Herkunft stellt keine Benachteiligung im Sinne des § 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wegen der ethnischen Herkunft oder Weltanschauung dar. Das hat das ArbG Berlin mit Urteil vom 15.08.2019 (Az.: 44 Ca 8580/18) entschieden.
    Quelle: BDVI

    Zimmerer muss auch Statik können!

    OLG München, Beschluss vom 17.08.2018 – 13 U 3724/17 Bau (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen); BGB §§ 633, 634
    Auch wenn ein Zimmerei- und Holzbaubetrieb nicht ausdrücklich mit der Erstellung einer Statik beauftragt wird, kann der Auftraggeber ein statisch einwandfreies Gebäude erwarten. Erfahrene Bauunternehmen verfügen insoweit über in der Praxis gewonnene Erfahrungswerte.
    Quelle: IBR 11/19

    Neues DSGVO-Bußgeldmodell

    Die deutschen Datenschutzbehörden haben am 14.10.219 ihr Konzept zur Bußgeldbemessung bei Verstößen von Unternehmen gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) veröffentlicht:
    https://www.datenschutzkonferenz-online.de/media/ah/20191016_bu%C3%9Fgeldkonzept.pdf
    Quelle: BDVI

    Keine Kürzung der Vergütung des Sachverständigen ohne Anhaltspunkte

    LG Düsseldorf, 28.03.2018 – 11 C 297/16
    Praxistipp:
    Sachverständige haben bei der Abrechnung von Gutachten für Gerichte nach JVEG zu berücksichtigen, dass, anders als bei Privatgutachten, nicht der tatsächliche Aufwand, sondern die objektiv erforderliche Zeit vergütet wird. In den Musterformularen der Justiz (TSJ-Formulare) wird zudem auf die minutengenaue Abrechnung gemäß Rundverfügung des Justizministeriums hingewiesen. Zur Vermeidung von Streitigkeiten mit Kostenbeamten ist es daher weiterhin für Gerichtsgutachter ratsam, dass sie in ihrer Abrechnung die einzelnen erbrachten Leistungen nach dem tatsächlichen Aufwand jeweils minutengenau abgeben.
    Quelle: Architektenkammer NRW

    Privatgutachten kann Gerichtsgutachten entbehrlich machen!

    OLG Dresden, Beschluss vom 05.06.2019 – 4 U 548/19; ZPO §§ 286, 411
    Ein Privatgutachten kann die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens entbehrlich machen, wenn es die Beweisfragen abschließend und vollständig beantwortet. Nur der Gegner der vorlegenden Partei kann den Gegenbeweis durch einen Antrag auf Einholung eines Gerichtsgutachtens antreten.
    Quelle: IBR Oktober 2019

     HOAI ist weiter anwendbar – aber nur zwischen Privaten!

    KG, Beschluss vom 19.08.2019 – 21 U 20/19; HOAI 2013 § 7 Abs. 3, 5; MRVG Art. 10 §§ 1, 2
    Auch nach dem Urteil des EuGH vom 04.07.2019 ist in einem Zivilrechtsstreit zwischen einem Architekten und seinem Auftraggeber das Mindestpreisangebot nach Art. 10 §§ 1, 2 MRVG, § 7 Abs. 3 und 5 HOAI 2013 weiter anzuwenden.
    Quelle: IBR Oktober 2019

     Umfang der Tragwerksplanung in der Genehmigungsphase?

    OLG Schleswig, Urteil vom 12.04.2019 – 1 U 147/14; BGB §§ 633, 634 Nr. 4; HOAI 2002 § 64 Abs. 3
    Der Tragwerksplaner schuldet bereits in der Genehmigungsplanung eine prüfbare statische Berechnung, die den Nachweis der Standsicherheit und Gebrauchsfähigkeit des geplanten Gebäudes gewährleistet.
    Quelle: IBR Oktober 2019

    Bundesinnenministerium veröffentlicht Erlass zur Anwendung der HOAI

    Das Bundesministerium des Innern, für Bauen und Heimat (BMI) hat einen Erlass zur Anwendung der HOAI nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) veröffentlicht. Darin stellt das BMI klar, dass bei Verträgen, die vor der Urteilsverkündung geschlossen wurden, weiterhin von der Wirksamkeit auszugehen ist – “auch soweit bei der Vergabe und dem Vertragsschluss von der verbindlichen Geltung der Mindest- und Höchstsätze ausgegangen wurde.” Zum weiteren (politischen) Vorgehen hat die Bundesingenieurkammer bereits erste Gespräche mit den zuständigen Ministerien geführt und wird diese zeitnah vertiefen.
    Quelle: BMI

    HOAI: Hat das EuGH-Urteil auch für privatwirtschaftliche Verträge sofortige Wirkung?

    Juristen und Berufsorganisationen stellten in ihren Analysen des Urteils des Europäischen Gerichtshofs im Vertragsverletzungsver­fahren gegen Deutschland klar, dass das bewährte Regelwerk der HOAI nach wie vor Gültigkeit besitze und lediglich die in § 7 geregelte Verbindlichkeit von Mindestsatz und Höchstsatz für europarechtswidrig erklärt worden sei. Eine der unmittelbaren juristischen Folgen des Urteils ist, dass seit 4. Juli Mindestsätze nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht, v.a. eingeklagt werden können, wenn zuvor bei Auftragserteilung schriftlich ein nied­rigerer Pauschalpreis vereinbart worden ist. Umstritten ist, ob nur staatliche Stellen, d. h. die öffentlichen Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts, aufgrund des Anwendungsvorrangs des Europa­rechts verpflichtet sind, ab 4. Juli sofort die für europarechtswid­rig erklärten Regelungen der HOAI nicht mehr anzuwenden oder ob das EuGH-Urteil auch auf Verträge mit privatwirtschaftlichen Auftraggebern sofortige Wirkung habe. Das OLG Hamm (Az 21 U 24/18) urteilte am 23. Juli, dass die Vorschriften der HOAI derzeit noch vollständig weiter gelten und in laufenden Gerichtsverfah­ren zwischen Privaten anzuwenden sind, weil das EuGH-Urteil zwar die Bundesrepublik Deutschland binde, aber nicht den einzelnen Bürger. Demgegenüber wendet das OLG Celle (Az 14 U 182/18) das EuGH-Urteil in einem laufenden Gerichtsverfahren auch zwischen Privaten bereits an. UNIT-JUR.-Netzwerk-Rechtsan­walt Dr. Johann Peter Hebel, Kommentator der HOAI-Textausgabe im Bundesanzeiger Verlag, geht von der sofortigen Wirkung auch im privaten Bereich aus: „Auch bei einem beispielsweise vor zehn Jahre geschlossenen Vertrag mit einem Bauträger kann sich kein Planer mehr darauf berufen, eine Honorarvereinbarung sei wegen Unterschreitung des Mindestsatzes unwirksam“.
    Quelle: UNITA-Brief 9-10/19

    Bundesregierung widerspricht Mahnschreiben der EU

    In einem EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland zur Auftragswertermittlung hat die Bundesregierung ihre Auslegung des Rechts verteidigt. Eine Entscheidung scheint in weiter Ferne. Die EU-Kommission hat gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren im Zusammenhang mit der Auftragswertermittlung bei Planungsleistungen eingeleitet. Die Bundesregierung hatte bis zum 28.05.19 Zeit, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen.
    Gegenstand des Mahnschreibens war die Umsetzung der Auftragswertberechnung bei Planungsleistungen mit Losaufteilung. In der deutschen Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VgV) regelt § 3 Abs. 7, wie ein Auftragswert ermittelt wird. Grundsätzlich ist der geschätzte Gesamtwert aller Lose zugrunde zu legen. Bei Planungsleistungen hat der deutsche Gesetzgeber jedoch festgestellt, dass nur Lose über gleichartige Leistungen addiert werden müssen. Laut Medien ist eine Ausnahme für Planungsleistungen nicht von der EU-Richtlinie gedeckt. Wie das Wirtschaftsministerium nun auf Anfrage mitteilt, hat die Bundesregierung der Europäischen Kommission fristgerecht am 28.05. geantwortet und in dem Schreiben die korrekte Umsetzung der Richtlinien in nationales Recht verteidigt.  Brüssel könne nun das Vertragsverletzungsverfahren mit der begründeten Stellungnahme weiterführen oder einstellen. Möglich sei laut Ministerium auch, dass die Kommission weitere Nachfragen formuliert.
    Quelle: IBR 9/19

    HOAI-Preisrecht hat keine Relevanz für Berufshaftpflichtversicherung

    Welche Folgen das Urteil des EuGH auch nach sich ziehen mag, auf den Berufshaftpflicht-Versicherungsschutz von UNIT-Kunden wirkt sich die Entwicklung des Preisrechts nicht aus. Die Bedin­gungen aller Versicherungsgesellschaften, die UNIT vermittelt, nehmen schon seit Jahren keinen Bezug mehr auf die HOAI, auch Tarife und Tarifstaffeln tun das allenfalls indirekt. Klärungsbedarf gibt es dagegen für Kunden von Versicherern (deren Produkte UNIT nicht vermittelt), in deren bisherigen Bedingungen der Versicherungsschutz bei Unterschreiten der Mindestsätze der HOAI eingeschränkt oder eine Anpassung des Beitrages auf die fiktiven Mindestsätze angenommen wird. Der deutsche Markt­führer VHV betont in einer internen Mitteilung: „unsere Kunden müssen uns weiterhin wie gewohnt nur jährlich ihre Honorar­summe benennen, nach der die Versicherungsprämie berechnet wird. Wie sich diese Honorarsumme zusammensetzt bzw. auf welcher Basis ein Kunde mit seinen Auftraggebern abrechnet, spielt für unseren Tarif und die damit einhergehende Prämienbe­rechnung keine unmittelbare Rolle“.
    Quelle: UNITA-Brief 9-10/19

     Mindest- und Höchstsätze der HOAI dürfen ab sofort nicht mehr angewendet werden!

    OLG Celle, Urteil vom 23.07.2019 – 14 U 182/18 (nicht rechtskräftig); HOAI 2009 § 7 Abs. 4, 5; Richtlinie 2006/123/EG Art. 2 Abs. 1, Art. 15
    1. Die Mindest- und Höchstsätze der HOAI sind europarechtswidrig (EuGH, IBR 2019, 436). Wegen des Anwendungsvorbehalts des Europarechts sind die Gerichte verpflichtet, die für europarechtswidrig erklärten Regelungen der HOAI nicht mehr anzuwenden.
    2. Die sog. Mindestsatzfiktion des § 7  Abs. 5 HOAI ist gegenstandslos.
    3. Die Entscheidung des EuGH ist auch in laufenden Verfahren umzusetzen. Die für die nationalen Gerichte bindende Auslegung des EU-Rechts wirkt sich auf bestehende Vertragsverhältnisse aus, wenn dort in Abweichung des vereinbarten Honorars unter Bezug auf den HOAI-Preisrahmen ein Honorar in diesem Rahmen durchgesetzt werden soll.
    4. Honorarvereinbarungen sind nicht deshalb unwirksam, weil sie die Mindestsätze der HOAI unterschreiten oder deren Höchstsätze überschreiten. Infolge der EuGH-Entscheidung ist es von Rechts wegen nicht mehr zulässig, getroffene Honorarvereinbarungen an den Mindest- und Höchstsätzen der HOAI zu messen.
    Quelle: IBR 9/19

     Statik muss auf tatsächlichen Bodenverhältnissen basieren!

    OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.02.2016 – 23 U 79/14; BGH, Beschluss vom 29.08.2018 – VII ZR 83/16 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB §§ 633, 637
    1. Die Tragwerksplanung ist mangelhaft, wenn sie nicht die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit aufweist, etwa wenn der vertraglich vorausgesetzte Zweck nicht erfüllt wird. Die Tragwerksplanung hat den Zweck, die Standsicherheit des zu errichtenden Gebäudes zu gewährleisten.
    2. Die Tragwerksplanung hat insbesondere die Beschaffenheit des Baugrunds und seine Tragfähigkeit zu berücksichtigen. Daran ändert der Umstand, dass der Tragwerksplaner die Bauleistung erst ab der Bodenplatte geplant hat, nichts.
    3. Der Hinweis in der Statik, dass der Baugrund nicht bekannt sei, für die Gründungsberechnung ein tragfähiger Baugrund angenommen werde und die „örtliche Bauleitung“ verpflichtet sei, dem Tragwerksplaner bei Abweichungen eine Nachricht zu geben, reicht nicht aus.
    Quelle: IBR 9/19

    EuGH beerdigt HOAI! Aber nicht vollständig…

    EuGH, Urteil vom 04.07.2019 – Rs. C-377/17; HOAI 2013 §§ 1, 3, 7, § 52 Abs. 5, § 56 Abs. 6; Richtlinie  2006/123/EG Art. 2 Abs. 1, Art. 15
    Die Bundesrepublik Deutschland hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 15 Abs. 1,2 g und 3 Richtlinie 2006/123/EG verstoßen, dass sie verbindliche Honorare für die Planungsleistungen von Architekten und Ingenieuren beibehalten hat.
    Quelle: IBR August 2019

     EuGH vs. HOAI: Das Preisrecht schlägt zurück!

    OLG Hamburg, Urteil vom 27.07.2018 – 6 U 203/13; BGH, Beschluss vom 06.03.2019 – VII ZR 169/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB §§ 134, 242, 812 Abs. 1 Satz 1; HOAI 1996 §§ 4, 10 Abs. 2, 5, §§ 11, 13, 15, 22 Abs. 1
    1. Die Vereinbarung eines Pauschalhonorars, das die in der HOAI festgelegten Höchstsätze überschreitet, ist nicht insgesamt nichtig, sondern führt dazu, dass sich das zu beanspruchende Honorar auf das nach den Höchstsätzen berechnete Honorar reduziert.
    2. Überzahltes Architektenhonorar kann der Auftraggeber trotz Begleichung der geprüften Honorarschlussrechnung des Architekten zurückfordern, solange sein Rückzahlungsanspruch nicht verjährt oder verwirkt ist.
    Quelle: IBR August 2019

     Baukammer kann die (orts-)übliche Vergütung selbst beurteilen!

    LG Osnabrück, Beschluss vom 27.03.2019 – 6 S 19/19; BGB § 632 Abs. 2; ZPO § 287
    Eine Baukammer kann auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Ortsüblichkeit der vom Auftragnehmer angesetzten Stundensätze und Materialpreise verzichten und aus eigener Sachkunde die Ortsüblichkeit und Angemessenheit der geltend gemachten Vergütung beurteilen.
    Quelle: IBR Juli 2019

    Privatgutachter eingeschaltet: Kosten festsetzungsfähig!

    OLG Stuttgart, Beschluss vom 18.04.2019 – 8 W 114/19; ZPO § 91
    Kosten für einen Privatgutachter sind im Kostenfestsetzungsverfahren berücksichtigungsfähig, wenn die Partei als Laie prozessbegleitend darauf angewiesen war, privatsachverständige Hilfe in Anspruch zu nehmen.
    Quelle: IBR Juli 2019

     Mittagspause wird nicht vergütet!

    OVG Niedersachsen, Beschluss vom 03.06.2019 – 2 LB 117/17; JVEG §§ 4, 8
    Wird ein Gerichtstermin durch eine Mittagspause unterbrochen, wird die Pausenzeit nicht nach JVEG vergütet.
    Quelle: IBR August 2019

    Nach HOAI-Urteil des Europäischen Gerichtshofs
    Bundesingenieurkammer fordert: Qualität erhalten!

    Wer beim Planen spart, zahlt beim Bauen drauf – Urteil ist falsches Signal für Verbraucherschutz
    Am 04. Juli 2019 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) sein Urteil im Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland zur Verbindlichkeit der Mindest- und Höchstsätze der Honorar- und Gebührenordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) gesprochen.
    Darin kommt der EuGH zu dem Schluss, dass diese nicht mit EU-Recht vereinbar seien. Die Bundesregierung ist jetzt verpflichtet, das Urteil umzusetzen.
    „Es ist sehr bedauerlich, dass der EuGH den Preisrahmen, den die HOAI vorgibt, gekippt hat. Denn der Ausgang des Verfahrens ist weder im Sinne der Planerinnen und Planer noch im Sinne des Verbraucherschutzes“, kommentierte der Präsident der Bundesingenieurkammer, Dipl.-Ing. Hans-Ullrich Kammeyer das heutige Urteil. „Es ist allgemein bekannt, dass für einen zu niedrigen Preis keine hinreichende Qualität geliefert werden kann – das gilt auch für Ingenieurleistungen.“ Daher habe die Bundesingenieurkammer gemeinsam mit der Bundesarchitektenkammer und dem AHO stellvertretend für die Planerorganisationen in Deutschland in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung alles dafür getan, um die HOAI in ihrer bisherigen Form zu erhalten.
    Aber alles Lamentieren helfe nicht. „Jetzt muss es darum gehen, den Verbrauchern Sicherheit und den planenden Berufen in Deutschland eine verlässliche und handhabbare Grundlage an die Hand zu geben. Aus diesem Grund werden wir nun gemeinsam mit den zuständigen Ressorts der Bundesregierung an einer Lösung arbeiten“, so Kammeyer weiter. Denkbar wäre ein Ansatz analog dem der Steuerberater, wonach statt eines Mindestsatzes von einem Regelsatz auszugehen ist und ein Angemessenheitsvorbehalt im Hinblick auf die zu erbringende Leistung gilt. „Natürlich ist das Modell kein vollwertiger Ersatz für die Mindestsätze. Aber es könnte helfen, Preisdumping, das am Ende allen schadet, zu verhindern. Denn eins ist ganz klar: Qualität hat ihren Preis. Wer beim Planen spart, zahlt hinterher beim Bauen drauf!“, erklärte der Präsident der Bundesingenieurkammer abschließend.
    Quelle: BIngK Pressemitteilung v. 04.07.19

    AHO spricht sich – unabhängig vom Urteil des EuGH – für Erhalt der HOAI aus

    Der zunehmende Deregulierungsdruck der EU-Kommission auf die freien Berufe in Deutschland stand im Mittelpunkt der 33. Mitgliederversammlung des AHO am 16. Mai. Unabhängig vom Ausgang des HOAI-Verfahrens vor dem EuGH soll den Planungsbüros weiterhin eine tragfähige und verlässliche Lösung an die Hand gegeben werden, damit der Leistungswettbewerb bei der Vergabe und Honorierung von Planungsleistungen im Vordergrund steht und kein Preisdumping einsetzt, betonte der AHO-Vorsitzende Dr. Erich Rippert. In Vorgesprächen von mit den zuständigen Bundesministerien wurde bereits erörtert, die HOAI auch für den Fall eines Unterliegens vor dem EuGH weitgehend zu erhalten.
    Quelle: AHO

    Gebäudeenergiegesetz (GEG) – Entwurf Stand 28.05.19

    Mit dem Gebäudeenergiegesetz werden die Anforderungen der EU-Gebäuderichtlinie sowohl zum 1. Januar 2019 für neue öffentliche Nichtwohngebäude als auch zum 1. Januar 2021 für alle neuen Gebäude in einem Schritt umgesetzt und eine Regelung für das Niedrigstenergiegebäude getroffen. Die aktuell geltenden energetischen Anforderungen für den Neubau und den Gebäudebestand gelten dabei – wie im Koalitionsvertrag festgelegt – weiter fort.

    • Zusammenführung von Energieeinsparungsgesetz, Energieeinsparverordnung und Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz im Gebäudeenergiegesetz (GEG).

    • Bei der Berechnung des Jahres-Primärenergiebedarfs eines Wohngebäudes wird jetzt auf das aktuelle Normungswerk der überarbeiteten und neu gefassten DIN V 18599: 2018-09 verwiesen (§ 20 Absatz 1). Die zum Teil noch gebräuchlichen älteren Normen DIN V 4108-6 und DIN V 4701-10 können für nicht gekühlte Wohngebäude weiter angewandt werden (§ 20 Absatz 2).

    • Einführung eines zweiten eigenständigen Nachweisverfahrens („EnEV easy“) für neue Wohngebäude (§ 31 in Verbindung mit Anlage 5). Mit dem Verfahren kann der Nachweis über die Einhaltung der energetischen Neubauanforderungen nach Maß-gabe vorgegebener Anwendungsvoraussetzungen und zugehöriger Ausführungsvarianten erbracht werden, ohne dass energetische Berechnungen für den Nachweis erforderlich sind. Das als „Modellgebäudeverfahren“ bezeichnete Verfahren soll die Planung neuer Wohngebäude vereinfachen und die Vollziehbarkeit des Gesetzes erleichtern.

    • Die beim Neubau bestehende Pflicht zur Nutzung erneuerbarer Energien kann künftig auch durch die Nutzung von gebäudenah erzeugtem Strom aus erneuerbaren Energien erfüllt werden (§ 36).

    • Neu sind überdies Flexibilisierungen beim Einsatz von gebäudenah erzeugtem Strom aus erneuerbaren Energien, beim Einsatz von aufbereitetem und in das Erdgasnetz eingespeistem Biogas (Biomethan) sowie beim Einbau von modernen, besonders effizienten Wärmeerzeugungsanlagen in Neubauten, die Bestandsgebäude mitversorgen und dadurch Altanlagen mit niedrigerer Effizienz im Bestand ersetzen (§ 22).

    • Neu ist des Weiteren, dass die sich aus dem Primärenergiebedarf oder Primärener-gieverbrauch ergebenden Kohlendioxidemissionen eines Gebäudes künftig zusätzlich im Energieausweis anzugeben sind (§ 84 Abs. 3).

    • Die für die energetischen Gebäudeanforderungen maßgeblichen Primärenergiefaktoren werden im Gesetz transparent geregelt (§ 22 in Verbindung mit Anlage 4 des Entwurfs).

    • Die sich aus dem Primärenergiebedarf oder dem Primärenergieverbrauch eines Gebäudes ergebenden Kohlendioxidemissionen sind künftig im Energieausweis anzugeben (§ 84 Absatz 2 Nummer 1 und 3, Absatz 3 Nummer 1 und 2 und Absatz 6 in Verbindung mit Anlage 8 des Entwurfs).

    • Der Kreis der Berechtigten für die Inspektion von Klimaanlagen und der Kreis der Berechtigten für die Ausstellung von Energieausweisen von Nichtwohngebäuden wird um Personen mit einer gewerblichen oder handwerklichen Ausbildung erweitert (§ 76 Absatz 2 Nummer 3 bis 6, § 87 Absatz 1 Nummer 3 und 4 des Entwurfs). Zur Sicherung der Qualität von Energieausweisen sieht § 87 Absatz 2 Nummer 2 eine Fortbildungspflicht vor. Die Vorschrift über die Ausstellungsberechtigung für Energieausweise wird sich auch auf Neubauten erstrecken.

    • Um die Qualität der Energieausweise zu verbessern, werden strengere Sorgfaltspflichten für Aussteller von Energieausweisen festgelegt. Die Einteilung der Effizienz-klassen in den Energieausweisen richtet sich künftig nach dem Primärenergiebedarf bzw. dem Primärenergieverbrauch (§ 85).

    • Eingeführt werden einheitliche Vollzugsregelungen (§§ 91 bis 94 des Entwurfs).

    • Eingeführt werden soll ferner eine befristete Innovationsklausel, die den Quartiersansatz verankert (§ 102 des Entwurfs).

    • Eine weitere Neuregelung soll gemeinsame Lösungen für die Wärmeversorgung im Quartier erleichtern (§ 106 des Entwurfs).

    • Neu ist zudem die Einführung einer Innovationsklausel (§ 102), die als befristete Regelung in zweierlei Hinsicht innovative Lösungen ermöglichen soll:
    Zum einen soll es bis Ende 2023 möglich sein, durch eine Befreiung der zuständigen Behörde die nach diesem Gesetz erforderlichen Anforderungen anstelle über die Hauptanforderung des zulässigen Jahres-Primärenergiebedarfs über ein auf die Begrenzung der Treibhausgasemissionen ausgerichtetes System nachzuweisen, soweit die Gleichwertigkeit der Anforderungen gegeben ist.

    Zum zweiten wird ebenfalls bis Ende 2023 ermöglicht, bei Änderungen von bestehenden Gebäuden die Einhaltung der Anforderungen über eine gemeinsame Erfüllung im Quartier, also eine Gebäudemehrheit, sicherzustellen. Diese Regelung sowie die Möglichkeit von Vereinbarungen über eine gemeinsame Wärmeversorgung im Quartier sollen der Stärkung von quartiersbezogenen Konzepten dienen.

    • Als Inspektoren von Klimaanlagen (§ 76) qualifiziert sind vor allem Personen mit einer Ausbildung als Fachingenieur und einem Mindestmaß an Berufserfahrung. Bei der beispielhaften Aufzählung soll unterschieden werden zwischen solchen Ingenieuren, die schon in ihrem Studium auf derartige Aufgaben fachlich vorbereitet werden – dies ist bei den Fachrichtungen Versorgungstechnik und Technische Gebäudeausrüstung der Fall – und daher bereits nach einem einschlägigen Berufsjahr zur Durchführung der Inspektionen befähigt sind (Nummer 1), und Ingenieuren verwandter Disziplinen (Nummer 2), deren Studium in dieser Hinsicht weniger speziell angelegt ist und in der Regel nur die wesentlichen Grundsätze vermittelt.
    Quelle: BIngK

    Höchstaltersgrenze für Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure

    VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.02.2019 – 9 S 2567/17
    Die in § 13 Abs. 1 Nr. 2 VermG festgesetzte Höchstaltersgrenze von 70 Jahren für Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure ist mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz vereinbar.
    Quelle: VGH Baden-Württemberg

    DIN 276 und HOAI: DIN-Normen entsprechen nicht immer Anerkannten Regeln der Technik!

    Es ist hinlänglich bekannt, dass Architekten und Ingenieure bei ihren Planungen die allgemein anerkannten Regeln der Technik (aaRdT) einhalten müssen. Aus aktuellem Anlass weist Rechtsanwalt Ulrich Eix, Mitglied im UNIT-JUR.-Netzwerk (ab 1. Mai 2019 bei LUTZ | ABEL Rechtsanwalts PartG mbB), wieder einmal darauf hin, dass aaRdT nicht mit DIN-Normen gleichzusetzen sind. Die Veröffentlichungen des Vereins „Deutsches Institut für Normung“ sind keine Rechtsnormen, sondern haben maximal empfehlenden Charakter. DIN-Normen tragen dem Grundsatz nach die Vermutung in sich, den aaRdT zu entsprechen. Es gibt aber durchaus Fälle, in denen DIN-Normen davon abweichen. Verlässt sich der Planer auf die Aktualität von DIN-Normen, läuft er Gefahr, gegen aaRdT zu verstoßen und mangelhaft zu planen. Soll umgekehrt bewusst von aaRdT bzw. DIN-Normen abgewichen werden, entgeht der Planer seiner Haftung sicher nur dann, wenn er seinen Auftraggeber auf die Abweichung hinweist, über ihre Folgen umfänglich – und dokumentiert – aufklärt und der Auftraggeber trotz dieser Hinweise ausdrücklich die riskante Planung wünscht.
    Im Zusammenhang mit der am 30.11.2018 veröffentlichten Neufassung der für die Kostenplanung relevanten DIN 276 sieht Rechtsanwalt Eix aktuell diesbezüglich Beratungsbedarf, denn in den Leistungsbildern nach HOAI wird für die Kostenermittlung pauschal auf die DIN 276 verwiesen. Anders ist dies in § 4 Abs. 1 HOAI, wo zur Ermittlung anrechenbarer Kosten für die Honorarberechnung ausdrücklich die DIN-Norm von 2008 und damit die alte Fassung erwähnt wird. In den Verträgen sollte deshalb klarstellt werden, welche Fassung der DIN 276 für die Kostenermittlung einerseits und Honorarermittlung andererseits verwendet wird.
    Quelle: UNITA-Brief 5-6/1

    DIN 276 und HOAI: DIN-Normen entsprechen nicht immer Anerkannten Regeln der Technik!

    Es ist hinlänglich bekannt, dass Architekten und Ingenieure bei ihren Planungen die allgemein anerkannten Regeln der Technik (aaRdT) einhalten müssen. Aus aktuellem Anlass weist Rechtsanwalt Ulrich Eix, Mitglied im UNIT-JUR.-Netzwerk (ab 1. Mai 2019 bei LUTZ | ABEL Rechtsanwalts PartG mbB), wieder einmal darauf hin, dass aaRdT nicht mit DIN-Normen gleichzusetzen sind. Die Veröffentlichungen des Vereins „Deutsches Institut für Normung“ sind keine Rechtsnormen, sondern haben maximal empfehlenden Charakter. DIN-Normen tragen dem Grundsatz nach die Vermutung in sich, den aaRdT zu entsprechen. Es gibt aber durchaus Fälle, in denen DIN-Normen davon abweichen. Verlässt sich der Planer auf die Aktualität von DIN-Normen, läuft er Gefahr, gegen aaRdT zu verstoßen und mangelhaft zu planen. Soll umgekehrt bewusst von aaRdT bzw. DIN-Normen abgewichen werden, entgeht der Planer seiner Haftung sicher nur dann, wenn er seinen Auftraggeber auf die Abweichung hinweist, über ihre Folgen umfänglich – und dokumentiert – aufklärt und der Auftraggeber trotz dieser Hinweise ausdrücklich die riskante Planung wünscht.
    Im Zusammenhang mit der am 30.11.2018 veröffentlichten Neufassung der für die Kostenplanung relevanten DIN 276 sieht Rechtsanwalt Eix aktuell diesbezüglich Beratungsbedarf, denn in den Leistungsbildern nach HOAI wird für die Kostenermittlung pauschal auf die DIN 276 verwiesen. Anders ist dies in § 4 Abs. 1 HOAI, wo zur Ermittlung anrechenbarer Kosten für die Honorarberechnung ausdrücklich die DIN-Norm von 2008 und damit die alte Fassung erwähnt wird. In den Verträgen sollte deshalb klarstellt werden, welche Fassung der DIN 276 für die Kostenermittlung einerseits und Honorarermittlung andererseits verwendet wird.
    Quelle: UNITA-Brief 5-6/19

    Berufshaftpflichtversicherung: Beauftragung von Rechtsanwälten im Schadenfall

    Viele Büros arbeiten sinnvollerweise mit einer Rechtsanwaltskanzlei bei Vertragsgestaltung und anderen alltäglichen Rechtsfragen zusammen. Entsprechend würden sie diese Kanzlei auch gern im Rahmen von Versicherungsschäden an ihrer Seite haben. Das führt gelegentlich zu Irritationen, denn im Schadenfall hat der Berufshaftpflichtversicherer die Verhandlungshoheit und muss dem Wunsch eines Versicherungsnehmers zur Einschaltung der ihm vertrauten Kanzlei nicht zustimmen. Diese Befugnis und Verpflichtung des Versicherers, dem Versicherten durch Bestellung eines Rechtsanwalts Rechtsschutz zu gewähren, macht ihn freilich nicht automatisch zum Vertragspartner des Rechtsanwalts – das hat der Bundesgerichtshof im Januar betont (Az: IX ZR 89/18). Das UNIT-Schadenmanagement-Teams hat einen Praxistipp zur Vergütung: Beauftragt der Versicherungsnehmer einen Rechtsanwalt selbst, so sollte er das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) im Auge behalten und keine Stundenhonorare vereinbaren. Für die Differenz der zumeist im Verhältnis zur RVG deutlich höheren Stundensätze (von denen Ingenieure nur träumen können) muss der Versicherungsnehmer nämlich selbst aufkommen. Da jedwede Tätigkeit des Rechtsbeistandes Kosten verursacht – und zumeist auch Leistungen der Gehilfen zum gleichen Stundensatz berechnet werden -, sind die Mehrkosten gegenüber RVG durchaus beträchtlich. Ohnehin muss nach UNIT-Auffassung nicht jeder Schadenfall und jede daraus resultierende außergerichtliche Auseinandersetzung durch separate Kanzleien begleitet werden, weil auch die Schadenbearbeiter meist Juristen sind und über entsprechende Expertise verfügen.
    Quelle: UNITA-Brief 5-6/19

    Brandschutzschalter: Verträge richtig gestalten!

    Nach einer hitzigen Debatte zum Thema Brandschutzschalter wird derzeit die Norm überarbeitet. Der ZDB erklärt, wie man Verträge rechtssicher gestaltet und eine Risikoeinschätzung vornehmen kann.
    Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen – oder AFDD, umgangssprachlich auch Brandschutzschalter genannt – sind nicht mehr zwingend vorgeschrieben, sondern nur noch empfohlen. Das sagt eine wesentliche Änderung der DIN VDE 0100-420, der Entwurf befindet sich im Einspruchsverfahren.

    Keine gesetzliche Pflicht!
    Bauordnungsrechtlich gibt es in keinem Bundesland eine gesetzlich Verpflichtung zum Einbau der Schalter. Der Fehler, der durch einen seriellen Fehlerlichtbogen entstehen kann, ist ein „normales“ Brandrisiko und muss per Gesetz nicht zusätzlich durch einen AFDD abgesichert werden.
    Möchte man auf einen Einsatz der Schalter verzichten, so ist es ratsam, den Bauherren umfassend über die theoretisch möglichen Auswirkungen und folgen beim Einbauverzicht zu informieren und dabei auch den derzeitigen Entwurf der DIN VDE 0100-420-1:2018-02 schriftlich zu vereinbaren. Hierzu dient beispielsweise das Informationsblatt für Bauherren des ZDB zu Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen mit der letzten aktualisierten Ausgabe von März 2019.
    Quelle: www.handwerksblatt.de vom 02.05.19

    Auch handwerkliche Selbstverständlichkeiten sind zu überwachen!

    KG, Urteil vom 16.12.2015 – 21 U 81/14; BGH, Beschluss vom 31.07.2018 – VII ZR 24/16 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB, § 633
    1. Der Bauüberwacher hat schon während der Ausführung dafür zu sorgen, dass das Bauwerk mangelfrei entsteht.
    2. Der Bauüberwacher muss die Ausführung der Arbeiten in angemessener und zumutbarer Weise überwachen. Umfang und Intensität der Überwachung hängen von den konkreten Umständen ab: Für eine intensive Überwachung sprechen u. a. die Schwierigkeit und die Bedeutung der Arbeiten, das Risiko von Mängeln und Schäden sowie das Auftreten von Mängeln.
    3. Auch bei handwerklichen Selbstverständlichkeiten schuldet der Bauüberwacher eine Einweisung, die Vornahme von Stichproben und eine Endkontrolle.
    Quelle: IBR 3/2019

    Wann und in welcher Höhe ist dem Sachverständigen ein Vorschuss zu gewähren?

    LG Düsseldorf, Beschluss vom 14.01.2019 – 8 OH 5/16; JVEG § 3
    1. Bei der Berechnung der für eine Vorschussgewährung gem. § 3 Alt. 2 JVEG erforderlichen zu erwartenden Vergütung für bereits erbrachte Teilleistungen i.H.v. mindestens 2.001 Euro sind neben dem Honorar für die Leistung gem. §§ 8 Abs. 1 Nr. 1, 9 bis 11 JVEG auch die weiteren in § 8 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 JVEG genannten Aufwendungen (Fahrtkostenersatz gem. § 5 JVEG, Entschädigung für Aufwand gem. § 6 JVEG und Ersatz für sonstige und für besondere Aufwendungen gem. §§ 7 und 12 JVEG) sowie die darauf entfallende Umsatzsteuer zu berücksichtigen.
    2. Eine Vorschussgewährung nach § 3 Alt. 1 JVEG für den Fall, dass dem Berechtigten erhebliche Fahrtkosten oder sonstige Aufwendungen entstanden sind oder voraussichtlich entstehen werden, kann erfolgen, wenn die Fahrtkosten oder sonstigen Aufwendungen einen Betrag von 250 Euro übersteigen.
    3. Aufwendungen für Hilfskräfte können gem. § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG auch im Rahmen der Vorschussgewährung nach § 3 JVEG nur berücksichtigt werden, wenn die von der Hilfskraft verrichteten Arbeiten konkret und zeitlich und sachlich im Einzelnen abgrenzbar benannt werden.
    Quelle: IBR 3/2019

    Wer den Bauvertrag abschließt, kann auch Nachträge beauftragen!

    OLG Köln, Urteil vom 20.12.2017 – 11 U 112/15 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen); BGB §§ 164, 631, 632; VOB/B § 2 Abs. 5, 6
    1. Der Architekt handelt mit Anscheinsvollmacht, wenn der Bauherr dem Architekten allein die Vertragsverhandlungen mit dem Bauunternehmer überlässt und dem Architekten völlig freie Hand bei der Durchführung des Bauvorhabens lässt, ohne sich selbst um den Bau zu kümmern.
    2. Wird der Architekt bei Abschluss des Bauvertrags in Vollmacht des Bauherrn selbstständig tätig, ergibt sich daraus eine Anscheinsvollmacht des Architekten für die Erteilung von Nachtragsaufträgen.
    Quelle: IBR 3/2019

    Gebäudeenergiegesetz (GEG)

    Mit dem Gebäudeenergiegesetz werden die Anforderungen der EU-Gebäuderichtlinie sowohl zum 1. Januar 2019 für neue öffentliche Nichtwohngebäude als auch zum 1. Januar 2021 für alle neuen Gebäude in einem Schritt umgesetzt und eine Regelung für das Niedrigstenergiegebäude getroffen. Die aktuell geltenden energetischen Anforderungen für den Neubau und den Gebäudebestand gelten dabei – wie im Koalitionsvertrag festgelegt – weiter fort.

    • Bei der Berechnung des Jahres-Primärenergiebedarfs eines Wohngebäudes wird jetzt auf das aktuelle Normungswerk der überarbeiteten und neu gefassten DIN V 18599: 2018-09 verwiesen (§ 20 Absatz 1). Die zum Teil noch gebräuchlichen älteren Normen DIN V 4108-6 und DIN V 4701-10 können für nicht gekühlte Wohngebäude weiter angewandt werden (§ 20 Absatz 2).
    • Einführung eines zweiten eigenständigen Nachweisverfahrens („EnEV easy“) für neue Wohngebäude (§ 31 in Verbindung mit Anlage 5). Mit dem Verfahren kann der Nachweis über die Einhaltung der energetischen Neubauanforderungen nach Maß-gabe vorgegebener Anwendungsvoraussetzungen und zugehöriger Ausführungsvarianten erbracht werden, ohne dass energetische Berechnungen für den Nachweis erforderlich sind. Das als „Modellgebäudeverfahren“ bezeichnete Verfahren soll die Planung neuer Wohngebäude vereinfachen und die Vollziehbarkeit des Gesetzes erleichtern.
    • Die beim Neubau bestehende Pflicht zur Nutzung erneuerbarer Energien kann künftig auch durch die Nutzung von gebäudenah erzeugtem Strom aus erneuerbaren Energien erfüllt werden.
    • Neu sind überdies Flexibilisierungen beim Einsatz von gebäudenah erzeugtem Strom aus erneuerbaren Energien, beim Einsatz von aufbereitetem und in das Erdgasnetz eingespeistem Biogas (Biomethan) sowie beim Einbau von modernen, besonders effizienten Wärmeerzeugungsanlagen in Neubauten, die Bestandsgebäude mitversorgen und dadurch Altanlagen mit niedrigerer Effizienz im Bestand ersetzen.
    • Neu ist des Weiteren, dass die sich aus dem Primärenergiebedarf oder Primärenergieverbrauch ergebenden Kohlendioxidemissionen eines Gebäudes künftig zusätzlich im Energieausweis anzugeben sind (§ 84 Abs. 3).
    • Künftig sollen auch Absolventen einer gewerblichen Ausbildung im Baubereich Energieausweise für Nichtwohngebäude ausstellen dürfen. Zur Sicherung der Qualität von Energieausweisen sieht § 87 Absatz 2 Nummer 2 eine Fortbildungspflicht vor.
    • Um die Qualität der Energieausweise zu verbessern, werden strengere Sorgfaltspflichten für Aussteller von Energieausweisen festgelegt. Die Einteilung der Effizienz-klassen in den Energieausweisen richtet sich künftig nach dem Primärenergiebedarf bzw. dem Primärenergieverbrauch (§ 85).
    • Neu ist zudem die Einführung einer Innovationsklausel (§ 102), die als befristete Regelung in zweierlei Hinsicht innovative Lösungen ermöglichen soll:

    Zum einen soll es bis Ende 2023 möglich sein, durch eine Befreiung der zuständigen Behörde die nach diesem Gesetz erforderlichen Anforderungen anstelle über die Hauptanforderung des zulässigen Jahres-Primärenergiebedarfs über ein auf die Begrenzung der Treibhausgasemissionen ausgerichtetes System nachzuweisen, soweit die Gleichwertigkeit der Anforderungen gegeben ist.

    Zum zweiten wird ebenfalls bis Ende 2023 ermöglicht, bei Änderungen von bestehenden Gebäuden die Einhaltung der Anforderungen über eine gemeinsame Erfüllung im Quartier, also eine Gebäudemehrheit, sicherzustellen. Diese Regelung sowie die Möglichkeit von Vereinbarungen über eine gemeinsame Wärmeversorgung im Quartier sollen der Stärkung von quartiersbezogenen Konzepten dienen.

    • Als Inspektoren von Klimaanlagen (§ 76) qualifiziert sind vor allem Personen mit einer Ausbildung als Fachingenieur und einem Mindestmaß an Berufserfahrung. Bei der beispielhaften Aufzählung soll unterschieden werden zwischen solchen Ingenieuren, die schon in ihrem Studium auf derartige Aufgaben fachlich vorbereitet werden – dies ist bei den Fachrichtungen Versorgungstechnik und Technische Gebäudeausrüstung der Fall – und daher bereits nach einem einschlägigen Berufsjahr zur Durchführung der Inspektionen befähigt sind (Nummer 1), und Ingenieuren verwandter Disziplinen (Nummer 2), deren Studium in dieser Hinsicht weniger speziell angelegt ist und in der Regel nur die wesentlichen Grundsätze vermittelt.
    • Keine Änderung ist dagegen beim Grundsatz der Wirtschaftlichkeit vorgesehen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass das gültige wirtschaftliche Anforderungsniveau nach wie vor das in der EU-Gebäuderichtlinie verankerte Kriterium der Kostenoptimalität erfüllt.
      Quelle: BIngK

    Mal wieder den Vorschuss um 20 % überschritten:
    Vergütung wird auf Vorschusshöhe gekappt!

    OLG Karlsruhe, Beschluss vom 28.09.2018 – 15 W 57/18; JVEG §§ 4, 8a; ZPO § 407a Abs. 3 Satz 2
    1. Überschreitet die vom Sachverständigen begehrte Vergütung den Auslagenvorschuss um mehr als 20 % und hat der Sachverständige auf die Überschreitung nicht rechtzeitig hingewiesen, so ist die Vergütung mit dem Betrag des Vorschusses zu kappen.
    2. Für die Entscheidung nach § 8a Abs. 4 JVEG kommt es nicht darauf an, ob eine Partei von ihrem Beweisantritt im Falle der Kenntnis von den durch die Begutachtung entstehenden Kosten Abstand genommen hätte.
    Quelle: IBR 1/19

    Parteigutachter darf nicht an Ortstermin teilnehmen:
    Sachverständiger befangen?

    OLG Schleswig, Beschluss vom 23.10.2018 – 16 W 112/18; ZPO §§ 42, 406
    Verwehrt der gerichtliche Sachverständige einem im Ortstermin anwesenden Parteigutachter die Teilnahme am Termin, führt das nicht ohne weiteres zu einem Ablehnungsgrund.
    Quelle: IBR 1/19

     Referenzen vergleichbar?
    Auftraggeber muss großzügigen Maßstab anlegen!

    OLG Celle, Beschluss vom 03.07.2018 – 13 Verg 8/17; VgV § 46 Abs. 1, 3, § 48 Abs. 1
    1. Werden in der Bekanntmachung Referenzen über „vergleichbare“ Liefer- und Dienstleistungsaufträge gefordert, darf der Auftraggeber bei der Bewertung der Referenzen keinen zu engen Maßstab anlegen. Legt der Auftraggeber auf besondere Anforderungen der Referenzen Wert, muss er diese eindeutig benennen.
    2. Eine Referenzleistung ist bereits dann vergleichbar, wenn sie der ausgeschriebenen Leistung insoweit ähnelt, dass sie einen tragfähigen Rückschluss auf die Leistungsfähigkeit des Bieters für die ausgeschriebene Leistung eröffnet.
    3. Der Beurteilungsspielraum bei der Bewertung geforderter Referenzen ist überschritten, wenn der Auftraggeber bei der Entscheidung über den Ausschluss eines Angebots Anforderungen an die Referenzen stellt, die sich der Vergabebekanntmachung (in Verbindung mit den Vergabeunterlagen) nicht mit der notwendigen Eindeutigkeit entnehmen lassen.
    Quelle: IBR 1/19

    Handwerkskammer ist kein öffentlicher Auftraggeber!

    VK Bund, Beschluss vom 22.08.2018 – VK 1-77/18; GWB § 99 Nr. 2, 4
    1.
    Eine Handwerkskammer ist zwar eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, aber kein öffentlicher Auftraggeber.
    2. Durch die Verpflichtung in einem Zuwendungsbescheid, bei der Beschaffung den ersten Abschnitt der VOL/A 2009 anzuwenden, wird die Zuständigkeit der Vergabekammer nicht begründet.
    Quelle: IBR 1/19

    Oberflächenschutz ist vom Tragwerksplaner festzulegen!

    OLG München, Urteil vom 30.01.2018 – 9 U 162/17 Bau; BGB §§ 254, 633
    1.
    Der Tragwerksplaner muss Bewehrung, Betongüte und Beschichtung festlegen.
    2. Ist die Bewehrung so dimensioniert, dass Risse von > 0,2 mm entstehen, und können diese von der Beschichtung nicht aufgenommen werden, ist die Beschichtung unwirksam. Die Bewehrung ist dann zu schwach und damit mangelhaft.
    Quelle: IBR 1/19

    Nicht über Honorar und Kündigung geeinigt:
    Architektenvertrag zustandegekommen?

    OLG Dresden, Urteil vom 20.11.2017 – 10 U 1012/16 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen); BGB §§ 145, 154, 631, 649; HOAI 2009 §§ 6, 33
    1.
    Auch wenn sich Auftraggeber und Architekt noch nicht über alle offenen Punkte einer Zusammenarbeit geeinigt haben, kommt ein Architektenvertrag zu Stande, wenn die Parteien im beiderseitigen Einvernehmen mit der Durchführung des unvollständigen Vertrags begonnen haben.
    2. „Widerruft“ der Auftraggeber grundlos einen Architektenvertrag, kann der Architekt sein Honorar – auch das für die noch nicht erbrachten Leistungen – nach den Mindestsätzen der HOAI abrechnen. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart.
    Quelle: IBR 1/19

    DIN-Norm nach Abnahme geändert:
    Kann die Mängelbeseitigung verweigert werden?

    OLG Frankfurt, Urteil vom 19.09.2018 – 29 U 152/17; BGB §§ 633, 634, 635 Abs. 3, § 637
    1. Die Nacherfüllung einer Bauwerksleistung kann wegen Unverhältnismäßigkeit verweigert werden, wenn der Mangel keine störende Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs verursacht und nur aufwändig (hier: vollständige Erneuerung einer Treppe) und mit hohen Kosten beseitigt werden kann.
    2. Im Rahmen der Abwägung kann berücksichtigt werden, dass die Bauwerksleistung den aktuell anerkannten Regeln der Technik entspricht, die weniger hohe Anforderungen stellen als die zum Zeitpunkt der Abnahme gültigen Regeln der Technik.
    3. Kann die Nacherfüllung wegen Unverhältnismäßigkeit verweigert werden, so entfällt der wegen dieses Mangels geltend gemachte Kostenvorschussanspruch des Bestellers.
    Quelle: IBR 1/19

    Ohne Baugenehmigung gebaut:
    Baubehörde kann Nutzung untersagen!

    VGH Bayern, Beschluss vom 14.06.2018 – 2 Cs 18.960; BauNVO § 15 Abs. 1 Satz 2; BayBO Art. 76 Satz 2
    1. Die Nutzung einer Freischankfläche kann untersagt werden, wenn sie nicht von einer Baugenehmigung gedeckt ist.
    2. Ob die Nutzung genehmigungsfähig ist, muss dabei in der Regel nicht geprüft werden. Etwas anderes gilt nur, wenn die Nutzung offensichtlich genehmigungsfähig ist.
    3. Die offensichtliche Zulässigkeit der Nutzung ist nicht anzunehmen, wenn sie das Rücksichtnahmegebot verletzt.
    Quelle: IBR 1/19

    Versäumung sticht Verwirkung!

    BVerwG, Beschluss vom 11.09.2018 – 4 B 34.18; VwGO § 58 Abs. 2, § 70
    Die Prüfung, ob das verfahrensrechtliche Recht zum Widerspruch gegen eine einem Dritten erteilte Baugenehmigung verwirkt ist, kann nur veranlasst sein, wenn die Baugenehmigung nicht schon wegen Versäumung der Widerspruchsfrist bestandskräftig geworden ist.
    Quelle: IBR 12/2018

    Lösen Dachaufbauten seitliche Abstandsflächen aus?

    OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 22.03.2018 – 7 A 1388/15; BauO-NW § 6; BGB §§ 812, 814, 818, 822
    1. Die Beurteilung einer äußeren Begrenzung als Außenwand – mit der Folge einer seitlichen Abstandsfläche zum Grundstück des Nachbarn – ist nicht gerechtfertigt, wenn es sich nur um einen (unselbstständigen) Bestandteil des Daches handelt.
    2. Erweist sich ein Dachaufbau dagegen als ein vom Dach losgelöstes selbstständiges Bauteil, sind seine äußeren Begrenzungen – einschließlich etwaiger Fensterfronten – regelmäßig als Außenwände oder als Teil von Außenwänden des Gebäudes anzusehen, die eigene Abstandsflächen auslösen.
    3. Ob ein vom Dach losgelöstes selbstständiges Bauteil vorliegt oder nicht, wird im Einzelfall anhand von Kriterien wie Ausmaß und Gestaltung des Bauteils im Verhältnis zum Dach und Funktion des Dachaufbaus entschieden.
    4. Sog. Zwerchhäuser sind selbstständige Bauteile, die Abstandsflächen auslösen.
    Quelle: IBR 12/2018

    HOAI-Verstoß:
    Laufendes Vertragsverletzungsverfahren ist kein Aussetzungsgrund!

    Landesberufungsgericht für Architekten, Architektinnen, Stadtplaner und Stadtplanerinnen, Beschluss vom 01.08.2018 – 6s E 46/18; AEUV Art. 258, 260, 267; BauKaG-NW §§ 22, 93; HOAI § 7; StPO § 262
    Das von der Europäischen Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren Rs. C-377/17 rechtsfertigt nicht die Aussetzung eines berufsgerichtlichen Verfahrens, in dem der Beschuldigten die Verletzung der Berufspflichten aus § 22 Abs. 1, 2 Nr. 8 und 11 BauKaG-NW zur Last gelegt wird.
    Quelle: IBR 12/2018

    Unwissenheit schützt vor Strafe nicht – oder:
    Kündigen muss gekonnt sein!

    OLG Jena, Urteil vom 10.02.2016 – 7 U 555/16; BGH, Beschluss vom 16.05.2018 – VII ZR 53/16 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); VOB/B § 4 Abs. 7, § 8 Abs. 1, 3
    1. Weist die Leistung des Auftragnehmers vor der Abnahme Mängel auf, setzt ein Anspruch auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten im VOB-Vertrag voraus, dass a) der Auftraggeber dem Auftragnehmer eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt hat, b) die Auftragsentziehung gedroht wurde und c) der Auftraggeber nach fruchtlosen Fristablauf den Auftrag entzogen (gekündigt) hat.
    2. Einer Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung bedarf es ausnahmsweise nicht, wenn der Auftragnehmer die vertragsgemäße Fertigstellung ernsthaft und endgültig verweigert.
    3. Erklärt der Auftraggeber die Kündigung des Bauvertrags, ohne den Auftragnehmer zuvor zur Mängelbeseitigung aufgefordert zu haben, ist seine Kündigungserklärung in eine sog. freie Kündigung umzudeuten.
    Quelle: IBR 12/2018

    Wer die Arbeiten einstellt, spielt mit dem Feuer!

    OLG Dresden, Urteil vom 27.09.2016 – 6 U 564/16 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); VOB/B § 5 Abs. 4, § 6 Abs. 2, 3, § 8 Abs. 2, 3
    1. Wird der Auftragnehmer durch Umstände aus der Risikosphäre des Auftraggebers in der Ausführung eines Teils seiner Leistung behindert, berechtigt ihn das nicht dazu, seine Arbeiten insgesamt einzustellen.
    2. Stellt der Auftragnehmer seine Arbeiten auf unbestimmte Zeit ein, weil der Auftraggeber eine Nachtragsangebot nicht angenommen hat, kann der Auftraggeber den Bauvertrag aus wichtigem Grund kündigen, wenn die Nachtragsforderung unberechtigt ist.
    Quelle: IBR 12/2018

    Gericht darf sich nicht über sachverständige Beurteilung hinwegsetzen!

    BGH, Beschluss vom 29.08.2018 – VII ZR 195/14; GG Art. 103 Abs. 1
    1. Da eine Partei sich regelmäßig ein für sie günstiges Beweisergebnis zu Eigen macht, verletzt das Übergehen eines solchen Beweisergebnisses deren Anspruch auf rechtliches Gehört, sofern es entscheidungserheblich ist.
    2. Ein Gehörsverstoß liegt dabei auch dann vor, wenn sich das Gericht über die einer Partei günstigen sachverständigen Beurteilungen mit Erwägungen hinwegsetzt, die Fachwissen voraussetzen, ohne hierzu ein (weiteres) Sachverständigengutachten einzuholen oder eigene besondere Sachkunde auszuweisen.
    Quelle: IBR 12/2018

    Partei muss Sachverständigen befragen können!

    BGH, Beschluss vom 10.07.2018 – VI ZR 580/15; GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 411 Abs. 3
    1. Die Parteien haben einen Anspruch darauf, dass sie dem Sachverständigen die Fragen, die sie zur Aufklärung der Sache für erforderlich halten, zur mündlichen Beantwortung vorlegen können; dieses Antragsrecht besteht unabhängig von § 411 Abs. 3 ZPO.
    2. Für die Frage, ob die Ladung eines Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung des von ihm erstatteten Gutachtes geboten ist, kommt es nicht darauf an, ob das Gericht noch Erläuterungsbedarf sieht oder ob ein solcher von einer Partei nachvollziehbar dargetan worden ist.
    Quelle: IBR 12/2018

    Muss der Sachverständige mündlich befragt werden dürfen?

    BVerfG, Beschluss vom 02.05.2018 – 1 BvR 2420/15; ZPO § 397 Abs. 1, § 402
    1.Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst grundsätzlich auch die Anhörung gerichtlicher Sachverständiger. Auf die Frage, ob das Gericht selbst das Sachverständigengutachten für erklärungsbedürftig hält, kommt es nicht an.
    2. Die mündliche Anhörung eines Sachverständigen ist nicht die einzig mögliche Behandlung eines Antrags auf Befragung des Sachverständigen. Die Gerichte können die Beteiligten auch darauf verweisen, Fragen und Einwendungen schriftlich vorzutragen, um den Sachverständigen damit zu konfrontieren.
    Quelle: IBR 12/2018

    Machen Rechtsausführungen den HOAI-Sachverständigen befangen?

    OLG Nürnberg, Beschluss vom 21.08.2018 – 13 W 1095/18; ZPO § 406 Abs. 1
    Der bei der Klärung von Architekten-Vergütungsansprüchen gerichtlich einbezogene Sachverständige macht sich nicht dadurch befangen, dass er betreffend die Anwendung bestimmter Regelungen der HOAI in seinem Gutachten neben technischen Angaben rechtliche Ausführungen liefert.
    Quelle: IBR 12/2018

    Wie man in den Wald hineinruft,…

    OLG Nürnberg, Beschluss vom 21.08.2018 – 13 W 1095/18; ZPO § 406 Abs. 1
    Wird der Sachverständige in einem Ablehnungsgesuch heftig angegangen und kontert er mit starken Formulierungen, ergibt dies noch nicht seine Befangenheit.
    Quelle: IBR 12/2018

    Sachverständiger ohne öffentliche Bestellung muss kein JVEG-Profi sein!

    OLG Schleswig, Beschluss vom 27.09.2018 – 1 U 50/12; JVEG § 8a; ZPO § 407a  Abs. 4
    1. Überschreitet die Vergütung den angeforderten Auslagenvorschuss erheblich und hat der Sachverständige hierauf nicht rechtzeitig hingewiesen, ist die Vergütung nicht auf die Höhe des Auslagenvorschusses begrenzt, wenn der Sachverständige die Verletzung seiner Mitteilungspflicht nicht zu vertreten hat.
    2. Verfügt der Sachverständige über keine besondere Erfahrung mit der Fertigung von Gutachten für Gerichte und wurde er vom Gericht nicht über seine Mitteilungspflicht belehrt, trifft ihn an der Verletzung dieser Verpflichtung kein Verschulden.
    Quelle: IBR 12/2018

    Vorschuss um mehr als 20 % überschritten: Vergütung wird gekappt!

    OLG Düsseldorf, Beschluss vom 06.02.2018 – 10 W 22/18; JVEG §§ 4, 8a, 12
    1. Überschreitet die vom Sachverständigen begehrte Vergütung den Auslagenvorschuss um mehr als 20 % und hat der Sachverständige auf die Überschreitung nicht rechtzeitig hingewiesen, so ist die Vergütung mit dem Betrag des Vorschusses zu kappen.
    2. Zu berücksichtigen sind insoweit auch die notwendigen Aufwendungen für Hilfskräfte. Auch diese sind Bestandteil der Vergütung des Sachverständigen i.S.d. § 8a Abs. 4 JVEG.
    3. Die frühere Rechtsprechung, nach der die Kürzung der Vergütung des Sachverständigen unterblieb, wenn davon auszugehen war, dass es auch bei pflichtgemäßer Anzeige zu einer Fortsetzung seiner Tätigkeit gekommen wäre, ist durch die gesetzliche Neuregelung des § 8a Abs. 4 JVEG überholt.
    Quelle: IBR 12/2018

    Architekt muss Bautagebuch führen!

    KG, Urteil vom 01.12.2017 – 21 U 19/12 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen); BGB, § 631 Abs. 1, § 632; HOAI 2002 §§ 8, 15, 24
    1. Haben die Parteien eines Architektenvertrags keine ausdrückliche Regelung zum Leistungsumfang getroffen, ist grundsätzlich nur der Gesamterfolg vereinbart. Ob daneben vom Architekten auch Teilerfolge geschuldet sind, ist durch Auslegung zu ermitteln.
    2. In der Regel sind diejenigen Arbeitsschritte als Teilerfolge geschuldet, die a) es dem Auftraggeber ermöglichen zu überprüfen, ob der Architekt den geschuldeten Erfolg bewirkt hat, die b) ihn in die Lage versetzen, Gewährleistungsansprüche gegen Bauunternehmer durchzusetzen, und die c) erforderlich sind, um Maßnahmen zur Unterhaltung des Gebäudes zu planen.
    3. Das Führen eines Bautagebuchs stellt auch bei fehlender Regelung des Leistungsumfangs eine geschuldete Teilleistung dar.
    4. Das Fehlen des geschuldeten Teilerfolgs Bautagebuch führt zu einer Minderung der abzurechnenden Architektenleistung um einen Prozentpunkt.
    Quelle: IBR 12/2018

    Vor Abnahme: Architekt muss Mangelfreiheit, Bauherr den Schaden darlegen!

    KG, Urteil vom 28.08.2018 – 21 U 24/16; BGB, §§ 280, 281, 305c, 345, 634 Nr. 4
    1. Nimmt der Besteller eines Werks vor Abnahme den Unternehmer wegen Mängeln in Anspruch, hat der Unternehmer darzulegen und zu beweisen, dass er den Vertrag ordnungsgemäß erfüllt hat. Deshalb hat der Architekt darzulegen, dass seine Rechnungsprüfung ordnungsgemäß ist, wenn der Bauherr hier Fehler behauptet.
    2. Dagegen muss der Besteller darlegen und beweisen, in welcher Höhe  ein Schaden aus der falschen Rechnungsprüfung entstanden ist. Dieser Schaden entsteht bereits mit einer Überzahlung des Bauunternehmers.
    Quelle: IBR 12/2018

    Architekt muss auf seine unzureichende Bauüberwachung hinweisen!

    OLG München, Urteil vom 31.07.2015 – 13 U 1818/13 Bau (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen); BGB a.F. § 635; BGB § 199 Abs. 3, §§ 278, 633, 634a Abs. 3
    1. Der Architekt, der Trockenbauarbeiten (Errichtung von Abhangdecken in einer Schule) nicht eng überwacht, verletzt seine Pflicht im Rahmen der Objektüberwachung.
    2. Hat der Architekt nur Stichproben gemacht, obwohl er die Bedeutung der Arbeiten kennt, handelt er arglistig, wenn er den Auftraggeber hierauf nicht hinweist.
    3. Für Arglisthaftung gilt nicht die fünfjährige Frist des § 634a BGB, sondern die regelmäßige Verjährungsfrist (§§ 199, 634a Abs. 3 BGB).
    Quelle: IBR 12/2018

    Kein Pferdeunterstand im Außenbereich!

    OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.09.2018- 10 S 6.18; BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1, § 201; BbgBO § 80 Abs. 1 Satz 1
    1. Ein Vorhaben ist im Außenbereich u. a. nur zulässig, wenn es einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient.
    2. Der Begriff der Landwirtschaft umfasst Tierhaltung nur, soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann.
    3. Ein Pferdeunterstand zur Pensionstierhaltung ohne eigene Futtererzeugung ist im Außenbereich bauplanungsrechtlich unzulässig.
    Quelle: IBR 12/2018

    Keine Aussetzung des Mindestsatzprozesses zwecks Vorabentscheidung des EuGH?

    KG, Urteil vom 01.12.2017 – 21 U 19/12 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen); AEUV Art. 267; BGB § 631 Abs. 1, § 632; HOAI 2002 §§ 8, 15, 24; ZPO § 148
    Ein Rechtsstreit ist nicht deshalb auszusetzen, weil die EU-Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren betreffend der Vereinbarkeit des Preisrechts der HOAI mit der Dienstleistungsrichtlinie eingeleitet hat.
    Quelle: IBR 12/2018

    Holzfassade aus Seekiefern an der Wetterseite ist ein Planungsmangel!

    OLG Zweibrücken, Urteil vom 02.09.2016 – 2 U 29/15; BGH, Beschluss vom 05.06.2018 – VII ZR 228/16 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB a.F. §§ 633, 635
    1. Der mit der umfassenden Planung und Betreuung des Umbaus und der Aufstockung eines Mehrfamilienhauses beauftragte Architekt hat seine Leistung so zu erbringen, dass ein mangelfreies Bauwerk entsteht.
    2. Holzfassaden aus Seekiefern sind generell nur bedingt zum Einsatz als Außenverkleidung geeignet, weil ihre Haltbarkeit infolge von Witterungseinflüssen gegenüber anderen Fassadenmaterialien deutlich herabgesetzt ist.
    3. Eine aus Seekiefern hergestellte Holzfassade ist jedenfalls zum Einsatz in den Bereichen ungeeignet, die Witterungseinflüssen nahezu ungeschützt ausgesetzt sind und deren Zugang zur Durchführung der erforderlichen Erhaltungsanstriche zudem erschwert ist.
    Quelle: IBR 12/2018

    Erwartungen an das Vergabegesetz

    Das Berliner Vergabegesetz soll novelliert werden. Ziel des Senats ist eine Entbürokratisierung und somit eine größere Teilnahme von Unternehmen an öffentlichen Ausschreibungsverfahren.
    Zuletzt diskutierte der Bauindustrieverband Ost im Kreis „Lage der Berliner Bauwirtschaft“ am 17.09.2018 mit Senatorin Katrin Lompscher über ein Eckpunktepapier, das die Kerninhalte der Neuerungen des Vergabegesetzes erläutert. Der Referentenentwurf soll im Oktober vorgelegt werden.
    Der Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Ost, Dr. Robert Momberg, betonte, dass die konkreten Forderungen nach einer effektiven Entbürokratisierung gegenüber der Politik vehement vertreten werden. Es sei nämlich zu beobachten, dass sich die Bauunternehmen zunehmend davon verabschieden, für bestimmte öffentliche Auftraggeber zu bauen.  Grund dafür liege nicht darin, dass sich die Unternehmen vor Aufträgen nicht retten könnten, sondern die Bürokratie die Unternehmen so stark belastet.
    Der Verband warnt daher eindringlich davor, das bestehende Vergabegesetz noch weiter mit vergabefremden Kriterien zu überfrachten. Das vorrangige Ziel muss darin bestehen, faire und transparente Vergaben durchzuführen. Tatsächlich aber geschieht häufig genau das Gegenteil: Durch die Hintertür wird versucht, politische Ziele durchzusetzen. Das führt in der Konsequenz zu mehr Bürokratie und erhöht die Fehleranfälligkeit in den Vergabeverfahren.
    Auch in Sachsen und Sachsen-Anhalt stehen die Landesvergabegesetze aktuell auf dem Prüfstand. Hier wird der Verband ebenfalls den Prozess begleiten und auf ein transparentes und schlankes Gesetz dringen.
    Quelle: Bauindustrieverband Ost

    Verträge zwischen Sachverständigen und Verbrauchern:
    Was ist zu beachten?

    Bei der Durchsicht von Verträgen, die in Form von vorformulierten Klauseln (AGB) abgeschlossen werden, finden sich wiederholt Bestimmungen, die entweder unvollständig sind oder aber gegen die Klauselverbote des BGB (§ 305 ff. BGB) verstoßen. Dies liegt vor allem daran, dass die Sachverständigen einfach Musterverträge aus dem Internet oder sonstigen Quellen übernehmen, ohne zu prüfen oder durch einen Anwalt prüfen zu lassen, ober der Mustervertrag auf ihre spezielle Sachverständigentätigkeit zugeschnitten ist oder vielleicht sogar unwirksame Klauseln enthält. Oft fehlen in den Verträgen mit privaten Endverbrauchern die Widerrufsbelehrung und eine Klausel zum neuen Datenschutzrecht. In der Ausgabe 4/2018 der IfS-Informationen wurden einige prüfungsbedürftige Elemente bzw. unwirksame Klauseln veröffentlicht.
    Darüber hinaus gibt die IfS-Broschüre „Guter Vertrag – Weniger Haftung – Rechtsgrundlagen – Muster – Checklisten“ einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen des Vertragsrechts und bietet Formulierungsvorschläge für AGB-Klauseln und individuelle Vertragsklauseln an. Die Broschüre kann bei der Baukammer Berlin oder beim IfS bestellt werden.
    Quelle: IfS-Newsletter

    Betriebsrentenstärkungsgesetz:
    ab 01.01.2019 Pflicht-Arbeitgeberzuschuss 15 Prozent

    Spätestens zur Jahreswende bringt das Betriebsrentenstärkungsgesetz Handlungsbedarf für alle Unternehmen. Die Pflicht zur Weitergabe der Sozialversicherungs-Ersparnis bei Entgeltumwandlung per Direktversicherung, Pensionskasse und Pensionsfonds greift ab 1. Januar 2019 für alle neuen und ab 2022 dann für alle bestehenden Entgeltumwandlungsvereinbarungen. Unseres Erachtens ist es freilich nicht ratsam, den altgedienten Mitarbeitern bis 2022 keinen Zuschuss zu zahlen, während neue Kollegen ihn ggf. ab 2019 bereits erhalten. Der Arbeitgeber muss dabei 15 Prozent der vom Mitarbeiter aus dem Bruttogehalt umgewandelten Beiträge als Zuschuss an den externen Versorgungsträger weiterleiten, „soweit“ er Sozialversicherungsbeiträge spart. Wir empfehlen, 15 Prozent pauschal zuzuschießen – oder sogar einen höheren Prozentsatz, um die

    Mitarbeiterbindung zu stärken. Denn wenn Sie den minimalen Pflichtzuschuss i. V. m. Lohnbuchhaltung/ Steuerberater individuell berechnen wollen, haben Sie diesen Aufwand wegen der Änderungen bei den Beitragsbemessungsgrenzen jedes Jahr aufs Neue. Bei bestehenden Verträgen muss abgestimmt werden, ob der Zuschuss „eingerechnet“ oder „oben drauf“ kommen soll/kann. Wir regeln die Details für Sie mit dem jeweiligen Versicherer.
    Quelle: UNITA-Brief 11-12/18

    Auskunft zu spät erteilt: Architekt muss 500 Euro Bußgeld zahlen!

    Berufsgericht für Architekten Baden-Württemberg, Urteil vom 25.01.2018 – BG 103/17; ArchG-BW §§ 18, 19, 20; FuWO-BW § 4
    1. Auf berufsbezogene Anfragen der Architektenkammer muss ein in die Architektenliste eingetragener Architekt Auskunft erteilen.
    2. Die nicht fristgerechte Auskunftserteilung ist ein Berufspflichtenverstoß, der sich auch dann nicht erledigt, wenn die Auskunft nachträglich erteilt bzw. der geforderte Nachweis (hier: Fortbildungsnachweis) nachgereicht wird.
    Quelle: IBR 11/18

    Gericht muss Sachverständigen leiten und schützen!

    OLG Bamberg, Beschluss vom 10.01.2018 – 4 W 1/18; ZPO §§ 42, 404a, 406
    1. Hat eine Partei in einem umfangreichen Schriftsatz sowohl Einwendungen gegen ein Gerichtsgutachten erhoben als auch einen weiteren und unter Zeugenbeweis gestellten Sachvortrag unterbreitet, jedoch keine konkreten Beweisfragen zum Gutachten selbst gestellt, so verletzt das Gericht seine Anleitungspflicht gegenüber dem Sachverständigen, wenn es ihn lediglich mit einem ergänzenden Gutachten „zu den Fragen“ der Partei beauftragt.
    2. In einem solchen Fall erweckt der Sachverständige nicht bereits dadurch den Eindruck der Befangenheit, dass seine Stellungnahme lediglich auf die Einwände gegen seine fachliche Kompetenz eingeht, ohne sich zugleich mit den weiteren Beanstandungen auseinanderzusetzen.
    3. Auch Entgegnungen eines Sachverständigen auf persönliche Vorwürfe einer Partei sind stets im jeweiligen Kontext zu würdigen; der Gutachter darf auf persönliche Angriffe gegen seine fachliche Kompetenz auch mit einer zugespitzten Wortwahl – bis hin zu einer gewissen Schärfe – reagieren, solange sich seine Formulierungen im Rahmen dessen bewegen, was angesichts der Vorwürfe der Partei noch angemessen und vertretbar erscheint.
    Quelle: IBR 11/18

    Sämtliche Beteiligten sind zum Ortstermin zu laden!

    OLG Nürnberg, Beschluss vom 12.03.2018 – 2 W 216/18; ZPO §§ 42, 406
    1. Führt der Sachverständige mit den Beteiligten mehrere Telefonate, um einen Ortstermin zu vereinbaren, und lädt er dann einen Streithelfer nicht zum Ortstermin, kann diese Vorgehensweise den Eindruck erwecken, dass der Sachverständige dem Rechtsstreit nicht unvoreingenommen gegenübersteht.
    2. Lässt sich der Sachverständige von einem Streithelfer Fotos und Unterlagen zuschicken und verwendet er diese in seinem Gutachten, ohne den sonstigen Beteiligten zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben zu haben, rechtfertigt dies die Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit.
    Quelle: IBR 11/18

    „Gegenseite“ macht befangen!

    OLG Frankfurt, Beschluss vom 13.07.2018 – 8 W 49/17; ZPO § 406
    Bezeichnet ein Sachverständiger in einer Stellungnahme zu seinem Ablehnungsgesuch die Partei, die den Ablehnungsantrag gestellt hat, durchgängig als „Gegenseite“, so kann dies im Einzelfall die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen begründen.
    Quelle: IBR 11/18

    Ohne Schaden kein Schadensersatz!

    OLG Koblenz, Urteil vom 20.08.2015 – 2 U 678/14; BGH, Beschluss vom 11.04.2018 – VII ZR 2019/15 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB § 280 Abs. 1, §§ 633, 634 Nr. 4
    Ein Bodengutachter haftet gegenüber einem in den Schutzbereich des Gutachtervertrags einbezogenen Dritten (hier Grundstückserwerber) wegen einer Pflichtverletzung nur dann auf Schadensersatz, wenn dem Dritten aufgrund der Pflichtverletzung ein ersatzfähiger Schaden entstanden ist.
    Quelle: IBR 11/18

    Vertragsstrafe nicht abgezogen: Architekt haftet!

    KG, Urteil vom 28.08.2018 – 21 U 24/16 (nicht rechtskräftig); BGB §§ 280, 281, 305, 634 Nr. 4
    1. Der Architekt muss im Rahmen der Leistungsphase 8 überprüfen, ob eine Vertragsstrafe für den Unternehmer angefallen ist, und absichern, dass diese vorbehalten wird, sowie sie im Rahmen der Rechnungsprüfung in Abzug bringen.
    2. Der Bauherr muss die Rechnungsprüfung des Architekten auf Plausibilität überprüfen. Zahlt er den geprüften Betrag, obwohl die Vertragsstrafe verwirkt ist, liegt ein erhebliches Mitverschulden vor.
    Quelle: IBR 11/18

    Sachverständiger muss sich auf Anhörungstermin sorgfältig vorbereiten!

    KG, Beschluss vom 09.05.2018 – 27 W 7/18; JVEG §§ 4, 8a
    Ein gerichtlicher Sachverständiger, der sich auf eine Anhörung nicht sorgfältig vorbereitet, riskiert, für diese keine Vergütung zu erhalten.
    Quelle: IBR 11/18

    Kostengrenze ist keine Beschaffenheitsvereinbarung!

    KG, Urteil vom 28.08.2018 – 21 U 24/16 (nicht rechtskräftig); BGB §  633 Abs. 2
    Vereinbaren die Parteien eines Architektenvertrags eine Kostenobergrenze für das Projekt, so stellt dies keine Beschaffenheitsvereinbarung für die Werkleistung des Architekten dar. Die rechtliche Bedeutung einer Kostenobergrenze liegt darin, dass sie die kostenbezogenen Vertragspflichten des Architekten konkretisiert.
    Quelle: IBR 11/18

    Kündigung gleich nach Vertragsschluss:
    Anrechenbare Kosten können geschätzt werden!

    OLG München, Beschluss vom 22.05.2018 – 13 U 3256/17 Bau; HOAI 2009 § 6 Abs. 1 Nr. 1
    1. Abrechnungsgrundlage für Honorar aus allen Leistungsphasen ist ausschließlich die Kostenberechnung. Nur soweit diese nicht vorliegt, kann die Kostenschätzung zu Grunde gelegt werden.
    2. Wird ein Architektenvertrag bereits eine Woche nach der Beauftragung und noch vor der Grundlagenermittlung gekündigt, können die anrechenbaren Kosten ausnahmsweise geschätzt werden.
    Quelle: IBR 11/18

    Ingenieurbüro haftet auch für fahrlässig verursachte Planungsmängel!

    OLG Celle, Urteil vom 28.10.2015 – 14 U 25/15; BGH, Beschluss vom 11.04.2018 – VII ZR 268/15 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB §§ 305c, 307, 633, 634
    Eine Regelung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Planungsbüros, wonach Ansprüche des Auftraggebers wegen fahrlässig verursachter Mängel ausgeschlossen sind, benachteiligt den Auftraggeber unangemessen und ist unwirksam.
    Quelle: IBR 11/18

    Einhaltung des Budgets unmöglich:
    Architekt muss Schadensersatz zahlen!

    OLG Frankfurt, Urteil vom 21.01.2016 – 11 U 71/14; BGH, Beschluss vom 25.04.2018 – VII ZR 39/16 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB, §§ 311a, 633
    Haben die Parteien eines Architektenvertrags eine Beschaffenheitsvereinbarung i.S.d. § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB dahingehend getroffen, dass das Bauvorhaben zu einem festgelegten Budget verwirklicht werden soll, und war das Bauwerk bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht zu diesen Kosten herstellbar, kommt ein Schadensersatzanspruch des Bauherrn gegen den Architekten nach § 311a Abs. 2 BGB in Betracht.
    Quelle: IBR 11/18

    Verwendung eines falschen Architektenstempels ist strafbar!

    AG Bergheim, Strafbefehl vom 25.09.2017 – 44 Cs 242/17; BauKG-NW § 100; BauO-NW § 84 Abs. 2; MarkenG §§ 4, 14, 143; StGB §§ 74, 263, 267
    1. Die Verwendung eines falschen, mit dem Logo der Architektenkammer versehenen Architektenstempels zur Täuschung der Baugenehmigungsbehörde im Baugenehmigungsverfahren ist auf Strafantrag der Architektenkammer als Kennzeichenverletzung strafbar.
    2. Der als Tatmittel verwendete falsche Architektenstempel wird eingezogen.
    Quelle: IBR 10/18

    Bauteilöffnung ist keine Mängelbeseitigung…

    OLG Köln, Beschluss vom 14.09.2017 – 9 U 194/13; ZPO § 404a Abs. 1
    Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger muss nach einer Bauteilöffnung nicht wieder den Zustand herstellen, der vor der Begutachtung bestanden hat.
    Quelle: IBR 10/18

    Eigentümer stimmt zu: Sachverständiger muss Bauteilöffnung vornehmen!

    OLG Karlsruhe, Beschluss vom 08.01.2018 – 19 W 41/17; ZPO § 404a Abs. 1
    Die Bauteilöffnung ist vom Sachverständigen jedenfalls dann durchzuführen, wenn der Eigentümer des Bauwerks dem Substanzeingriff zugestimmt hat.
    Quelle: IBR 10/18

    Beweisführer muss Bauteilöffnung vornehmen!

    LG Köln , Beschluss vom 18.06.2018 – 26 OH 6/17; ZPO § 404a Abs. 1, 4
    1. Der Sachverständige hat sämtliche Maßnahmen durchzuführen, die erforderlich sind, um die Beweisfragen eindeutig, sicher und endgültig zu beantworten. Allein er entscheidet, ob und in welchem Umfang Bauteilöffnungen, Materialentnahmen oder –prüfungen, technische Untersuchungen oder dergleichen erforderlich sind.
    2. Sind Bauteilöffnungen notwendig, ist es Sache des Beweisführers, in eigener Verantwortung und auf eigene Kosten nach näherer Weisung des Sachverständigen sicherzustellen, dass die notwendigen Maßnahmen vor Ort rechtzeitig veranlasst werden.
    3. Der Sachverständige ist nicht dazu verpflichtet, nach Durchführung der Begutachtung den Zustand wiederherzustellen, der zuvor bestanden hat. Auch muss er kein Sanierungskonzept vorlegen.
    Quelle: IBR 10/18

    Unterlagen verspätet überlassen:
    Vermessungsingenieur erhält keinen Schadenersatz!

    OLG Koblenz, Urteil vom 26.07.2018 – 1 U 344/18; BGB § 839; GG Art. 34; LGVerm-RP § 2 Abs. 1, 2 Satz 1, § 2a Abs. 4 Satz4
    Wird ein öffentlich bestellter Vermessungsingenieur vom Landesbetrieb Mobilität Rheinland-Pfalz damit beauftragt, eine Liegenschaftsvermessung vorzunehmen, so kann er gegenüber dem Land Rheinland-Pfalz wegen ihm verspätet überlassener Messunterlagen und dadurch entstehender Mehrarbeit hierfür nicht im Rahmen eines Amtshaftungsanspruchs Schadenersatz verlangen, weil es an einer drittgerichteten Amtspflichtverletzung fehlt.
    Quelle: IBR 10/18

    Grundstückseigentümer muss für Straßenerneuerung zahlen!

    BVerwG, Urteil vom 21.06.2018 – 9 C 2.17; AO § 163 Abs. 1, §§ 222, 227, 234 Abs. 2, § 238 Abs. 1; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1; HKAG §§ 2, 4 Abs. 1, § 11
    Für den Um- und Ausbau öffentlicher Straßen dürfen Beiträge von den Grundstückseigentümern erhoben werden, denen die Inanspruchnahme der Straße Vorteile bietet. Unter Berücksichtigung möglicher Billigkeitsmaßnahmen im Einzelfall hängt die Verfassungsmäßigkeit solcher Beiträge nicht davon ab, dass der Gesetzgeber eine generelle Obergrenze der Beitragshöhe festgelegt hat.
    Quelle: IBR 10/18

    VOF statt VOL/A angewendet:
    Zuwendung kann widerrufen werden!

    VG Lüneburg, Urteil vom 11.04.2018 – 5 A 330/15; VgV § 73 Abs. 1; VOF § 1; VOL/A 2009 §§ 1, 3
    Schreibt der Auftraggeber eine freiberufliche Leistung, deren Lösung vorab eindeutig und erschöpfend beschreibbar ist, nach der VOF und nicht nach der VOL/A aus, kann die Förderbehörde bereits gezahlte Fördermittel zurückfordern.
    Quelle: IBR 10/18

    eVergabe: Verwendung alter Vergabeunterlagen führt zum Angebotsausschluss!

    VK Bund, Beschluss vom 17.07.2018 – VK 2-54/18; VgV §§ 29, 57 Abs. 1 Nr. 1, 4
    1. Sehen die Bewerbungsbedingungen vor, dass „ausschließliche Grundlage für die Erstellung des Angebots diese Vergabeunterlagen in der aktuellsten (…) Version“ sind, wird das Angebot eines Bieters, der nicht die aktuellste Version der Vergabeunterlagen verwandt hat, ausgeschlossen.
    2. Beim Ausschluss kommt es nicht darauf an, ob die vom Bieter vorgenommenen Änderungen zentrale oder eher unwesentliche Punkte betreffen und ob die Abweichung Einfluss auf das Wettbewerbsergebnis haben kann.
    Quelle: IBR 10/18

    Wer als Sachverständiger Einkünfte erzielt, unterliegt der Fortbildungspflicht!

    Berufsgericht für Architekten in Baden-Württemberg, Urteil vom 13.11.2017 – BG 62/16; ArchG-BW § 1 Abs. 5, § 18 Abs. 2; FuWO-BW §§ 1, 4
    1. Nach der baden-württembergischen Berufsordnung für Architekten sind alle Kammermitglieder nach Maßgabe der Fort- und Weiterbildungsordnung zur ständigen Fort- und Weiterbildung und zum Erfahrungsaustausch verpflichtet.
    2. Von der Nachweispflicht ausgenommen sind Kammermitglieder, die das 65. Lebensjahr vollendet haben und keine Einkünfte aus beruflicher Tätigkeit als Architekten oder Stadtplaner erzielen.
    3. Ein Architekt, der zwar das 65. Lebensjahr erreicht hat, aber noch Einkünfte als Geschäftsführer einer Gesellschaft erzielt, die Sachverständigenleistungen erbringt, hat sich fortzubilden und dies nachzuweisen. Denn zu den Berufsaufgaben eines Architekten gehören auch Sachverständigentätigkeiten.
    Quelle: IBR 10/18

    Beratungsvertrag ohne Planungsaufgaben:
    Keine Haftung für Systemfehler!

    OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.04.2018 – 5 U 50/16; BGB §§ 133, 157, 280
    1. Empfiehlt der Hersteller raumlufttechnischer Anlagen einem TGA-Planer die Verwendung bestimmter Komponenten für eine raumlufttechnische Anlage, kann darin ein (unentgeltlicher) Beratungsvertrag oder ein bloßes Gefälligkeitsverhältnis liegen.
    2. Der stillschweigende Abschluss eines Auskunfts-/Beratungsvertrags ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn die Auskunft für den Empfänger erkennbar von erheblicher Bedeutung ist und er sie zur Grundlage wesentlicher Entschlüsse machen will; dies gilt insbesondere in den Fällen, in denen der Auskunftgeber für die Erteilung der Auskunft besonders sachkundig ist oder er ein eigenes wirtschaftliches Interesse hat.
    3. Der Inhalt der Beratungspflichten bestimmt sich durch Auslegung des Beratungsvertrags.
    4. Werden dem Hersteller keine Planungsaufgaben übertragen, ist ihm eine Pflichtverletzung nur anzulasten, wenn die empfohlenen Geräte den ihm mitgeteilten Anforderungen nicht gerecht werden.
    Quelle: IBR 10/18

    Abstandsfläche eingehalten:
    Keine Nachbarzustimmung notwendig!

    VG Hamburg, Beschluss vom 08.06.2018 – 7 E 2558/18; BauNVO § 15 Abs. 1; HBauO §§ 6, 7, 71 Abs. 2; VwGO § 80 Abs. 5, § 123 Abs. 1
    1. Bei Abweichungen von den gesetzlichen Anforderungen an Abstandsflächen ist die Zustimmung der Eigentümer und Erbbauberechtigten eines angrenzenden Grundstücks erforderlich. Dieses Zustimmungserfordernis gilt jedoch nur, soweit die Mindesttiefe von 2,50 m unterschritten werden soll.
    2. Ein Nachbar kann lediglich solche Nutzungsstörungen abwehren, die als rücksichtslos zu werten sind und deshalb für den Nachbarn unzumutbar erscheinen. Eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots kann z. B. bei Belichtungseinschränkungen vorliegen.
    Quelle: IBR 10/18

    Fördermittelvorgaben nicht beachtet:
    Planer haftet auf Schadenersatz!

    OLG Jena, Urteil vom 17.02.2016 – 7 U 610/15; BGH, Beschluss vom 10.01.2018 – VII ZR 54/16 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); VOB/A 2006 § 4 Nr. 3; VOB/A 2009 § 5 Abs. 2
    Beachtet ein mit der Ausschreibung von Erschließungsmaßnahmen beauftragter Ingenieur Fördermittelvorgaben nicht, haftet er dem Auftraggeber auf Schadenersatz, wenn die Fördermittel deshalb gekürzt werden.
    Quelle: IBR 10/18

    Abgrenzung von Akquise und Vertragsschluss!

    OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.06.2018 – 21 U 108/17; BGB § 151 Abs. 1
    1. Da es sich bei einem mündlich abgeschlossenen Architektenvertrag um ein zweiseitiges Rechtsgeschäft handelt, sind für die Bestimmung dessen Zustandekommens die allgemeinen rechtsgeschäftlichen Auslegungskriterien unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, die bei der Ermittlung eines gemeinsamen übereinstimmenden rechtsgeschäftlichen Willens von Bedeutung sind, heranzuziehen. Hierbei können die Beteiligten ihren auf Abschluss eines Architektenvertrags gerichteten Willen ausdrücklich oder auch konkludent zum Ausdruck bringen. Die Vorschriften der HOAI sind als reines Preisrecht insoweit nicht behelflich.
    2. Bei der Gewichtung der jeweiligen Einzelumstände ist dem in der Baupraxis regelmäßig zu machenden Erfahrungswert Rechnung zu tragen, dass gerade bei Architekten- und Ingenieurleistungen die Schwelle zwischen Akquisition und Beauftragung nicht oder nur schwer objektiv festzumachen ist. Letztlich entscheidend ist im Zusammenhang mit dieser Grenzziehung, wie aus der Warte  des Leistungsempfängers das Handeln des Architekten oder bei Verwertung der Architektensitte zu verstehen ist, ob also hieraus auf einen Rechtsbindungswillen geschlossen werden kann. In diesem Kontext sind insbesondere die wirtschaftliche Bedeutung einer Angelegenheit, das erkennbare Interesse des Begünstigten und die nicht ihm, wohl aber dem Leistenden erkennbare Gefahr, in die er durch eine fehlerhafte Leistung geraten kann, als Indizien anzuführen, die auf einen Rechtsbindungswillen schließen lassen.
    Quelle: IBR 10/18

    Einführungsstand der UVgO

    Im Februar 2017 wurde die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) vom Bundeswirtschaftsministerium im Bundesanzeiger veröffentlicht. Sie gilt für Liefer- und Dienstleistungsaufträge ab einem Auftragswert von 50.000 Euro bis zum Erreichen der Schwellenwerte nach § 106 Abs. 2 GWB und soll die bisher geltende Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL/A2009 Abschnitt 1) ersetzen.
    die UVgO muss jedoch in den einzelnen Bundesländern eigenständig umgesetzt und eingeführt werden, so dass sie jeweils zu unterschiedlichen Terminen in Kraft tritt. Einen Überblick über den aktuellen Einführungsstand der UVgO bietet die folgende Tabelle.
    Die Übersicht finden Sie unter:
    https://www.ibr-online.de/IBRMaterialien/pdf/EinfuehrungUVgO_Uebersicht.pdf.
    Quelle: IBR 9/18

    JVEG-Zwischenbericht: Umfrage beendet

    Die für die geplante Novellierung des JVEG durchgeführte Ermittlung der außergerichtlichen Stundensätze von Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern ist abgeschlossen. Die Rücklaufquote betrug bei den angeschriebenen Sachverständigen 31,3 %, bei den Dolmetschern und Übersetzern 23,7 %. Bis Ende des Jahres soll der Endbericht an das BMJV übergeben werden.
    Quelle: IfS-Newsletter

    Achtung Befangenheit: Partei nicht als „Gegenseite“ bezeichnen

    OLG Frankfurt am Main am 13.07.2018 (Az.: 8 W 49/17)
    Bezeichnet ein Sachverständiger in einer Stellungnahme zu einem Ablehnungsgesuch die Partei, die den Ablehnungsantrag gestellt hat, durchgängig als „Gegenseite“, so kann dies im Einzelfall die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen begründen.
    Quelle: IfS-Newsletter

    Gutachten wegen Mängeln unverwertbar:
    Sachverständiger erhält keine Vergütung!

    OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24.05.2018 – 10 W 63/18; JVEG §§ 4, 8a
    Wenn ein Gutachten wegen objektiv feststellbarer Mängel unverwertbar ist, ist der Vergütungsanspruch ausnahmsweise zu versagen.
    Quelle: IBR 9/18

    Architekt muss Fehler aus Leistungsphase 3 in Leistungsphase 5 korrigieren!

    OLG München, Beschluss vom 09.02.2017 – 27 U 3088/16 Bau; BGH, Beschluss vom 07.03.2018 – VII ZR 198/17 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGH §§ 633, 634, 637 Abs. 3 HOAI 1996 § 15
    1. Ein früher Planungsmangel entbindet den Architekten nicht von der Verpflichtung, im Rahmen der Leistungsphase 5 (Ausführungsplanung) seine eigenen Vorarbeiten – insbesondere die Entwurfsplanung aus Leistungsphase 3 – nochmals kritisch zu hinterfragen und etwaige Mängel in der deutlich detailgenaueren Ausführungsplanung zu korrigieren.
    2. Eine Verwirkung der Mängelansprüche des Auftraggebers kommt nicht in Betracht, wenn Auftraggeber und Architekt über Jahre hinweg im fortlaufenden Kontakt standen, um die Ursache des Mängelsymptoms herauszufinden.
    Quelle: IBR 9/18

    Kostenschätzung fehlerhaft:
    Mängelansprüche verjähren in zwei Jahren!

    OLG Frankfurt, Urteil vom 08.05.2018 – 5 U 49/17; BGB § 634a Abs. 1 Nr. 1
    1. Ein Schadstoffgutachten, das der Vorbereitung einer Grundstückssanierung dient, stellt eine Planungsleistung dar. Der Begriff der Planung ist weit zu verstehen und umfasst alle Arbeiten, die der Herstellung, Wartung oder Veränderung einer Sache dienen.
    2. Zur Planung gehört auch eine auf der Grundlage eines Schadstoffgutachtens abgegebene Kostenermittlung/Kostenschätzung.
    3. Ansprüche wegen Mängeln einer Kostenermittlung/Kostenschätzung für die Vollsanierung eines Grundstücks verjähren in zwei Jahren. Das gilt auch dann, wenn das Grundstück bebaut ist und die Sanierung den Abriss von Gebäuden beinhaltet.
    Quelle: IBR 9/18

    Nachtragsvergütung wird mit mindestens 5 % bezuschlagt!

    KG, Urteil vom 10.07.2018 – 21 U 30/17 (nicht rechtskräftig); VOB/B § 2 Abs. 5, 6
    1. Auch wenn die Vergütung des Unternehmers zur Deckung seiner Kosten nicht auskömmlich ist, beläuft sich sein Mehrvergütungsanspruch aus § 2 Abs. 5 und 6 VOB/B stets zumindest auf seine änderungsbedingten Mehrkosten zuzüglich eines angemessenen Zuschlags zur Deckung seiner Allgemeinen Geschäftskosten und seines Gewinns.
    2. Dieser angemessene Zuschlagsfaktor beträgt analog § 649 Satz 3 und § 648a Abs. 5 Satz 3 BGB a.F. mindestens 100/95 = 20/19 = 1,0526.
    Quelle: IBR 9/18

    Wohnung nicht rechtzeitig fertig:
    Wie errechnet sich der Verzugsschaden des Erwerbers?

    KG, Urteil vom 15.05.2018 – 21 U 90/17; BGB §§ 280, 286
    1. Gerät der Bauträger mit der Übergabe der Wohnung in Verzug, ist der Erwerber im Rahmen des Schadensersatzes so zu stellen, wie er stünde, wenn der Bauträger die Wohnung termingerecht übergeben hätte.
    2. Bei der Bewertung der verzugsbedingten Nachteile dürfen die Nachteile, die dem Erwerber wegen physischer Vorenthaltung der Wohnung entstehen, nicht mehrfach in Ansatz gebracht werden.
    Quelle: IBR 9/18

    Wann sind Privatgutachterkosten Kosten des Rechtsstreits?

    OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.01.2018 – 12 W 63/17; ZPO § 91 Abs. 1
    1. Kosten für ein vorprozessual erstattetes Privatgutachten können ausnahmsweise als „Kosten des Rechtsstreits“ angesehen werden, wenn sich das Gutachten auf den konkreten Rechtsstreit bezieht und gerade mit Rücksicht auf den konkreten Prozess in Auftrag gegeben worden ist.
    2. Ein Privatgutachten ist unabhängig von einer zeitlichen Nähe zum Rechtsstreit regelmäßig als prozessbezogen anzusehen, wenn ausreichende Anhaltspunkte für den Versuch eines Versicherungsbetrugs vorhanden sind.
    Quelle: IBR 8/18

    Schriftliches Sachverständigengutachten ist kein Urkundenbeweis!

    KG, Urteil vom 18.05.2016 – 26 U 56/05; BGB § 640; VOB/B § 4 Abs. 3, §§ 12, 13, 14; ZPO § 592
    Ein in einem selbstständigen Beweisverfahren erstelltes Gutachten eines Sachverständigen ist nicht als Urkundenbeweis im Rahmen des Urkundenprozesses anzusehen, wenn es eine an sich durchzuführende Beweisaufnahme ersetzen soll.
    Quelle: IBR 8/18

    Vorsorglich aufgewendete Sachverständigenkosten werden nicht erstattet!

    OLG München, Urteil vom 08.07.2015 – 3 U 4676/14; BGH, Beschluss vom 21.02.2018 – VII ZR 317/15 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB § 249 Abs. 1, § 254
    1. Wird einem Bauunternehmer gestattet, eine Kiesgrube mit unbelastetem Bodenaushubmaterial zu verfüllen, und verfüllt er die Grube mit belastetem Material, ist er zwar zur Entfernung des vorhandenen Verfüllungsmaterials verpflichtet, nicht aber zur Wiedererfüllung der Kiesgrube mit unbelastetem Bodenaushubmaterial.
    2. Die Kosten für die Beauftragung eines Sachverständigen zur Überwachung der Entfernung des belasteten Materials aus der Kiesgrube sind nicht erstattungsfähig. Etwas anderes kann gelten, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass der Bauunternehmer ohne Fremdenüberwachung seiner Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Verfüllung der Grube nicht nachkommt.
    Quelle: IBR 8/18

    Ein „Ingenieur“ muss mindestens drei Jahre studiert haben!

    OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 05.03.2018 – 4 A 480/14; BauKaG-NW § 38 Abs. 2; IngG-NW §§ 1, 2
    In Nordrhein-Westfalen darf die Berufsbezeichnung „Ingenieur“ nicht führen, wer zwar ein zweijähriges weiterbildendes technisches oder naturwissenschaftliches Masterstudium an einer deutschen Hochschule erfolgreich bestanden hat, aber nicht insgesamt mindestens drei Studienjahre in einer technischen Fachrichtung an einer deutschen Hochschule studierte.
    Quelle: IBR 8/18

    Einführung neues Vertragsmuster RBBau

    Das Bundesministerium des Innern für Bau und Heimat (BMI) hat am 31.05.2018 das neue Vertragsmuster „Objektplanung – Gebäude und Innenräume“ der Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes (RBBau) nebst Anlagen sowie die Allgemeinen Vertragsbestimmungen (AVB) zur Anwendung durch die Bundesbauverwaltung eingeführt.

    Die Änderungen waren erforderlich geworden aufgrund der am 1. Januar 2018 in Kraft getretenen Änderungen zum Bauvertrags- und Architektenvertragsrecht des BGB sowie aufgrund der BGH Rechtsprechung insbesondere zum Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Im Vorfeld der Änderung hatte das Ministerium im November 2017 Kammern und Verbände zu einem gemeinsamen Gespräch eingeladen, an dem auch die Bundesingenieurkammer teilgenommen hatte. Dabei wurden die aus der Anwendungspraxis als problematisch oder änderungsbedürftig erkannten Regelungen im Vertragsmuster sowie in den AVB diskutiert und seitens der Kammern und Verbände Änderungen hierzu vorgeschlagen. Die Bundesingenieurkammer hat einen Überblick zu den wesentlichen Änderungen erstellt und den Länderkammern und ihren Mitgliedern zur Verfügung gestellt. Das aktualisierte neue Vertragsmuster wird in Kürze auch im Portal der Fachinformation Bundesbau abrufbar sein unter: https://fib-bund.de/Inhalt/Richtlinien/RBBau/
    Quelle: BIngK

    Elektronische Rechnungen werden Pflicht – Handlungsbedarf bei EDV

    Erneut steht ein wichtiger Stichtag für die Digitalisierung vor der Tür: Ab dem 27. November 2018 treten die Vorschriften des E-Rechnungsgesetz für alle Bundesministerien und Verfassungsorgane in Kraft. Für alle „subzentrale öffentliche Auftraggeber und Sektorenauftraggeber“ gilt die Neuregelung ein Jahr später und spätestens im November 2019 sind dann auch alle für die öffentliche Verwaltung tätigen Unternehmen zur Übermittlung und Ausstellung elektronischer Rechnungen verpflichtet – gemäß den vorgegebenen Detailanforderungen in Bezug auf das zu verwendende Rechnungsdatenformat. Für viele kleine und mittelständische Planungsbüros stellt die Umstellung eine technisch-organisatorische Herausforderung dar, die früh genug angegangen werden sollte. Über kurz oder lang ist freilich zu erwarten, dass diese Art der Rechnungsstellung nicht nur bei öffentlichen Aufträgen zum Standard wird, sondern auch zwischen Unternehmen.
    Quelle: UNITA-Brief 9-10/18

    Kosten eines Sachverständigen für Aufwendungen für Hilfskräfte

    Für eine Hilfskraft, die sich beim Sachverständigen in einem festen Arbeitsverhältnis befindet und ein Gehalt bezieht, ist dem Sachverständigen ein dem Zeitaufwand entsprechender Anteil des Gehalts zu ersetzen.

    JVEG §§ 4 III, 12 I 2 Nr. 1 und II
    1. Zu Voraussetzungen und Umfang des Ersatzes von Kosten eines Sachverständigen für Aufwendungen für Hilfskräfte.
    2. Hat der Sachverständige zur Erstattung des Gutachtens eine Hilfskraft herangezogen, die sich bei ihm in einem festen Arbeitsverhältnis befindet und ein Gehalt bezieht, so ist ihm ein dem Zeitaufwand entsprechender Anteil des Gehalts zu ersetzen. Neben dem Grundgehalt sind auch die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung, die Beiträge zur Vermögensbildung sowie die anteilig zu zahlenden Urlaubs- und Weihnachtsgelder zu berücksichtigen. Hinzu kommt unter den Voraussetzungen des § 12 II JVEG ein 15 %-iger Zuschlag, um den auf die Hilfskraft entfallenden Anteil der Gemeinkosten abzugelten (Leitsatz 2 von der Redaktion).
    OLG Düsseldorf, Beschl. V. 11.01.2018 – I-10 W 415/17
    Quelle: BVS

     

     

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